Aus dem Jahr 1924 gibt es einen Stummfilm mit Buster Keaton («Sherlock Junior»), in dem der amerikanische Schauspieler und Komiker als Filmoperateur Detektiv spielt und während der Vorführung in seinen Gedanken die verrücktesten Dinge erlebt.
Der Projektor, den er bedient, ist ein Ungetüm, das beim Abspielen so heiss wurde, dass man darauf Spiegeleier hätte braten können. Mit Hilfe von zwei Kohlenstäben produzierte der Apparat einen Lichtbogen, der die einzelnen Filmbilder beleuchtete. Der Operateur musste höllisch aufpassen, dass der 35 Millimeter-Nitrocellulosefilm beim Abspielen nicht Feuer fing. Der Apparat wäre sonst explodiert.
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Genauso ein Abspielgerät steht auch im Berner Lichtspiel. Es ist einer der ältesten Projektoren der Sammlung. Und das Gerät vom Hersteller Pathé ist sogar ein portables Modell, was eine Seltenheit ist. Der Apparat wurde in einem Holzkasten transportiert und konnte irgendwo im Freien, oder in Sälen bei Vereins- oder Familienanlässen aufgestellt und bedient werden.
Man kann sich vorstellen, dass vor hundert Jahren solche Vorführungen für volle Zuschauerränge und nicht geringe Verblüffung gesorgt hatten. Natürlich nur, wenn der Operateur sein Handwerk verstand, denn das Abspielen hatte eben seine Tücken: der Abstand der beiden Kohlenstäbe musste dauernd überwacht und justiert werden, die Filmrolle durfte ja nicht zu nahe an die Lichtquelle kommen, sonst hätte das Filmmaterial Feuer gefangen.
Das Gerät wurde in den Zehner- und Zwanzigerjahren hauptsächlich im Profibereich eingesetzt, aber das Modell im Lichtspiel stammt von einem Privatmann: vom Vater des späteren Chemienobelpreisträgers Richard Ernst (1933 – 2021). Johannes Robert Walter Ernst (1892 – 1955) war Architekt und Offizier der Schweizer Armee. Er hatte den Filmprojektor offenbar erworben, weil er schlicht technisch interessiert war. Er unterrichtete auch in Winterthur und habe immer gesagt, er wolle «die Welt dokumentieren». So jedenfalls erzählte es der im letzten Jahr verstorbene Richard Ernst den Leuten vom Lichtspiel.
Zusammen mit dem Apparat hat die Familie dem Lichtspiel auch mehrere private Filme überlassen. Von Armeeübungen, aber zum Beispiel auch jene von der Hochzeitsreise des Hobbyfilmers, die per Schiff nach St. Petersburg führte. Der Film sei in seiner Familie regelmässig den staunenden Besuchern gezeigt worden, erzählte Richard Ernst. Sein Vater sei im übrigen nie Mitglied eines Filmclubs gewesen, er habe sich das Handwerk selber beigebracht.
Man fragt sich, warum vor hundert Jahren nicht eine elektrische Lampe als Lichquelle installiert wurde. Elektrizität gab es ja bereits. David Landolf, der Leiter des Lichtspiels, hat die Erklärung: Elektrisches Licht war damals noch viel zu wenig intensiv. Nur der Kohlenbogen lieferte die nötige Helligkeit.