Weiter geht es mit Peter Iseli

von Beat Sterchi 22. Juni 2017

Nichts wäre leichter, als in diesen herrlichen Tagen ein Loblied auf die Aare zu singen. Wer könnte nicht ausführlich schwärmen von unserem glasklaren Rio Grande! Ich möchte mich jedoch auf nur einen Vorzug der schönen Aare beschränken. Sowohl beim Raufgehen zum Eichholz wie beim Runterschwimmen zurück ins Marzili: Für einmal bin ich nicht der einzige, der nicht auf ein Smartphone starrt! Sogar Jugendliche gehen dem Ufer entlang und reden miteinander.

Aber sonst!

Im Sandkasten auf dem Spielplatz spielen die Kleinen, die Eltern stehen daneben und sind doch nicht da. Sie kommunizieren, nicht unter sich und nicht mit den Kindern, sie kommunizieren mit ihren I-Phones. Ein Vater geht vorbei, mit dem Kind auf dem linken Arm und dem Handy vor dem Kopf. Im Café sitzen drei Damen, drei beugen sich über ihre Bildschirme. Beim Schulhaus oben an der Postgasse drängen vier Modies zur Tür heraus ins Freie. Mit keinem Blick würdigen sie die Welt. Alle schauen auf ihre Geräte, eilen hinter diesen her zum Rathausplatz, niemand achtet auf den Verkehr. Im vorbeifahrenden Bus sehe ich nichts als vorneübergebeugte Köpfe.

Natürlich ist mir klar, dass ich ein anachronistischer Aussenseiter bin, ich weiss auch, dass es nicht darauf ankommt, ob ich das verstehen kann, aber immerhin tangiert es mich. Ich stehe neben völlig abwesenden Leuten im Lift, immer öfter muss ich auf der Strasse darauf achten, dass ich nicht mit ihnen zusammenputsche, bin ich im Auto unterwegs, muss ich aufpassen, dass ich sie nicht überfahre, auch nicht, wenn sie mitten auf dem Fussgängerstreifen plötzlich stehen bleiben. Und reise ich im Zug mit Kindern im gleichen Wagen, würden die vielleicht auch weniger schreien und kreischen, wären ihre Eltern nicht völlig von ihren Geräten absorbiert.

Die Fragen, dich mich beschäftigen sind aber: Was war vorher? Was haben diese Menschen vor dem Smartphone eigentlich getan? Womit war die Menschheit den vorher beschäftigt?

Natürlich ist es auch ein bisschen traurig, wenn man diese Paare jeden Alters überall stumm zusammen sitzen sieht, jeder für sich in sein Gerät vertieft und es kann nicht überraschen, das immer mehr darüber geschrieben und nach den Konsequenzen gefragt wird. Ist hinter diesen beflissenen Überanpassung an die immerhin von kommerziell interessierten Kreisen schnell vorangetriebenen totalen Digitalisierung der Welt nicht eine bodenlose Spiessigkeit versteckt? Ein Nichts! Ein Vakuum. Als würde jede noch so schöne, aber nicht lebensnotwendige Erfindung automatisch  auf fruchtbaren Boden fallen, weil da nichts ist, weil sich eigentlich alle langweilen und froh sind, wenn ihnen endlich jemand zeigt, was sie mit ihrer Zeit zu tun haben.

Gut, ich weiss, auch bei der Erfindung der Dampfmaschine hat man den Untergang der Welt befürchtet, sollte dieser aber jetzt tatsächlich eintreten, möchte ich einfach nicht der einzige sein, der es bemerkt.

Und was hat Peter Iseli damit zu tun?

Als ich ihn fragte, ob er mir vielleicht ein Bild für das Journal B geben würde, fragte er, was das sei. Das ist eine Netz-Zeitung, sagte ich.  Also bitte! sagte er darauf: Du redsch mit öpperem, wo no nie ä Computer het aglängt. Mit au däm Züg hanni nüt ds tüä! Und das sagt ein Berner Künstler, dessen Bilder von New York über Indien bis Australien auf der ganzen Welt zu sehen sind. Peter Iseli malt nämlich meistens im Auftrag buddhistischer Gemeinschaften Rollbilder, an welchen er oft mehrere Jahre arbeitet. Sie sind so gross, dass er sie während der Arbeit nie in ihrer Ganzheit sehen kann und sie sind nicht nur ganz grosse Kunst, diejenigen, die ich gesehen habe, sind auch wunderschön!