«Wir brauchen noch stärker den Blick für das grosse Ganze»

von David Fürst & Redaktion Journal B 2. Oktober 2024

Gemeinderatswahlen Ende November werden die fünf Sitze in der Stadtregierung neu besetzt. Jede Woche stellen wir euch hier eine*n der neun Kandidierenden vor. Heute: Die amtierende Direktorin für Tiefbau, Verkehr und Stadtgrün Marieke Kruit über Berns Läden, eine hitzeverträgliche Stadt und ihre Kandidatur fürs Stadtpräsidium.

Marieke Kruit (SP) ist seit 2021 Gemeinderätin und leitet die Direktion für Tiefbau, Verkehr und Stadtgrün. Wir treffen Marieke Kruit auf dem umgestalteten Breitenrainplatz. Bern brauche weitere solche Orte. Der Platz lade mit Sitzmöglichkeiten, Brunnen und Bäumen zum Verweilen ein – auch bei zunehmender Hitze. Zudem sei hier die Stadt der kurzen Wege Realität.

Was mögen Sie besonders an der Stadt Bern?

Die Menschen – offen, interessiert, freundlich. Die schönen, lebendigen, ruhigen und grünen Quartiere mit jeweils eigener Identität. Die Aare und alles drumherum. Das reichhaltige Kulturangebot. Die vielen eigenständigen, gepflegten Läden – etwa für Bücher, Blumen oder Kleider. Die exzellenten Restaurants, die lebendige Popup-Kultur, den Matte Dry Gin. Bern ist grossartig…

Was fehlt Bern noch?

… Bern kann mehr. Wir dürfen etwas selbstbewusster auftreten, mutige Entscheide für die Zukunft fällen. Dabei können wir auch auf lernende Projekte setzen, wie wir das bei den Massnahmen gegen die Klimaerwärmung tun. Also neue Wege austesten und verbessern und dabei die Bevölkerung einbeziehen.

Foto: David Fürst

Wie informieren Sie sich über das Geschehen in Bern?

Ich bin viel unterwegs und treffe unterschiedlichste Menschen, mit denen ich mich austausche. Manche wenden sich mit Anliegen direkt an mich. Zudem natürlich die ganze Palette an Zeitung, Radio, Fernsehen und soziale Medien.

Wo hapert es in der Gemeinderatspolitik?

In meiner Direktion sind wir beim Farbsack und der damit verbundenen Containerpflicht hinter unseren eigenen Erwartungen zurückgeblieben. Insgesamt: Vieles läuft gut im Gemeinderat. Wir brauchen noch stärker den Blick für das grosse Ganze. Das heisst, mehr und verbindliche direktionsübergreifende Zusammenarbeit – gerade zu den wichtigen Zukunftsthemen wie hitzeverträgliche Stadt, Wirtschaftsfreundlichkeit oder Digitalisierung. Und nur mit stabilen Finanzen haben wir den nötigen Spielraum für die nötigen Zukunftsprojekte und für den sozialen Ausgleich.

Welche Direktion würden Sie am liebsten übernehmen?

Ich möchte Stadtpräsidentin werden. Mein spezielles Augenmerk gilt dem Klima und das im doppelten Sinn: Es braucht einen wohlwollenden respektvollen Umgang miteinander wie auch griffige Massnahmen gegen die Klimaerwärmung. Das macht Bern lebenswert.

Foto: David Fürst

Was möchten Sie in den nächsten vier Jahren im Gemeinderat anstossen?

Man muss die gesamte Stadt im Blick haben, mit den Menschen und ihren Entwicklungsmöglichkeiten im Zentrum. Hierzu das Beispiel Ausserholligen, wo in den nächsten Jahren ein neues Quartier mit hoher Lebensqualität entsteht. Dort gibt es smarte Verdichtung mit viel grün und kurzen Wegen, Wohnen, Arbeiten, Bildung, Kultur. Besonders weiter vorwärts gehen muss es auch bei den Themen bezahlbarer Wohnraum, Energiewende, Förderung stadtverträglicher Verkehr und Chancengerechtigkeit.

Wie soll Bern in 20 Jahren aussehen?

Lebendig und bunt, selbstbewusst und wirtschaftlich gesund, grün und sozial, offen und vielfältig, diskriminierungsfrei und innovativ.

Foto: David Fürst