Der spanische Regierungschef kann kein Englisch, deshalb ist er mein Hero, sorry, ich meine pardon, ist er mein Held. Er hat sich vom Zwang, Englisch können zu müssen, befreit oder ist diesem gar nie erlegen. Mir ging und geht es leider anders.
Ich habe das Gefühl, ich müsse Englisch können. – Aber es ist doch gar keine Frage, dass man in der heutigen Welt Englisch können muss. – Ach ja, tatsächlich? Wofür habe ich in den letzten Monaten mein Englisch gebraucht? Ich habe Werbesprüche verstanden, ich habe am Radio einen Songtext, ich meine Liedtext, verstanden und am Abend vor dem Fernseher beim Rumswitchen, ich meine Rumknöpfeln, habe ich mir auf CNN ein paar Minuten die Nachrichten angeschaut mit dem schönen Gefühl englisch zu können. Aber eben, warum ist das ein schönes Gefühl? Warum ist es cool, ich meine kühl, Englisch zu können? Oder zumindest kühler, als Spanisch zu können?
Zwar denke ich auch oft, ich müsste Spanisch können, aber dies doch mehr aus der Lust heraus, mich in dieser Sprache zurecht zu finden, die schön ist wie Englisch und ebenso eine Weltsprache. Native speaker – ich meine, was ist das Wort? Muttersprachler? – soll es im Spanischen sogar noch einen Hauch mehr geben als im Englischen. Aber kühl wie das Englische ist Spanisch nicht.
Und ist der einzige Grund dafür tatsächlich der, dass Amerika das Rom unserer Zeit ist und wir alle deshalb mit unserem Deutsch und Berndeutsch und Spanisch in der Lage jener Menschen in den von Rom eroberten Gebieten, die vor 2000 Jahren ihre eigene, unterlegene Kultur verleugneten und sich um ihr Latein bemühten, um ja nicht uncool, ich meine, keine Barbaren zu sein? Ist der Zwang englisch zu können ein kultureller Unterwerfungszwang? Und das Gefühl, englisch sei kühl oder jedenfalls kühler als irgendeine andere Sprache, die schon Fleisch gewordene Unterwerfung? Das ist ja doch ein etwas unangenehmer Gedanke, nicht wahr? Und vielleicht auch nicht die ganze Wahrheit.
Lange habe ich in Zürich am Bullingerplatz gewohnt. Dort ist ein neues Café aufgegangen, das Café au bonheur. Im Moment ist es der totale In-Place, ich meine Innenplatz (das heisst, um genau zu sein, das meine ich eigentlich auch nicht) – jedenfalls, die Leute finden diese Hommage an die französische Lebensart derart kühl, dass man sich dafür schon fast wieder ein cool erlauben dürfte.
(Der Text nimmt Bezug auf den Beitrag von Beat Sterchi vom 11.8.2013. Anm. der Red.)