Dass es eine kantonale Medienförderung braucht, war in der Frühjahrssession im Grossen Rat unbestritten. Was sie im Einzelnen leisten soll, war schon weniger klar. Dies umso mehr, als drei Wochen zuvor eine Vorlage zur Medienförderung auf Bundesebene in der Volksabstimmung deutlich abgelehnt worden war.
Die vorberatende Kommission des Grossen Rates hatte daher am Morgen der Plenumssitzung vom 7. März 2022 gleich selbst beantragt, das Geschäft nochmals auf Kommissionsebene beraten zu können. Das Plenum war diesem Antrag einstimmig gefolgt.
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Nun hat die Kommission für Staatspolitik und Aussenbeziehungen (SAK) ihres Amtes gewaltet, und sie schlägt einige kleine Änderungen am bisherigen Entwurf vor. Sie ist aber weiterhin einstimmig der Meinung, dass es eine kantonale Medienförderung geben müsse. Ohne diese sei eine Vielfalt der regionalen Berichterstattung nicht mehr gewährleistet.
Direkte oder indirekte Medienförderung?
Während es im französischsprachigen Kantonsteil eine direkte Medienförderung gibt, indem dort einzelne Medienunternehmen schon heute mit, allerdings sehr geringen, Mitteln unterstützt werden, soll es im deutschsprachigen Teil nur eine indirekte Förderung geben. Unterstützt werden also nicht einzelne Medienunternehmen, sondern selbständige Institutionen, welche Dienstleistungen für den gesamten Medienbereich erbringen. So sollen etwa Ausbildungsgänge für Journalist*innen an Fachschulen gefördert werden, nicht aber die firmeninterne Ausbildung.
Nach wie vor umstritten ist, ob auch Nachrichtenagenturen wie Keystone-SDA zu diesen förderungswürdigen Institutionen gehören. Während die Regierung dies klar befürwortet, herrscht innerhalb der vorberatenden Kommission weiterhin die Angst vor, dies könnte im Ergebnis der Tamedia AG zugute kommen und diese zu weiteren Stellenstreichungen veranlassen. Staatsschreiber Christoph Auer hatte schon in der Frühjahrssession klargestellt, dass es nur um die Unterstützung der regionalen Berichterstattung durch diese Nachrichtenagenturen gehen könne und dass die daraus resultierenden Informationen allen lokalen Medien zur Verfügung stehen müssten. Das Misstrauen gegenüber dem Zürcher Elephanten auf dem Medienplatz Bern scheint dadurch aber nicht beseitigt worden zu sein.
Wer regionale Berichtertattung stärken will, muss erhebliche Mittel aufwerfen, ohne eine wirtschaftliche Rendite erwarten zu können.
Der Vorschlag der Kommissionsmehrheit will die Diskussion damit umgehen, dass im Gesetz zu diesem Thema einfach nichts gesagt wird. Es wäre dann an der Regierung zu entscheiden, ob Nachrichtenagenturen gefördert werden oder nicht. Demgegenüber will eine Kommissionsminderheit diese Agenturen im Gesetz ausdrücklich erwähnen und dadurch klarstellen, dass eine Unterstützung möglich sein soll, sofern sie zur Meinungsvielfalt auf regionaler Ebene beiträgt.
Projektbezogene Förderung
Neu schlägt die Kommission die Finanzierung projektbezogener Medienangebote vor. Dadurch könnten etwa umfangreichere Recherchen zu bestimmten Themen oder die Berichterstattung über konkrete Ereignisse unterstützt werden. Das kann in besonderen Fällen durchaus Sinn machen, löst aber die Kernaufgabe einer kantonalen Medienförderung nicht: dazu beizutragen, dass auch auf lokaler und regionaler Ebene wieder eine Kontinuität und Vielfalt im politischen Diskurs sichergestellt wird.
In diesem Sinne ist die entscheidende Frage denn auch nicht, wie genau das vom Kanton allenfalls bereitgestellte Geld verwendet wird, sondern in welchem Umfang der Kanton Gelder in die Erhaltung und Wiederherstellung der Medienvielfalt investiert. Lokale und regionale Berichterstattung sind teuer und aus rein unternehmerischer Sicht wenig interessant, weil sie sich nicht an ein Massenpublikum wenden. Wer sie stärken will, muss daher auf lange Sicht erhebliche Mittel aufwerfen, ohne eine wirtschaftliche Rendite erwarten zu können. Der viel beschworene Service public der Lokalmedien wird eben nicht für ein Trinkgeld zu haben sein.