Was mir Spanisch vorkommt II

von Beat Sterchi 11. September 2013

Ist es sinnvoll Englisch zu lernen? Nach meinem ersten Beitrag in dieser Reihe stand plötzlich diese Frage im Raum. Auf die Gefahr hin, dass sie kaputt gehen könnte, wenn ich sie auch noch aufwerfe, lasse ich sie vorerst auch einfach dort stehen.

Um noch einmal auf das Spanische und seine Eigenheiten bei der Anwendung zurückzukommen.

Es stimmt zweifellos, dass viele Spanier und viele Spanierinnen ihre schöne Sprache so sehr lieben und sie so gerne hören, dass sie auch fähig sind einfach zu reden, um des Redens willen, einfach um diese Sprachmusik erklingen zu lassen, was auch für den Zuhörer sehr schön sein kann. Aber eines ist das Reden und etwas Anderes ist das Schreien. Ja, ja! Denn sich gegenseitig anzuschreien, scheint auch eine spanische Eigenheit zu sein. Zumindest dem Aussenstehenden kann das sehr wohl so vorkommen, wenn zum Beispiel ein paar ältere Damen beieinander stehen und alle gleichzeitig sehr, sehr laut reden. Ohne dass jemand auch nur ansatzweise zuhören würde. Sich dabei sogar immer noch mehr ins Zeug legen, je mehr die andern sich steigern. Genau so als hätten sie einen grossen Genuss davon, die anderen mit ihrer Lautstärke und ihrer Eloquenz wie in einem grotesken Wettbewerb zu übertrumpfen.

Möglicherweise wird dieses Verhalten in den sogenannten Unterhaltungssendungen der doch sehr, sehr bunten spanischen Fernsehkanäle vorgemacht und legimitiert. Auch dort schreit man sich gegenseitig einfach an und die Zuschauer scheinen das lustig zu finden. Es kann sogar vorkommen, dass die Technik minutenlang einfach zwei sich anschreiende Köpfe in Grossformat ins Bild setzt. Allerdings muss man wissen, einzelne dieser Sendungen sind derart geschmacklos und unter jeder …. sagen wir mal, man wird rot vor Scham, sie auch nur angeklickt zu haben.

Nicht viel weniger grotesk klingt es manchmal aus dem Radio.

Wozu spanische Fussballreporter fähig sind, wenn es darum geht, ihre schöne Sprache zu missbrauchen, wissen alle. Bekanntlich sind sie sich nicht zu schade, beispielsweise eine halbe Minute lang GOLGOLGOLGOL!!!! GOOOOOOL!!!!! golgolgol!!!!!!!!!! GOLGOLGOLGOL!!!!!!!!! golgolgol!!! GOOOOOOOL!!!!! GOLGOLGOLGOLGOLGOLGOL!!!!! GOOOOOOOOOOOOOOL!!!!!!!!!!!! zu schreien, natürlich immer vorausgesetzt, der Ball ging auf der richtigen Seite ins Netz. Verläuft das Spiel anders rum, wären dieselben Herren keine echten spanischen Fussballreporter, wenn sie durch ihr ausschweifendes und relativierendes Reden nicht die peinlichste Niederlage in einen moralischen Sieg verwandeln könnten.

Absolut grotesk aber als Sprachereignis hörenswert ist auch der Auftakt der Mittagsnachrichten von Radio National, wenn die Korrespondenten aus aller Welt zum ersten Mal mit einem Hinweis auf ihren später folgenden Bericht zugeschaltet werden. Das klingt dann tatsächlich so, als würden die über die halbe Welt verstreuten Damen und Herren ein Sprachwettrennen veranstalten. Ähnlich geht es in Katalonien ab, was dann, wegen des im Katalanischen sehr prominent vorkommenden und rund ausgesprochenen Buchstabens R tatsächlich klingt, als würden die Worte wie Kugeln aus einem Maschinengewehr geschossen: RRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRRR!!!!!!!!

Dies mit schönen Grüssen aus Spanien.