Wer hinuntersteigt in diese imposante Säulenhalle am östlichen Stadtrand von Bern, merkt spätestens im Treppenhaus, wie tief 21 Meter sind. Rund sechs Stockwerke geht’s runter. Zu Fuss oder mit einem Warenlift gelangt man in den tiefsten Keller Berns. Und steht man einmal unten, in der gigantischen Säulenhalle, kommt man aus dem Staunen nicht mehr heraus. Was für Dimensionen! 7’200 Kubikmeter Raum, Betonwände, Betonboden, Betonsäulen… kein Fenster, kein Tageslicht. Und doch: man fühlt sich eher in einer Kathedrale als in einem Bunker.
Die erstaunliche Akustik
Die Halle, in der die Swisscom bis 2006 elektronische Geräte lagerte, ist 24 Meter hoch und dient seit zwei Jahren als temporärer Veranstaltungsraum. Hier wurden schon Konzerte gespielt, Theater aufgeführt, Filmszenen gedreht, Fotosessions, Performances und Modeschauen organisiert, «Der Raum ist für verschiedenste Anlässe sehr geeignet», sagt Georgina Casparis, «die Akustik ist erstaunlich gut». Die Kuratorin im Projekt Hochhaus, zu dem auch das Hochregallager gehört, zeigt deshalb den Raum gerne interessierten Eventorganisatoren. «Wer es zum ersten Mal sieht, ist meist schlicht sprachlos.»
Leer wirkt der konstant 13 Grad kühle Riesenraum vielleicht etwas abweisend. Dann aber zeige sich immer wieder, erzählt Casparis. dass mit Licht und Klängen viel Atmosphäre herbeigezaubert werden könne. Der Raum ist ausgesprochen wandelbar. Einmal wurde er auch schon zum Nobelrestaurant umfunktioniert. Zwei Sterneköche servierten ein veganes Sechsgang-Menu für 100 Personen. «Das kam sehr gut an», sagt Georgina Casparis, «das einzige Problem für die Köche war, dass es keinen Wasseranschluss hat da unten.»
Nur noch einige Monate
Ideal ist für die Kuratorin die unmittelbare Nachbarschaft zur Hochschule der Künste. Das Musikdepartement, das sich im Haus oberhalb befindet, hat schon einige Anlässe im Regallager organisiert. Casparis arbeitet aber auch mit dem «Projekt interim» zusammen, das 13 der insgesamt 19 Etagen im ehemaligen Swisscom-Hochhaus gleich nebenan vermietet. Das in den Siebzigerjahren vom Berner Architekten Hans Brechbühler geplante und 1974 fertiggestellt markante Hochhaus gehört heute der Genfer Immobilienfirma Reinvest Capital. Diese plant im denkmalgeschützten Bau am Stadtrand «das ideale Wohnhochhaus» (O-Ton www.hochhaus.be). Interessenten können virtuell bereits «ganz unverbindlich» ihre Traumwohnung planen.
Doch noch dauert die Zwischennutzungszeit an. Mindestens bis Sommer 2020. Was aus dem Hochregallager wird, wenn ab Ende 2020 das heutige Hochhausprovisorium in ein Wohn- und Bürohaus umfunktioniert wird, steht noch in den Sternen. Dass es aber bis dann noch ein paar kulturelle Highlights gibt, das ist für Georgina Casparis klar: verschieden Konzertabende und eine Filmnacht sind jedenfalls schon geplant.