An diesen sommerlichen Tagen kommen sie wieder massenweise, und man hat allen Grund, sich zu fragen, was das eigentlich alles für komische Fotografen und Fotografinnen sind, fotografieren sie doch meistens nur genau jene Motive, die sie vermutlich schon in dem Werbeprospekt abgebildet gesehen haben, der sie überhaupt dazu veranlasste, an dem populären Kongress der Digitalfotografie in unserer Altstadt teilzunehmen.
Sicher ist, dass sie aus allen Ecken der Welt kommen und sich mehrheitlich in geführten Gruppen zu ihren bevorzugten Motiven bewegen. Viele sind auf das Fotografieren von Brunnen spezialisiert, aber fast noch zahlreicher sind die Spezialisten und die Spezialistinnen der Kirchenfotografie. Sogar der kunsthistorisch eher unspektakulären Kirche Peter und Paul kommt definitiv mehr Aufmerksamkeit zu als den am Rathausplatz auch vorhandenen Zeugen ortstypischer Architektur. Und wenn sich die Kirchenfotografen und die Kirchenfotografinnen, natürlich immer aufgehoben in ihren Arbeitsgruppen, vom Rathaus her durch die Kreuzgasse schieben und plötzlich vor dem in diesen Tagen oft herrlich blauen Himmel den Turm des Münsters vor ihren Augen aufragen sehen, dann schnellen wie auf Kommando restlos alle Arme in die Höhe und an den hochgereckten Kameras bleibt kein einziger Klickfinger ungekrümmt.
Sitzt man aber auf der Plattform und lässt sich dort von der gerade ziemlich fett über die Schwellen tretenden Aare berauschen, kann man beobachten, dass sich auch viele Fotografen und Fotografinnen weiterhin der Kunst des Selbstporträts verschrieben haben. Dort stellen sie sich vor den Ausblick auf den Gurten, fahren ihre Stangen aus und lächeln sehr unterschiedlich fotogen in ihre Objektive. Für das hell herausragende Blatt an dem Kastanienbaum über mir, das mich schön die längste Zeit fasziniert, scheint sich dagegen niemand zu interessieren. Auch das herrliche Muster oben auf der Sandsteinmauer aus Flechten und Vogeldreck, in welchem auch einzelne Sandkörner funkeln wie Edelsteine, fotografiert kein Mensch.
Und was hat Antoni Tàpies damit zu tun?
Es ist verflixt! Denn gerade an Katalonien wollte man ja einmal nicht erinnert werden, aber oben auf der so wunderbar gemusterten Balustrade sieht ein Vogelschiss auch in seiner Oberflächenbeschaffenheit nun in Gottes Namen halt einfach so aus wie von dem grossen katalanischen Künstler hingemalt: Direkt aus der ockerbraunen Tube auf die weisse Grundierung gedrückt. Und wie selbstverständlich ist auch etwas Kohlenschwarz dabei. Eine Farbkombination 100% typisch Tàpies!
Und übrigens, falls Sie nach dem Spiel gegen Serbien auch stolz sind auf unsere überragenden Spieler mit kosovarischem Hintergrund noch dieser Hinweis:
Letzten Frühling sind Guy Krneta und ich im Rahmen des Projektes Kosovo is everywhere über den ganzen Balkan hinunter in unseren «Kanton Kosovo» gefahren. Sollte es Sie interessieren, wie es uns auf diesem wilden Balkan ergangen ist, gibt es in einer neuen Reihe online sehr günstig einen Bericht dazu.