Für Student*innen in der Schweiz könnte das Leben bald viel teurer werden. Bereits jetzt ist ein Studium in der Schweiz alles andere als erschwinglich. Im Durchschnitt zahlen Schweizer Student*innen 724 Franken Studiengebühren pro Semester. Für ausländische Studierende in der Schweiz ist das Studium noch etwas teurer. Sie zahlen im Schnitt 1’168 Franken pro Semester.
Damit ist die Schweiz zwar noch weit entfernt von den schwindelerregenden 9’653 Euro, die Student*innen in Wales jährlich bezahlen. Im europäischen Vergleich gesellt sich die Schweiz dennoch zu den zehn Ländern mit den teuersten Studiengebühren.
Der Bund will seine Zahlungen an die ETH sowie die kantonalen Hochschulen stutzen.
Mit Ausnahme von Italien, das in einer ähnlichen Gebührenliga spielt wie die Schweiz, muten die Nachbarländer ihren Student*innen weit weniger Kosten zu. In Frankreich und Deutschland bezahlen die einheimischen Studierenden häufig weniger als 200 Euro Studiengebühren pro Jahr.
Österreich erlässt den einheimischen Student*innen sowie jenen aus EU/EWR-Ländern sowie der Schweiz die Studiengebühren sogar. In insgesamt zwölf europäischen Ländern ist das Studium zumindest für einheimische Student*innen Gebührenfrei.
Der Bund will sich aus der Bildungsfinanzierung zurückziehen
Nach den Plänen des Bundes sollen Student*innen in der Schweiz noch tiefer in die Tasche greifen müssen. Bereits Ende Januar verkündete der Bundesrat, dass er eine Erhöhung der Studiengebühren plant – Schweizer Studierende sollen ab 2027 das Doppelte, ausländische das Vierfache der jetzigen Studiengebühren zahlen. Das Ziel: Ab 2027 möchte der Bund jährlich 460 Millionen Franken im Bildungsbereich einsparen. Die höheren Studiengebühren sind eine von 59 Massnahmen, die der Bundesrat Anfang Jahr in die Vernehmlassung geschickt hat. Sie bilden die Vorlage «Entlastungspaket 27».
Konkret will der Bund seine Zahlungen an die ETH sowie die kantonalen Hochschulen stutzen. Die Hochschulen können die Höhe ihrer Studiengebühren zwar selbst bestimmen. Grundsätzlich könnten sie die ausfallenden Beträge auch anders kompensieren.
Beim sogenannten Entlastungspaket 27 handelt es sich um ein Programm für den Bundeshaushalt, mit dem die Regierung Einsparungen in beinahe allen Bereichen vornehmen will.
Der Bundesrat hat sich bei der Auswahl der Massnahmen auf den sogenannten Gaillard-Bericht gestützt – ein Bericht, den eine Expert*innen-Kommission im Auftrag des Bundes ausgearbeitet hat. Der Bericht soll zeigen, wie der Bund zukünftige Mehrausgaben – etwa für die AHV und die Armee – kompensieren kann. Das Entlastungspaket 27 steht in der Kritik, weil es hauptsächlich an der Ausgabenseite ansetzt und etwa auf mehr Einnahmen durch Steuern weitgehend verzichtet.
Der Bundesrat hat die Botschaft zum Entlastungspaket 27 diesen Monat verabschiedet und dem Parlament überwiesen. Die beiden Kammern werden es in der kommenden Wintersession sowie im Frühling besprechen.
In seiner Botschaft zum Entlastungspaket 27 macht der Bundesrat jedoch unmissverständlich klar, dass eine Erhöhung der Studiengebühren die beabsichtigte Auswirkung der Massnahme ist. Er hat die zu kürzenden Beträge entsprechend berechnet und nennt die Massnahme «Stärkung der Nutzerfinanzierung».
Die Aussage dahinter ist also klar: Der Staat soll sich aus der Finanzierung der Bildung zurückziehen. Wer studieren will, soll selbst bezahlen.
Die Uni Bern ist gegen das amerikanische Modell
Gegen die Erhöhung der Studiengebühren werden wohl einige Bildungspolitiker*innen im Parlament das Wort ergreifen. Bereits jetzt wehren sich jene, die diese Sparübung direkt betreffen würde: Am kommenden Mittwoch haben der Verband Schweizerischer Studierendenschaften (VSS) und die Union des Etudiant-e-s de Suisse (UNES) nun eine nationale Demonstration auf dem Berner Bundesplatz angekündet.
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Mit dabei sind auch die Studierendenorganisationen der Universität, Fachhochschule und Pädagogischen Hochschule Bern. In ihrem Positionspapier kritisieren sie die geplante Erhöhung der Gebühren deutlich: «Hochschulbildung spielt eine zentrale Rolle bei der Förderung der sozialen Mobilität, der individuellen wirtschaftlichen Freiheit und des gesellschaftlichen Fortschritts insgesamt. Die geplanten Sparmassnahmen drohen, aus einem Grundrecht ein Luxusgut zu machen!» Das Stipendienwesen sei unzureichend, um die höheren Gebühren für finanziell schwächere Studierende auszugleichen und so die Chancengleichheit zu gewährleisten.
Dass die Studierendenorganisationen gegen die Erhöhungen sind, ist nicht erstaunlich. Aber wie positioniert sich eigentlich die Universität Bern zu dieser Frage? Auf Nachfrage von Journal B erklärt die Medienstelle: «Grundsätzlich sieht die Universität Bern eine generelle Erhöhung der Semestergebühren kritisch. Bildung sollte unabhängig von finanziellen Möglichkeiten zugänglich sein.» Die Universität weist darauf hin, dass es auch ohne erhöhte Studiengebühren hapert mit der Chancengleichheit: «Bereits jetzt finden Kinder von Akademikerinnen und Akademikern viel eher den Weg an die Universität als Kinder ohne akademische Vorbilder in der Familie.»
Die geplanten Sparmassnahmen drohen, aus einem Grundrecht ein Luxusgut zu machen.
Ausserdem lehnt die Universität die Idee einer Nutzerfinanzierung der Universitäten nach amerikanischem Vorbild ab. Das amerikanische Modell lasse sich nicht auf die Schweiz übertragen. «Die öffentliche Finanzierung einer ausgezeichneten akademischen Ausbildung ist eine der besten Zukunftsinvestitionen, die ein Staat machen kann.»
Die Erhöhung der Studiengebühren stösst also bei allen Beteiligten auf Widerstand. Ob diese Argumente im sparfreudigen Parlament Gehör finden, wird sich in der Wintersession zeigen. Als wie gewichtig der Widerstand von den Volksvertreter*innen angesehen wird, hängt mitunter davon ab, als wie präsent und breit abgestützt er erscheint. Ein erster Gradmesser dafür wird die Demonstration vom Mittwoch sein.