Bilder

von Beat Sterchi 23. September 2025

Hier und Heute In seiner letzten Kolumne holt Beat Sterchi noch einmal zum Rundumschlag gegen die Diktatoren und Egomanen unserer Zeit aus. Und fragt sich, welches Bild wir in den Medien über diese erhalten.

Venezuela ist weit weg von Bern, das stimmt, aber hier in Spanien lebt eine halbe Million der rund acht Millionen Menschen, die in den letzten Jahren aus Venezuela geflüchtet sind. Ihre Geschichten haben mich schon immer interessiert und ich habe mit diesen unglaublichen Möglichkeiten, die mir mein Laptop bietet, mehr als einmal verfolgt, wie diejenigen, die in die USA flüchten wollten, sich auf ihrem Weg dorthin durch den Darian Gap kämpften. Weil sich in Venezuela nun gerade wieder mal etwas zusammenbraut, wollte ich gestern Morgen, noch ganz früh online in der Zeitung El Pais nachschauen, wie sich die Sache entwickelte.

Als erstes sah ich ein Bild von diesem selbstgefälligen Klotz, der sich Präsident nennt und der sich gemäss der Medien, die mir zugänglich sind, der schlimmsten Lügen und des eklatantesten, offensichtlichsten Wahlbetruges nicht schämt. Wie kann jemand Wahlen gewinnen, nachdem in ein paar wenigen vorangegangen Jahren ein Viertel (von 34 Millionen) «seines Volkes» mit ihren Füssen ihre Meinung kundgetan haben und abgehauen sind.

Eigentlich ärgert ich mich vor allem, dass ich diese Schlagzeile nicht ignoriert hatte

Dieser Typ sass nun plötzlich da in einem frischgewaschenen Kampfanzug und auch die Schildmütze in Tarnfarben auf dem Kopf fehlte nicht, als hätte gerade er die Absicht, selbst gegen die USA in den Krieg zu ziehen. Als ich auch noch das Filmchen anklickte und ihn reden hören musste, hatte ich ein sehr ungutes Gefühl und klickte es weg. Weil sich da dann gleich eine Schlagzeile zeigte, welche darauf verwies, dass jener Präsident, dessen Namen ich nun wirklich nicht auch noch aufschreiben will, bei einem Tennisturnier ausgepfiffen wurde, konnte ich nicht wiederstehen und klickte auch diesen Artikel an.

Möglicherweise tat ich mir dies an, weil ich noch gar nicht richtig wach war, aber es wurde mir gleich bewusst, dass ich mich freiwillig einer Zumutung aussetzte und dass ich diesen Monsieur eigentlich wirklich lieber nicht sehen würde, schon gar nicht in dieser Grossaufnahme in Farbe und in perfekter Auflösung und schon gar nicht so früh an einem schönen Morgen.

Eigentlich ärgert ich mich vor allem, dass ich diese Schlagzeile nicht einfach ignoriert hatte, aber gleichzeitig dachte ich, wie ist es möglich, dass mir diese Zeitung Tag für Tag aufzeigt, was das für ein Mensch ist, was er auf dem Gewissen und welche Verbrechen er begangen hat, dann aber nicht davor zurückschreckt, ihn mir mit jenem Respekt vor die Nase zu halten, der ihm selbst gegenüber anderen total abgeht.

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Das gleiche empfand ich bei den Bildern zum Gipfel in Peking. Der Russe, der Chinese und der Koreaner wurden x-mal so respektvoll abgebildet, als wären es normale Menschen. Dabei sind sie wie die beiden erwähnten Präsidenten oberflächlich betrachtet fürchterliche Kotzbrocken, in Wirklichkeit aber monsterhafte Verbrecher von denen eine Zeitung oder auch sonst ein Medium, wenn es halbwegs seinen eigenen Ansprüchen gerecht werden wollte, höchstens noch Fahndungsfotos publizieren dürfte. Denn jedes dieser professionell perfekten Pressebilder festigt deren Position und missachtet das Feingefühl all derjenigen, die sich bemüht haben, sich selbst ein Bild von ihnen zu machen.