Auf dem Gurten ist es ruhig geworden. Nichts ist mehr zu spüren von den Menschenmassen, die sich während des Festivals zwischen Haupt- und Zeltbühne vor- und zurückwälzten. Aber die Spuren sind noch deutlich zu sehen. Von oben betrachtet ist die Struktur des Gurtenfestivals einmal in den Boden gestampft.
Am besten sieht man die Stellen, auf denen Platten für die Lastwagen aufgelegt worden waren. Dort ist nur noch braune Erde zu sehen. Aber auch die Wege zu den verschiedenen Bühnen, die Standorte der Bühnen und Essstände, alles ist an den verschiedenen braungelbgrünen Schattierungen des Grases abzulesen.
Das schlimmste sind die Schwerlaster
Ein Festival ist eine grosse Belastung für den Boden, auf dem es stattfindet. Nicht nur das Gras stirbt ab, der ganze Boden wird verdichtet. Der Gurten sackt zwar nicht gerade zwei Meter ab, wie in mancher Werbung im Vorfeld des Festivals gewitzelt wurde. Aber das Porenvolumen für den Wasser- und Lufthaushalt im Boden wird extrem reduziert.
«Hier sieht man es gut», meint Pascal Grütz und stösst eine eigens dafür mitgebrachte Bodensonde in den Boden. Er bringt diese kaum zehn Zentimeter in den Boden hinein. Bei einer gesunden Bodenstruktur ohne grössere Steine sollte der ein Meter lange Stab fast ganz hineingestossen werden können. Was schnell klar wird: Das schlimmste sind nicht nur die zehntausenden Menschen, die übers Festivalgelände laufen, sondern die auch die Schwerlaster und Stapler, die für den Auf- und Abbau des Festivalgeländes die Wiesen befahren. Um Schäden durch letztere zu reduzieren, hat das Gurtenfestival sogenannte Schwerlastplatten ausgelegt. «Ohne diese gäbe es Matschlöcher und der Flurschaden wäre viel grösser», erklärt Grütz.
Grütz ist Fachgebietsleiter für Rasenmanagement und Pflanzenbau bei der Firma SWISS GREEN, die zusammen mit der Gartenbaufirma Schmid alljährlich vom Gurtenfestival mit der Renaturierung des Festivalgeländes beauftragt wird. Sie kümmern sich neben der Renaturierung von Festivalgeländen auch um Naturrasen auf Golfplätzen oder Sportanlagen.
Lebensnotwendige Auflockerung
«Es gibt viel schlimmere Rasenflächen als hier nach dem Gurtenfestival», sagt Grütz und schaut über das Gelände hinweg, «trotzdem ist es wichtig, dass der Boden renaturiert wird.» Gerade die Verdichtung des Bodens würde sonst zu einem Problem werden. «Durch die Verdichtung hat sich der Porenanteil im Boden negativ verändert, es kann somit zu Sauerstoffmangel führen und vermindert die Versickerung von Regenwasser. Wenn es stark regnet, fliesst dann alles oberflächlich ab und führt schlussendlich zu Erosionsschäden», erklärt der studierte Agronom.
Ausserdem würde sich in der Folge die Pflanzengesellschaft verändern. Rasengräser können kaum wurzeln und deshalb auch keine Nährstoffe aufnehmen. Stattdessen würden sich Pflanzen wie zum Beispiel Moos ausbreiten, die besser mit diesen Bedingungen zurechtkämen. Damit würden sich auch viele Mikroorganismen verflüchtigen. «Der Boden wäre sehr schnell tot.»
Wir hatten schon Jahre, in denen der ganze Gurten braun war.
Deshalb werden die stark verdichteten Flächen zuerst einmal mit einer spezialisierten Maschine belüftet, die Erdkerne aus der Erde sticht und das Material oberflächlich verteilt. Gleichzeitig entstehen kleine Risse im Boden. So wird er durchlüftet, die Regenwürmer kommen zurück und im Folgegang ausgesätes Gras kann gut keimen.
Brauner Gurten
Nicht alle Flächen müssen gleichbehandelt werden. An manchen Orten ist schon frisches Gras gewachsen. «Das wird aber nochmals eingeebnet und mit neuem robusterem Saatgut ergänzt», so Grütz. Auf dem Gurten wird Sportrasen gesät. Schliesslich dient er das ganze Jahr über auch als Park, auf dem Familien spielen und sich bewegen. An anderen Stellen hat sich der Rasen schon fast wieder erholt, ist nur noch ein wenig gelblich. Es war ein gutes Jahr, denn nach dem diesjährigen Gurtenfestival hat es ziemlich viel geregnet. «Wir hatten schon Jahre, in denen der ganze Gurten braun war», sagt Grütz. Da hätte dann alles neu angesät werden müssen.
Manchmal gibt es auch unangenehme Überraschungen. Zum Beispiel zwei Plumpsklos, die trotz vorhandener WC-Einrichtungen entstanden sind und erst einmal ausgebaggert werden mussten. Aber im Allgemeinen hätten sie dieses Jahr viel weniger Müll aufnehmen müssen als in anderen Jahren. Das lag nicht daran, dass weniger zurückgelassen wurde, sondern daran, dass das Gurtenfestival eine Müllgruppe angestellt hatte, die noch die kleinsten Zigaretten aus dem Rasen pickte.
Acht Tage braucht der neue Rasen zum Keimen. Anfang September sollte der Gurten dann wieder so aussehen, als hätte nie ein Festival stattgefunden. Dann haben die Regenwürmer vorübergehend ein wenig Ruhe. Bis wieder die ersten Schwertransporter den Gurten hinauffahren.