Marieke Kruit (SP) ist seit 2021 Gemeinderätin und leitet die Direktion für Tiefbau, Verkehr und Stadtgrün. Wir treffen Marieke Kruit auf dem umgestalteten Breitenrainplatz. Bern brauche weitere solche Orte. Der Platz lade mit Sitzmöglichkeiten, Brunnen und Bäumen zum Verweilen ein – auch bei zunehmender Hitze. Zudem sei hier die Stadt der kurzen Wege Realität.
Am 24. November wählt die Stadtberner Stimmbevölkerung nicht nur ein neues Parlament, sondern auch eine neue Regierung. Neun Kandidat*innen wollen einen der fünf Gemeinderatssitze ergattern, nur zwei der bisherigen treten zur Wiederwahl an. Doch nicht nur deshalb verspricht der Wahlsonntag Ende November reichlich Spannung. Ein Mitte-Rechts-Bündnis hat nämlich zum grossen Angriff auf die bisherige Regierungsmehreit geblasen.
Denn seit über 30 Jahren stellt das Rot-Grün-Mitte-Bündnis die Mehrheit der Gemeinderät*innen, seit 2017 dominiert RGM das Gremium gar mit einer 4:1-Mehrheit. Um an diesem Verhältnis zu rütteln, haben sich die Parteien EVP, GLP, Die Mitte, FDP und SVP unter dem Namen «Gemeinsam für Bern» zu einem Wahlbündnis zusammengeschlossen.
Spannung verspricht auch das Rennen ums Stadtpräsidium. Die Herausforderer*innen von «Gemeinsam für Bern» bringen mit Melanie Mettler (GLP) und Janosch Weyermann (SVP) zwei ihrer Gemeinderatskandidat*innen in Position für dieses Amt. Auch die bisherige SP-Gemeinderätin Marieke Kruit will Stadtpräsidentin werden und greift damit Amtsinhaber und Bündnispartner Alec von Graffenried (GFL) an.
Soweit also die Ausgangslage. Aber wer sind die neun Kandidierenden überhaupt? Jede Woche stellen wir euch eine*n der neun Kandidat*innen vor. Wir besuchen sie an ihrem Lieblingsort in Bern und stellen allen dieselben sieben Fragen, die sie uns schriftlich beantworten. Wir wollen von ihnen wissen, was sie an Bern mögen, wo sie Probleme in der Stadtpolitik verorten und welche Vision sie für die Zukunft der Stadt haben. In unserer Serie zu den städtischen Wahlen werdet ihr ausserdem noch weitere Artikel finden. Unter anderem gehen wir der Frage nach: Nimmt das Engagement für städtische Politik ab?
Was mögen Sie besonders an der Stadt Bern?
Die Menschen – offen, interessiert, freundlich. Die schönen, lebendigen, ruhigen und grünen Quartiere mit jeweils eigener Identität. Die Aare und alles drumherum. Das reichhaltige Kulturangebot. Die vielen eigenständigen, gepflegten Läden – etwa für Bücher, Blumen oder Kleider. Die exzellenten Restaurants, die lebendige Popup-Kultur, den Matte Dry Gin. Bern ist grossartig…
Was fehlt Bern noch?
… Bern kann mehr. Wir dürfen etwas selbstbewusster auftreten, mutige Entscheide für die Zukunft fällen. Dabei können wir auch auf lernende Projekte setzen, wie wir das bei den Massnahmen gegen die Klimaerwärmung tun. Also neue Wege austesten und verbessern und dabei die Bevölkerung einbeziehen.
Wie informieren Sie sich über das Geschehen in Bern?
Ich bin viel unterwegs und treffe unterschiedlichste Menschen, mit denen ich mich austausche. Manche wenden sich mit Anliegen direkt an mich. Zudem natürlich die ganze Palette an Zeitung, Radio, Fernsehen und soziale Medien.
Wo hapert es in der Gemeinderatspolitik?
In meiner Direktion sind wir beim Farbsack und der damit verbundenen Containerpflicht hinter unseren eigenen Erwartungen zurückgeblieben. Insgesamt: Vieles läuft gut im Gemeinderat. Wir brauchen noch stärker den Blick für das grosse Ganze. Das heisst, mehr und verbindliche direktionsübergreifende Zusammenarbeit – gerade zu den wichtigen Zukunftsthemen wie hitzeverträgliche Stadt, Wirtschaftsfreundlichkeit oder Digitalisierung. Und nur mit stabilen Finanzen haben wir den nötigen Spielraum für die nötigen Zukunftsprojekte und für den sozialen Ausgleich.
Welche Direktion würden Sie am liebsten übernehmen?
Ich möchte Stadtpräsidentin werden. Mein spezielles Augenmerk gilt dem Klima und das im doppelten Sinn: Es braucht einen wohlwollenden respektvollen Umgang miteinander wie auch griffige Massnahmen gegen die Klimaerwärmung. Das macht Bern lebenswert.
Was möchten Sie in den nächsten vier Jahren im Gemeinderat anstossen?
Man muss die gesamte Stadt im Blick haben, mit den Menschen und ihren Entwicklungsmöglichkeiten im Zentrum. Hierzu das Beispiel Ausserholligen, wo in den nächsten Jahren ein neues Quartier mit hoher Lebensqualität entsteht. Dort gibt es smarte Verdichtung mit viel grün und kurzen Wegen, Wohnen, Arbeiten, Bildung, Kultur. Besonders weiter vorwärts gehen muss es auch bei den Themen bezahlbarer Wohnraum, Energiewende, Förderung stadtverträglicher Verkehr und Chancengerechtigkeit.
Wie soll Bern in 20 Jahren aussehen?
Lebendig und bunt, selbstbewusst und wirtschaftlich gesund, grün und sozial, offen und vielfältig, diskriminierungsfrei und innovativ.