Einer gegen alle, alle fürs Velo

von Yannic Schmezer 6. April 2018

Das Velo bestimmt frühlingshalber nicht nur das Stadtbild, sondern auch die stadträtliche Debatte. Die gestrige Stadtratssitzung kann nur als klares Votum für das Zweirad verstanden werden. GegnerInnen hatten keine Chance.

Stadtratsdebatten sind, wenn man sie nicht zum ersten Mal besucht, berechenbar – besonders, wenn sie sich um das Thema Velo drehen. Meist ist es Alexander Feuz (SVP), seines Zeichens engagierter Velogegner, der sich am Rednerpult in Rage referiert. Dann weist er zum Beispiel auf die Gefährlichkeit der Velorowdys hin, wie zuletzt am Februar, als er eine Rund-um-die-Uhr-Bewachung der Kirchenfeldbrücke während der Sanierungsarbeiten, die im Sommer anlaufen, verlangte, um VelofahrerInnen davon abzuhalten, zu Nachtzeiten den Fussgängerweg über die Brücke zu befahren. Und dann wird er bei der anschliessenden Abstimmung gnadenlos überstimmt.

Eine Lösung für alle

Auch gestern war wieder ein ähnliches Muster zu beobachten. Als «ideologisches Geschäft» beschimpfte Feuz die geplante Einführung des Velogegenverkehrs auf der Schwarztorstrasse, «gefährlich» sei die Situation für die Fussgänger, die Kosten für die Umsetzung «jenseitig». Ausnahmsweise wähnte sich die SVP dabei nicht alleine, unterstützt wurde sie von der Fraktion FDP/jFDP. Barbara Freiburghaus (FDP) äusserte den Verdacht, dass die geplante Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h auf der Schwarztorstrasse, wie sie die Kommission für Planung, Verkehr und Stadtgrün (PVS) im Rahmen der Einführung des Velogegenverkehrs vorschlug, vor allem Bussen für AutofahrerInnen generieren solle.

Das Geschäft wurde erwartungsgemäss deutlich angenommen. «Es ist vor allem die Ablehnung von Velomassnahmen, die ideologisch geprägt ist», konterte die zuständige Gemeinderätin, Ursula Wyss (SP), Feuzs Vorwurf. Die Förderung des Veloverkehrs sei hingegen nichts als rational. Man habe sowohl die Quartierkommission, als auch diverse andere Organisationen kontaktiert und ihnen das Projekt vorgestellt, erklärte Rahel Ruch (GB) als Vertreterin der PVS. «Insgesamt haben wir sehr positive Rückmeldungen erhalten.» Das vorliegende Projekt sei deshalb eine Lösung für alle.

6,6 Millionen bewilligt

Mit dem nun genehmigten Kredit von 6,6 Millionen Franken sollen alle baulichen Massnahmen vorgenommen werden können, die zur Einführung des Velogegenverkehrs nötig sind. Ausserdem beinhaltet der Kredit auch Mittel zur Strassen- und Leitungssanierung. Ferner soll die Lichtsignalisation angepasst und stellenweise auch die Strasse verbreitert werden. Auf der Teilstrecke zwischen Monbijoustrasse und Sulgeneckstrasse müssten ausserdem mindestens zwei Bäume gefällt werden, da der Veloverkehr dort auf dem Trottoir geführt wird, schreibt der Gemeinderat. Diese sollen aber später wieder ersetzt werden.

Ein kleiner Wermutstropfen bleibt aber für alle kompromisslosen VerfechterInnen des Veloverkehrs: Ein Antrag der Fraktion GB/JA-Fraktion, der die Aufhebung von Parkplätzen zugunsten eines breiteren Velostreifens forderte, wurde abgelehnt. Michael Sutter (SP), Präsident von «Pro Velo Bern», begründete die Ablehnung damit, dass die Parkplätze generell sehr gut ausgelastet seien und dass durch die Aufhebung zusätzlicher Suchverkehr in den Quartieren entstehen könnte.

Erste Aufwertung der Zeughausgasse schon im Sommer

Ein Herz für VelofahrerInnen bewies der Stadtrat auch im weiteren Verlauf der Sitzung. Er verwarf zwei Motionen der SVP, die ein Verbot des Velogegenverkehrs in der Schauplatzgasse und auf Bären-und Waisenhausplatz verlangten und stimmte gleichzeitig der Aufwertung der Zeughausgasse und der Schauplatzgasse zu. Im Motionspapier verlangte die SP ein Durchfahrtsverbot für den motorisierten Individualverkehr, sowie mehr Platz für Velos und FussgängerInnen auf den beiden Strassen. In der Schauplatzgasse werde es etwas länger dauern, bis Massnahmen zur Umsetzung der Motion ergriffen werden könnten, erklärte Gemeinderätin Wyss. Die Strasse sei derzeit durch die Buslinie 10 stark ausgelastet. «Das wird sich erst ändern, wenn das Tram Bern-Ostermundigen realisiert ist.»

Anders verhalte sich die Situation in der Zeughausgasse. «Wir möchten die Zeughausgasse als Labor benutzen und Frequenz generieren», sagte Wyss. Es brauche deshalb attraktive Aussenräume. Ziel sei es, bereits in diesem Sommer während einer ersten Testphase Parkplätze in der Zeughausgasse in Parklets, also kleine Aufbauten mit Sitzgelegenheiten, zu verwandeln, auf denen FussgängerInnen verweilen können. In einem zweiten Schritt werde dann die reale Aufwertung der Gasse stattfinden, so Wyss.