Am Montag wurde in Zürich ein neuer Verlegerverband gegründet, der «Verband Medien mit Zukunft». Dass in der Schweiz ein neuer Verband gegründet wird, ist kaum eine Meldung Wert: «Klafft in der Schweiz irgendwo eine Wunde, wird ein neuer Verband gegründet», flapste eines der Gründungsmitglieder, der Journalist Constantin Seibt, selbstironisch auf Facebook. Und auch die Behauptung, es handle sich um einen Verlegerverband, ist anmassend. Mitglied werden kann jeder, der die Ziele von «Medien mit Zukunft» teilt. Oder um es mit Seibts künftiger Online-Zeitung zu sagen: Verleger sind alle, die die «Republik» abonnieren.
In Frage gestellt wird damit aber nicht nur das Selbstverständnis der bisherigen Zeitungsverleger, sondern auch deren Verband. Der «Verband Schweizer Medien», von Tamedia-Verwaltungsratspräsident Pietro Supino präsidiert und in dessen Vorstand auch Blocher-Stellvertreter Markus Somm sitzt, zerreibt sich im Nahkampf mit der SRG. Als ob die wenigen Millionen Online-Einnahmen, die der SRG streitig gemacht werden, die Existenz der Zeitungsunternehmen retten könnten. Und während sich Mischkonzerne wie Tamedia gleichzeitig Schritt für Schritt von der Publizistik verabschieden.
In Abstimmungen über die strategische Ausrichtung des bisherigen Verbands (und die Zusammensetzung des Vorstands) unterliegen Kleinverlage regelmässig den grossen Verlagshäusern, da letztere über ungleich mehr Stimmen verfügen. – Welcher andere Verein in der föderalistischen Schweiz funktioniert nach den Spielregeln einer Aktiengesellschaft? Und seit dem Austritt von Ringier aus dem «Verband Schweizer Medien» ist dessen Repräsentativität, zumindest in seiner Eigenlogik, kaum mehr gegeben.
Dass sich der neue Verband, der sich derzeit aus fünfzehn unabhängigen, mehrheitlich Online-Zeitungen zusammensetzt, «Medien mit Zukunft» nennt, ist eine Provokation. Eine allerdings, die in ihrer Bedeutung nicht unterschätzt werden darf. Medien werden künftig anders vertrieben und finanziert als bisher. Öffentliche Mittel werden (nebst Stiftungen, Crowdfunding und Abo-Gebühren) zunehmen, wenn unabhängiger, öffentlichkeitsrelevanter Journalismus garantiert werden soll. Und der Kampf darum wird breiter geführt.
Wie sollen Gemeinden, Kantone und Bund relevante Informationen, Kulturberichterstattung, Einordnungen und politische Kommentare künftig unterstützen? Zumal dies ja bereits – vom Gemeindeanzeiger bis zur indirekten Presseförderung – in nicht unbeträchtlichem Mass geschieht.
Der neue Verband setzt sich beispielsweise für «den Aufbau einer offenen publizistischen Infrastruktur» ein. Könnte heissen: Die Öffentlichkeit stellt eine Open-Source-Plattform (oder mehrere) zur Verfügung, die als eine Art Label für Qualität von unabhängigem Journalismus (nach den Empfehlungen des Presserats) bürgt. In welchem Verhältnis der neue Verband zur entsprechenden Non-Profit-Idee ihres Vorstandsmitglieds Hansi Voigt («Wepublish») steht, ist derzeit offen.
Ein anderer Vorstoss könnte sein, die öffentlich unterstützte Schweizerische Depeschenagentur auszubauen und kleineren, finanzschwachen Medien zur Nutzung zur Verfügung zu stellen.
Und schliesslich: Bei den Debatten um ein neues Mediengesetz will sich «Medien mit Zukunft» als Stimme für unabhängigen Journalismus einbringen, der nicht von kommerziellen und partei-politischen Interessen korrumpiert ist.