Die Hyäne als Spirit Animal der Debütantin

von Lea Schlenker 14. Juli 2025

Lea liest Lea Schlenker stellt monatlich drei ihrer Lieblingsbücher vor. Dieses Mal begegnen wir einer Hyäne auf dem Debütantinnenball, den Träumen im Nationalsozialismus und einem mysteriösen Päckchen in einer Berner Telefonkabine.

«Das Haus der Angst», Leonora Carrington

Vor einer Weile durfte ich bei «Art of Intervention» einen Beitrag zu Leonora Carrington schreiben. Für die Reihe «10 Gründe, xy wieder neu zu lesen» habe ich mich intensiv mit der Autorin und Künstlerin befasst, einfach auch deshalb, weil sie eine meiner absoluten Heldinnen ist. Carrington kam 1917 in England auf die Welt und lebte schon als Kind immer mehr in ihren Fantasiewelten als in der tatsächlichen Realität, die ausser katholische Internate und strategische Vermählungen sowieso nicht viel zu bieten hatte. Ihre Fantasien konnte sie dann später in ihren Geschichten zu Papier bringen. Kürzlich bin ich über Social Media wieder auf den Beitrag von mir gestossen und habe mir gleich wieder ein Buch von ihr aus dem Regal gezogen.

Ich sehe mich nicht so als Debütantin, aber eine Hyäne als Spirit Animal könnte ich mir schon vorstellen!

«Das Haus der Angst» versammelt einige kurze Geschichten der Autorin, die einen guten Einblick in ihr surrealistisches Werk bieten. Darunter auch die Geschichte einer Debütantin, die keine Lust auf einen Ball zu ihren Ehren hat, und deshalb mit einer Hyäne aus dem Zoo die Rollen tauscht, die dann kurzerhand das Dienstmädchen verspeist. Ich sehe mich nicht so als Debütantin, aber eine Hyäne als Spirit Animal könnte ich mir schon vorstellen! Auch die Geschichte eines sprechenden Pferdes ist im Band zu finden, das auf ein geheimnisvolles Fest einlädt. Grosser Tipp!

«Das Dritte Reich des Traums», Charlotte Beradt

Die meisten von uns haben ab und an mal schlechte Träume. Manche mehr, manche weniger. Einige wachen schweissgebadet auf, weil sie eine wichtige Deadline auf der Arbeit verpasst haben oder werden von Schlangen unter dem Bett heimgesucht. Wenn wir dann aus einem solchen Albtraum wieder erwachen, können wir ihn in der Regel unbesorgt beiseiteschieben, denn wirklich Einfluss auf unseren Alltag hat der Traum nicht. Aber wie sieht unsere Traumwelt aus, wenn das, was im Alltag passiert, so schrecklich und furchteinflössend ist, dass es uns bis in den Schlaf einholt?

Charlotte Beradt ging diesen Fragen ebenfalls nach, indem sie die Träume der deutschen Bevölkerung in den Jahren 1933 bis 1939 aufzeichnete. 1939 floh sie aus Deutschland, nahm aber die Erinnerung an die Träume mit. Daraus entstand «Das Dritte Reich des Traums». Dafür hat sie zahlreiche Personen in ihrem Umfeld nach ihren Träumen gefragt, vom Fabrikbesitzer bis hin zum Arzt oder der Schneiderin. Die Sorge vor einem aufziehenden Krieg hält Einzug bis in die Träume und mischt sich mit dem alltäglichen Leben der Bevölkerung.

«Das Päckchen», Franz Hohler

Telefonkabinen haben eine faszinierende Wirkung auf mich. Obwohl vom Aussterben bedroht, trifft man ab und zu doch noch eine an. Das gibt mir irgendwie ein Gefühl der Sicherheit, würde mein Handy mal unerwartet den Geist aufgeben und ich müsste dringend noch E.T. nach Hause telefonieren. Wiederrum kenne ich nur die Nummer meines Ex-Freundes und der Feuerwehr auswendig und wir leben auch nicht in einem Spielberg-Film.

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Der Zürcher Bibliothekar Ernst, der Protagonist in Franz Hohlers 2017 erschienenen «Das Päckchen», ist beruflich in Bern, als es in eben einer solchen Kabine klingelt. Ernst nimmt den Hörer ab und wird gebeten, in der Altstadt ein geheimnisvolles Päckchen abzuholen. Später stellt sich heraus, dass in dem Päckchen ein Buch ist, dass er aufbewahren und darauf achtgeben soll, dass es nicht in falsche Hände gerät. Ein spannender Bücherkrimi, der erst noch in der Hauptstadt spielt.

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