Der Berner Gemeinderat hat vor einem Jahr das Projekt Fair Trade Town angestossen. Soziale Verantwortung stehe der Bundesstadt gut an, war man überzeugt. Das Projekt hat rasch Form angenommen und die Kandidatur wurde hinterlegt, obschon noch nicht ganz alle Bedingungen erfüllt waren. Katharina Stampfli, die bei Wirtschaftsraum Bern die Kandidatur koordiniert, war überzeugt, dass man die letzten kleinen Hürden rasch überwinden werde. Mitmachen können Geschäfte, Gewerbe, Vereine, Unternehmen, Gastronomiebetriebe, Schulen, Spitäler usw.
In der Schweiz dürfen sich bereits Glarus Nord und Zweisimmen mit dem Fair Trade Label schmücken. Weltweit sind es über 1800 Orte. Hauptstädte wie Rom, Brüssel oder Kopenhagen gehören dazu. Bern möchte sich da einreihen.
Je-Ka-Mi
Fairer Handel und faire Produkte gehen alle etwas an. Gut etabliert sind heute schon zahlreiche Genuss- und Lebensmittel wie Kaffee, Tee, Bananen, Schokolade, Reis usw. Immer mehr werden aber auch Blumen, Textilien oder Wohnaccessoires aus fairer Produktion angeboten. Auf den Punkt gebracht bedeutet das: Jede und jeder kann mitmachen und einen Beitrag leisten. Und genau da setzt das neue Label an: Es will das Bewusstsein für soziale Arbeitsbedingungen und nachhaltige Anbaumethoden in den Produktionsländern wecken. «Wir sprechen hier von Produkten, die wir sowieso importieren müssen», betont Katharina Stampfli, «und leisten damit Entwicklungshilfe auf nachhaltige Art, aber freiwillig und ohne Zwang.»
Direkt beteiligen an der Kampagne können sich auch Restaurants, Vereine, Arztpraxen, Anwaltskanzleien, Kochgruppen und andere mehr. Bedingung ist, dass diese in ihrem Gremium drei Fair Trade-Produkte nutzen. Läden bieten ihrerseits mindestens fünf Produkte aus fairem Handel an, um dabei zu sein. Wer diese Bedingungen erfüllt, kann zur Fair Trade Town Bern beitragen, indem er oder sie den Eintrag auf dem Stadtprofil von Bern auf der Internetseite www.fairtradetown.ch vornimmt oder sich direkt mit der Angabe der verwendeten Fair Trade-Produkte beim Wirtschaftsraum Bern () anmeldet.
Bewusst einkaufen
Die Kampagne Fair Trade Town wurde 2001 im englischen Garstang lanciert mit dem Ziel, langfristige entwicklungspolitische Verantwortung zu etablieren und so nachhaltige Anbaumethoden zu fördern. Die Produzentinnen und Produzenten sollen aus eigener Kraft ihre Situation verbessern können. In den letzten 15 Jahren haben sich weltweit zahlreiche Städte zur Kampagne bekannt. In Deutschland beispielsweise sind es bereits über 400, wobei allgemein auch Dörfer zu Städten (Town) gemacht werden.
Swiss Fair Trade setzt sich seit zwei Jahren dafür ein, in der Schweiz Mitglieder zu werben. Dabei beruft sich die Organisation vor allem auf einen Bewusstseinswandel. In Verwaltungen, Büros und Institutionen, in denen zentral eingekauft wird, reicht es oft schon, den üblichen Lieferanten zu fragen, ob er auch Produkte aus fairem Handel anbiete, und dann die Bestellung entsprechend anzupassen. Es geht eigentlich nur darum, den bei den Konsumenten bereits fortgeschrittenen Bewusstseinswandel zu übernehmen und weiterzuführen.
Konkret muss ein Ort fünf Bedingungen erfüllen, wenn er Fair Trade Town werden will. Erstens muss sich die Stadt zum fairen Handel bekennen. Zweitens koordiniert eine Arbeitsgruppe das Fair Trade-Engagement. Drittens bieten Detailhandel, Gastronomie/Hotellerie Fair Trade-Produkte an. Viertens verwenden Unternehmen und Institutionen Fair Trade-Produkte, und der faire Handel durch Öffentlichkeitsarbeit wird der Bevölkerung näher gebracht. Bern hat das Ziel nun erreicht.
Aus: BrunneZytig 4/16