Das Velo ist perfekt auf meine Grösse eingestellt, die Cycling-Schuhe sind eingeklickt und in meinen Fingerspitzen spüre ich ein angenehmes Kribbeln, meine Vorfreude. Trainerin Cyrilla teilt uns durch ihr Mikrofon mit, dass sie ebenfalls bereit ist. Sie tritt in die Pedale, die 18 anderen Cycler*innen und ich machen es ihr nach. Los geht’s!
Neon-Lichter drehen sich in allen Farben des Regenbogens im ansonst dunklen Raum. Afro-Beats, Hip-Hop und Reggaeton werden von Cyrilla am DJ-Pult ausgepielt, das neben ihrem Bike aufgestellt ist. Wir bewegen uns als Gruppe zu den Beats, finden zusammen den Rhythmus, werden schneller, wechseln zwischen Sitzen und Stehen, bewegen unsere Oberkörper zum Takt, ja machen sogar Liegestützen auf dem Velo. Für die nächsten 50 Minuten vergesse ich den bitterkalten Winter vor der Tür.
Einblick in eine Stunde bei bike that beat (Quelle: bike that beat/zvg).
Freiwillig schwitzen, keuchen und dann am nächsten Tag noch ein fetter Muskelkater? Hier muss mal angemerkt werden, dass ich eigentlich eine absolute Sportbanausin bin. Das alles veränderte sich vor ein paar Monaten, als ich zum ersten Mal «bike that beat» besuchte, das erste Rhythm Cycling Studio in Bern.
Feiern ohne schlechtes Gewissen
Was mich sofort in den Bann zog: das Clubfeeling – und dass es keinen Leistungsdruck gibt. Ob das der Grund ist, warum der Sport weltweit im Trend liegt? Melanie und Cyrilla, die beiden Gründerinnen von «bike that beat», können meine These bestätigen: «Beim normalen Indoor-Cycling geht es um Leistung, etwa wie viele Umdrehungen pro Minute du schaffst. Die Musik ist zweitrangig. Beim Rhythm- oder Disco-Cycling steht sie im Mittelpunkt, der Takt gibt den Widerstand und die Schnelligkeit an». Dazu komme der Trend vom «healthy lifestyle»: «Du feierst eigentlich während 50 Minuten eine gesunde Party.»
Der Sport wurde vor drei Jahren von Melanie und Cyrilla quasi in die Bundesstadt «importiert» – und zwar direkt aus Kuba. Dort haben sich die beiden Freundinnen bei der Arbeit für eine Reiseagentur kennengelernt und sind Fan geworden von «spinning a lo cubano». Während Corona eröffneten sie ihr erstes Studio in einer Berner Disco, damals noch ohne Duschen und Garderoben. Am kommenden Samstag feiern sie ihr einjähriges Studio-Jubiläum im Mattenhof, wo sie nun dauerhaft verweilen.
Männer fallen auf
In Havanna werde Disco-Cycling sehr diszipliniert angegangen, mit unglaublich vielen Studios und Lektionen, die schon um halb sieben morgens beginnen. Gleich wie in Bern sei jedoch die Frauenquote, so die Gründerinnen. Diese liege bei rund 90 Prozent. Männer hätten viel mehr Respekt vor dem Takt und oft das Gefühl, dass sie auf dem Velo tanzen müssen. «Die Männer, die dann kommen, fallen richtig auf. Sie feiern es dann aber auch.»
Welche Tipps haben Cyrilla und Melanie für Anfänger*innen? «Höre auf deinen Körper und verurteile dich nicht, wenn du nicht bei jedem Move dabei bist. Du kommst mit der Zeit rein, das braucht zwei, drei Mal.» Disco-Cycling sehe zwar krass aus, aber sei für alle machbar.
bike that beat, Schwartorstrasse 87, 3007 Bern, Montag bis Sonntag