Brautkleid statt Bestzeit?

von Lucy Schön 9. Mai 2025

Laufsport Von einer Frau, die das Rennfieber gepackt hat. Ziel: der morgige Grand Prix von Bern.

Hat dich schon einmal das Rennfieber befallen? In Bern gibt es dazu eine regelrechte Pandemie: Morgen werden am Grand Prix Bern so viele Läufer*innen durch Bern rennen wie noch nie. Ganze 35’000 Anmeldungen sind für die Hauptstrecke von 16,093 km eingegangen. Die Organisator*innen des Stadtlaufs verhängten aus diesem Grund vor drei Wochen einen Anmeldeschluss.

Magnesium und Muskelkater

Die Autorin dieses Textes hat ebenfalls das Rennfieber im Kopf. Vor ziemlich genau einem Jahr sass ich noch an der Monbijou-Brücke, schleckte mit Genuss ein Gelato und schaute fasziniert zu, wie tausende Menschen im Laufschritt an mir vorbeizogen. Und irgendwann wurde ich vom Anfeuern, Bestaunen und der Freude mitgerissen und dachte mir: Das will ich auch können.

Ein Jahr später: Ich besitze teure Laufschuhe, Sport-BHs mit Trägern wie Sicherheitsgurte, eine Smartwatch, Magnesium, ein Kohlenhydratverständnis und einen Trainingsplan. Ich laufe mehrmals pro Woche. An Muskelkater habe ich mich gewöhnt. Ich weiss, wann Proteine Sinn machen. Ich bin so fit wie noch nie. Und ich werde immer wieder gefragt, ob das mit einer Quarter-Life-Crisis zusammenhängt.

Aber dann kam die Liebe

Dann, irgendwann zwischen Proteinshake und Intervalltraining, die Nachricht: Im Freundeskreis wird spontan geheiratet. Am 10. Mai. Am gleichen Tag wie mein erstes grosses Rennen. Ein Tag, ein Körper, zwei Termine. Keine Startnummer, sondern Platzkarten. Keine Medaille, sondern Tischrede. Keine Bestzeit, sondern Apéro.

Und jetzt?

Ohne ein Ziel vor Augen verzieht sich das Rennfieber schnell. Vielleicht werde ich nächstes Jahr rennen. Vielleicht bleibe ich aber auch einfach an der Monbijou-Brücke stehen und schlecke wieder ein Gelato. Mein Ticket wurde auf Tutti jedenfalls innert Minuten verkauft. Ich wünsche allen Rennenden viel Erfolg!