Le bruit qui court: Kunst ganz öffentlich

von Fredi Lerch 5. Februar 2015

Mit einer Plakataktion haben Kulturschaffende in den letzten Tagen das Projekt «Le bruit qui court» lanciert. Mit öffentlichen Veranstaltungen wollen sie in diesem Jahr die Rolle der Kunst in der Stadtentwicklung zur Debatte stellen.

Es ist weder Blocher noch sind es die Rotgrünen: Hinter den Plakaten, die seit dem 26. Januar auf den Plätzen der Altstadt mit rätselhaften Doppelbotschaften die städtisch-bodenständige Phantasielosigkeit zu irritieren versuchen, stecken verschiedene Kulturschaffende mit ihrem Projekt «Le bruit qui court». Konkret: Andrea Portmann, die das Konzept des Projekts verfasste, Niklaus Wenger und die Grafiker von B&R, dazu Michael Flückiger, Kevin Graber, Sandra Künzi, das Literaturbüro Olten, Selina Reber und Peti Wischmann. (Ihre Stellungnahme zum Projekt findet sich hier.)

Diese Gruppe ist im Auftrag der städtischen Kommission Kunst im öffentlichen Raum aktiv geworden. Die Aktivitäten sollen bis Ende Jahr dauern. Ihr Ziel ist es, Diskussionen um den öffentlichen Raum der Stadt Bern und die Rolle der Kunst im Zusammenhang von Stadtplanung, Stadtentwicklung, Gestaltung und Architektur in Gang zu bringen.

Das «Café publique»

«Wir haben die Plakataktion bewusst ohne Absender lanciert. Zum einen war sie für uns eine eigenständige Kunstaktion, zum anderen der Versuch, für unser ganzes Projekt Raum zu schaffen», sagt Niklaus Wenger, Künstler und Teammitglied von «Le bruit qui court». «Unser Auftragsverhältnis mit der Stadt lässt künstlerische Freiheiten zu», sagt er. «Auch nehmen wir uns heraus, Fragen an die Stadt und an deren Umgang mit dem öffentlichen Raum zu stellen.» Aber klar, was «Le bruit qui court» mache, sei «Kunst als Dienstleistung». Das Team erteile Aufträge, die mit den Mitteln der je eigenen Kunst bearbeitet werden sollen. «Eine spannende Schnittstelle», sagt Wenger, «wo aber die eigene Arbeit auch in die Willfährigkeit kippen kann. Darum muss unser Projekt mehr und anderes werden als der Versuch, der städtischen Kommission eine kreative Plattform für deren Anliegen zu schaffen.»

«Wir nehmen uns heraus, Fragen an die Stadt und an deren Umgang mit dem öffentlichen Raum zu stellen.»

Niklaus Wenger, Künstler

Im Zentrum des Projekts stehen sechs Diskussionsveranstaltungen unter dem Titel «Café Publique» (die erste Ausgabe des Formats findet am 22. Februar statt, vgl. Box rechts). Je drei Gesprächsrunden umkreisen bis Anfang Mai, respektive ab Mitte September an wechselnden Orten in der Stadt das Thema Kunst und Kultur im öffentlichen Raum. Als inhaltliche Stichworte für die Debatten der ersten Staffel nennt Wenger die Eventisierung des öffentlichen Raums, Visionen im und für den öffentlichen Raum und die Teilhabe am öffentlichen Raum: «Hier geht es zum Beispiel um die niederschwellige Mitbestimmung und Mitnutzung von öffentlichem Raum.» Für die Herbst-Debatten bereits gesetzt ist das Thema Stadtrand, ein weiteres wird im Moment mit der Kunstprojekt Westfenster in der Parkanlage Brünnengut diskutiert.

Die Kunst des Protokolls

Die einzelnen «Cafés publiques» werden von Mitgliedern des «Literaturbüros Olten» schreibend sowie von Selina Reber (im Frühling) respektive von Peti Wiskemann (im Herbst) zeichnend dokumentiert. Gewünscht ist eine persönlich gefärbte Übersetzung der Veranstaltungen in die Medien der Sprache und des Bildes. Was entsteht, wird zusammen mit einer filmischen Dokumentation der Diskussion auf der Website von «Le bruit qui court» dokumentiert und soll dort als Ausgangsmaterial für Online-Diskussionen dienen. Zudem wird jeweils nach Abschluss der ersten und der zweiten Staffel eine Zeitung erscheinen und in den Strassen der Stadt gratis verteilt werden.