Frieden

von Beat Sterchi 7. April 2025

Hier und Heute Unser Kolumnist geniesst es, dass manchmal auch einfach alles schön und friedlich ist. Besonders bei einem leuchtenden Sonnenuntergang.

Es ist mir natürlich unangenehm, hier gestehen zu müssen, dass ich am Postomaten einen beträchtlichen Betrag angefordert und diesen dann im Schlitz stecken gelassen habe. Ich tue es aber trotzdem. Ich tue es, weil mir danach eine Frau in einer schwarzen Jacke und mit einem roten Rollköfferchen an der einen Hand und meinem Geld in der andern Hand nacheilte und rief: Hallo! Öies Gäut!

Vieleicht trug diese Frau auch eine rote Jacke und hatte ein schwarzes Rollköfferchen, aber ganz sicher hätte sie das Geld auch einfach einstecken und sich mit ihrem schwarzen oder roten Köfferchen stillschweigend in die andere Richtung davonmachen können. Ich war nämlich völlig in den ausgedruckten Kontoauszug vertieft und schon dabei, die Kramgasse zu überqueren.

Dann wollte es der Zufall auch noch, dass mir auf dem Rathausplatz jener Nachbar entgegenkam, der sich immer eifrig nach Neuigkeiten erkundigt: U de? Fragte er einmal mehr. Gyt’s öppis nöis? Aber ich beliess es bei einem freundlichen Gruss und ging, ohne den Zwischenfall zu erwähnen noch immer etwas benommen über den Manimatterstutz und an der Rathausgarage vorbei die Schütti hinunter zur Aare, um auf einem kleinen Spaziergang in Ruhe über meinen Aussetzer nachdenken zu können.

Links oben brachten die letzten Sonnenstrahlen gerade eine Ecke des Salem-Spitals so zum Glühen, dass ich meinte, ein Märchenschloss zu sehen.

Erst hörte ich sehr wohl noch die Krähen, die dort am Hang der Schütti in ihren Schlafbäumen anscheinend Wichtiges zu verhandeln hatten, ich hörte auch noch das Aufheulen eines Motors, aber dann nur noch die Schritte auf den Eichenplanken des Altenbergsteges. Ich war schon umhüllt von der dort üblichen Ruhe und von einer wunderbaren Abendstimmung, die sich gerade über die Aare legte wie ein Zauber. Die brave Aare glänzte still und glatt und der weiter vorne am Ufer vertäute Weidling bewegte sich kaum. Aber links oben brachten die letzten Sonnenstrahlen gerade eine Ecke des Salem-Spitals so zum Glühen, dass ich meinte, ein Märchenschloss zu sehen.

(Foto: Beat Sterchi)

Gleichzeitig tauchte die Sonne auch den Hang unten am Rosengarten in ein goldenes Licht, wie ich es noch nie gesehen hatte, das sich auch noch weinrot in der Aare widerspiegelte. Als der Spaziergänger vor mir stehenblieb, um sein Handy hervorzuholen, erinnerte ich mich daran, dass ich auch eine Kamera dabeihatte. Weil er offenbar ein Filmchen aufnahm, überholte ich ihn und sagte im Vorbeigehen, das hätte ich ihm nachgemacht, worauf er nur meinte: Ungloublech schön.

Auch als ich schon zum Aargauerstalden hochstieg, führte die Sonne weiter ein Spektakel auf, dem sich niemand entziehen konnte. Die Leute blieben stehen, um ihre Smartphones auf den bombastischen Sonnenuntergang zu richten. Schön, he? sagte ich zu einem Mann, der auf seinem Velo angehalten hatte, um auch ein Bild zu machen. Er schüttelte staunend den Kopf und sagte nur: aber mega.

Und während mir ein offensichtlich aufgemuntertes Paar lachend entgegenkam und mir unbekannterweise freundlich Hallo sagte, kreuzten sich eine Joggerin und ein Jogger. Die beiden konnten es nicht lassen, als sie auf gleicher Höhe waren, sich im Vorbeirennen, sie mit der linken und er mit der rechten Hand, vor Freude abzuklatschen.