Der Bund setzt sich durch: Tramlinie vor dem Bundeshaus wird verworfen

von Raphael Wyss 30. April 2025

Öffentlicher Verkehr Im Streit um die zweite Tramachse durch die Berner Innenstadt hat die Regionalkonferenz eine wichtige Vorentscheidung gefällt. Die Bundesbehörden konnten sich mit ihrem Veto gegen die Variante durch Bundes- und Kochergasse durchsetzen. Die Gründe für ihre Opposition bleiben in weiten Teilen unklar.

Wie Ende März angekündigt hat die Regionalkonferenz Bern-Mittelland (RKBM) heute Morgen das Ergebnis des «Zwischenschritts» der Evaluierung einer zweiten Tramachse durch die Berner Innenstadt bekanntgegeben. Es beinhaltet zwei zentrale Weichenstellungen: Die Entlastung der Tramachse im Westen des untersuchten Perimeters wird priorisiert. Dazu soll eine Umfahrung des Hirschengrabens via Laupen- und Belpstrasse erarbeitet werden (siehe Karte). Die Festlegung auf diese Massnahme hat mit der anderen Entscheidung der Behördendelegation zu tun: Die kürzeste Linienführung durch die Bundes- und Kochergasse (Variante 3) wird verworfen.

Das Resultat des Zwischenschritts grafisch dargestellt (Karte: RKBM)

Mit diesem Ergebnis dürften insbesondere die Bundesbehörden zufrieden sein. Sie hatten sich in der Vergangenheit kategorisch gegen die Variante gestellt, die sich in der Mitwirkung letztes Jahr als bevorzugte Variante zahlreicher anderer Akteure herauskristallisiert hatte.

Regionalkonferenz erörtert kontroverse Entscheidung

Bereits vor der heutigen Präsentation drangen die wichtigsten Ergebnisse des Zwischenschritts nach aussen. Vielleicht auch deshalb bot Thomas Iten, Gemeindepräsident von Ostermundigen und Präsident der RKBM-Verkehrskommission, einigen Medienschaffenden an, die Hintergründe des Entscheids vorgängig auszuführen.

Iten erläutert, dass technische Hürden und betriebliche Nachteile zum Entscheid beigetragen hätten, Variante 3 auszuschliessen. Dies geht auch aus den Unterlagen der Medienmitteilung hervor: Bei der westlichen Einmündung südlich des Hirschengrabens hätte die Variante demnach zu Stausituationen mit hohen «Reisezeitverlusten» führen können. Bei der östlichen Einmündung habe sich die Anbindung von und nach Norden (Richtung Zytglogge-Kornhausbrücke) als städtebaulich kaum realisierbar herausgestellt, was eine Umleitung der Linien 9 und 10 über die Kochergasse verunmöglicht hätte. Bernmobil hatte sich denn auch bereits vor einem Jahr aus betrieblichen Gründen gegen diese Variante ausgesprochen.

Präsidiert die Verkehrskommission der Regionalkonferenz: Thomas Iten, Gemeindepräsident von Ostermundigen. (Foto: zVg)

 

Gleichzeitig macht die RKBM keinen Hehl daraus, dass die Haltung der Bundesbehörden beim Entscheid eine zentrale Rolle gespielt hat. Gemäss Iten wurde das Thema beim zuständigen Bundesamt für Bauten und Logistik (BBL) auf höchster Ebene behandelt.

In der neuen Stellungnahme und beim gemeinsamen Gespräch seien auch Gründe gegen die Variante angeführt worden, die höchstens indirekt mit der Sicherheit zu tun haben: nämlich die Störung des parlamentarischen Betriebs, der Arbeit des Bundesrates und von Medienkonferenzen im Medienzentrum des Bundes, sowie die Einschränkung der repräsentativen Funktion des Bundeshauses, des Bernerhofs und des Hotels Bellevue bei einem regelmässigen Trambetrieb durch die «Bundesmeile».

Gründe für Sicherheitsbedenken bleiben unklar

Es sind die ersten konkreten Gründe des Bundes gegen ein Tram durch die Bundesmeile, die im Rahmen dieser Zweckmässigkeitsbeurteilung öffentlich werden. Bisher war lediglich bekannt, dass das BBL die Variante wegen grundsätzlicher Sicherheitsbedenken kategorisch ablehnt. Auch in der Medienmitteilung der RKBM wird primär der Sicherheitsaspekt hervorgehoben.

Dass sich die Bundesbehörden weiterhin weigern, die Gründe für ihre Haltung gegenüber der Öffentlichkeit transparent zu machen, wird wohl auch nicht zur Akzeptanz des Entscheids beitragen.

Gemäss Iten blieb das BBL aber auch gegenüber der Behördendelegation vage, inwiefern Trams in der Bundesmeile sicherheitstechnisch ein Problem darstellten. Eine mögliche Erklärung dafür sei, dass der Bund seine Sicherheitsdispositive möglichst nicht nach aussen kommunizieren wolle – auch nicht an kommunale und regionale Behörden. Und die Nationalbank sei in dieser Hinsicht noch sensibler, wie sich im Austausch gezeigt habe.

Entscheid dürfte für Diskussionen und neue Probleme sorgen

Für Iten wurde somit der Zwischenschritt erfolgreich abgeschlossen und das im Januar formulierte Ziel einer «gemeinsam getragenen Lösung» erreicht. Geplant ist, mit der Prüfung der verbliebenen Varianten 1 und 2 fortzufahren und die Ergebnisse 2026 in eine erneute Mitwirkung zu geben.

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Ob die heute publizierten Entscheide von allen Seiten so positiv aufgenommen werden, darf indes bezweifelt werden – besonders angesichts der sehr breiten Unterstützung für Variante 3 in der öffentlichen Mitwirkung. Dass sich die Bundesbehörden weiterhin weigern, die Gründe für ihre Haltung gegenüber der Öffentlichkeit transparent zu machen, wird wohl auch nicht zur Akzeptanz des Entscheids beitragen.

Schliesslich bahnt sich ein städtebaulicher Konflikt an, wenn dereinst die Variante 1 oder 2 vollständig realisiert werden soll. Die Stadt beurteilte beide Varianten aus städtebaulichen Unvereinbarkeiten im Raum Bahnhof eigentlich als nicht realisierbar – eine Haltung, die auch von Expert*innen gestützt wird. Ob und wie sich dieser Konflikt dereinst lösen lässt, ist unklar.