Neben geografischen Umschreibungen wie der Nordischen oder der Alpinen Küche bezeichnen Begriffe wie «From Garden to Table» und «From Nose to Tail» aktuelle Kulinarikströmungen. Die «Freibank» im historischen Sinne war seit dem späten Mittelalter eine Einrichtung zum Verkauf von als minderwertig geltendem Fleisch, oftmals aus Notschlachtungen oder Unfällen stammend – eine frühe, rudimentäre Form von «From Nose to Tail» also. Das am 1. September 2017 an der Stauffacherstrasse eröffnete Lokal namens Freibank spielt direkt auf diese Tradition an.
Ganzheitliche Fleischverwertung beim früheren Schlachthausareal
Domiziliert ist das Lokal im ehemaligen, über 100-jährigen Waaghaus beim Eingang zum früheren Schlachthausareal, das sich jetzt zur Wankdorf City gemausert hat. Kern der Philosophie ist denn auch die ganzheitliche Fleischverwertung. «Schlachttiere in ihrer Gesamtheit zu verwerten liegt uns am Herzen und bildet den kulinarischen Grundsatz in der Freibank», schreiben die Gastgeber auf der schmucken Homepage. «Wir bieten unseren Gästen ausgesuchte Gerichte, bei denen wir besonders darauf achten, ein ausgewogenes Verhältnis an unterschiedlichsten Fleischstücken zu verwenden. Dabei greifen wir auch auf alte Rezepte zurück, welche wir neu interpretieren.»
Heiter bis ausgelassen
Natürlich haben wir die Probe aufs Exempel gemacht. Und zwar an einem Freitagmittag. Sicherheitshalber haben wir reserviert, ein kluger Entscheid, wie sich beim Eintreten zeigt. Das Lokal ist voll bis auf den letzten Platz, ebenerdig im Restaurant und auch im ausgebauten Dachstock, wo wir über eine Wendeltreppe schliesslich unseren Tisch erreichen. Das Publikum: vor allem Angestellte der umliegenden Grossbetriebe SBB, Post oder Ruag. Die Mischung ist heiter bis ausgelassen, das Wochenende bereits in greifbarer Nähe. Das Mittagsangebot ist von 11 bis 14.30 Uhr erhältlich. Der Mittagsteller wird einmal bis zweimal wöchentlich nach dem Motto «s’het solangs het» gewechselt. Die Fleischmenüs gehen zurzeit saisonal passend in Richtung Schmorgerichte und unsere Grossmutter selig hätte ihre helle Freude daran gehabt.
«Plötzlech schmöckts wider wi daheim»
So könnte man das erfreuliche Resultat nach Züri West charakterisieren. Doch auch die Vegetarier machen ein glückliches Gesicht. Das wohlfeile Combo-Paket umfasst nebst dem Hauptgang eine Vorspeise – Suppe oder Salat – und Wasser. A la carte stehen aktuell zur Disposition: Eine Pastinaken-Petersilienwurzel-Suppe, Blattsalat mit Hobelkäse, Emmentaler Rohschinken oder saisonalem Brotaufstrich und ein mit Rindsschmorbraten gefülltes Ciabatta-Brot mit Sriracha-Sauce (benannt nach der thailändischen Küstenstadt), gepickeltem Gemüse, Brunnenkresse und roten Zwiebeln.
Licht der Sehnsucht und Schwärmerei
Nach 14 Uhr leert sich das Lokal, der Chef ruft wieder. Wir aber bleiben sitzen und betrachten die Spätherbstsonne, die die Stauffacherstrasse in ein milchiges Licht der Sehnsucht und der Schwärmerei taucht. An der Bar lässt es sich wunderbar über Sein, Werden und Vergänglichkeit nachdenken, jetzt ist das Haus nach dem mittäglichen Gewusel ein Ort der Ruhe und der Zeitlosigkeit. Nachmittags gibt es Süsses und Salziges gegen den kleinen Hunger. Doch bald schon nahen die ersten Aperogänger, man kennt ja heute allerhand Arbeitszeiten. Das passende Angebot ist von 17 Uhr bis kurz vor Feierabend erhältlich. Darunter sind Aperoplättli in verschiedenen Grössen, eine geräucherte Rindsbrühwurst mit Haussenf oder eine Portion Wurst und Käse mit Chutney. Die Freibank kann samstags und sonntags exklusiv für Feste gemietet werden, um so richtig auf den Putz zu hauen oder aufs Blech zu schlagen, je nach Gusto. Nebst dem Raum im Restaurant und im Dach (je 25 Sitzplätze) sind je nach Wetter auch die Westterrasse und die Arkade bespielbar. Zum Thema Freibank können wir abschliessend sagen: Daumen hoch, Rückkehr garantiert.
Dieser Text erschien zuerst im Anzeiger für das Nordquartier.