Bergstation

von Beat Sterchi 22. Dezember 2023

Hier und Heute Beim Spazieren an der Aare macht sich unser Autor Gedanken über Vorsätze und das neue Jahr. Beim Marzilibähnli wird er ganz hoffnungsvoll.

Beim Konsi an der Kramgasse ging eine Tür auf und zwei Smartphones drängten heraus in die Laube. Gleich löste sich von einem der Bildschirme der Blick einer jungen Frau, die freudig rief: Wow!

Ja, tanzende Schneeflocken sind ein Ereignis. Und ja, schön, dass es schon mal schneite. Aber sonst will sich das Wetter überhaupt nicht ans Festprogramm halten. Von der Plattform aus konnte man beobachten, wie die Aare drohte, die Matte zu überschwemmen. Erst Schnee und dann Hochwasser! Und das im Dezember. Riesige Äste und ganze Baumstämme wurden angeschwemmt und mussten mit Hilfe eines Krans entfernt werden, weil sie die Schleusen verstopften.

Jetzt wurden die Schleusen wieder geschlossen. Männer in grünen Schutzwesten kurbelten sie runter, aber noch ist die Aare braun und fett und wenn man ihr entlang von der Matte ins Marzili geht, spürt man ihre Kraft und den Affenzahn, den sie noch immer drauf hat.

Es war dort am Lauf der Aare, dass ich einem alten Freund begegnete. Weil wir uns schon lange nicht mehr gesehen hatten, kamen wir ins Gespräch über den Lauf der Zeit, wobei mein Freund plötzlich nicht mehr aufhören wollte mit Jammern und Klagen. Allenthalben düster die Aussichten und für das neue Jahr nehme er sich auch nichts mehr vor. Nie sei etwas in Erfüllung gegangen. Und während er sich eine Zigarette anzündete, sagte er, er habe sich auch immer wieder vorgenommen, an Silvester mit dem Rauchen aufzuhören. Immer wieder und immer vergebens. Ich könne mir ja gar nicht vorstellen wie oft schon! Scho uhuere mängisch!

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Weil ich schon lange lieber einfach weiter der Aare entlang gegangen wäre, sagte ich, da könne ich ihm zum Abschied einen wertvollen Rat geben. Das sei nämlich ganz einfach: Wenn sich die Wünsche nicht erfüllten, sollte er sie umdrehen ins Gegenteil. Wenn Du dir zum Beispiel vornimmst, nächstes Jahr viel mehr zu rauchen, dann klappt es vielleicht. Er lachte und ich dachte, auch gute Vorsätze sind nur Sätze und der alte Konfuzius, wusste schon immer, dass es am Baum der guten Vorsätze viele Blüten, aber wenig Früchte gibt. Deshalb nehme ich mir selbst auch nichts vor, ausser vielleicht, jeden Morgen an den Himmel zu schauen. Und täglich mindestens einmal über die Aare zu gehen. Auf dem Wasser, versteht sich. Zurück vielleicht über eine Brücke. Und kleine Schritte sind auch Schritte und jede Sekunde ist aus Gold.

So! dachte ich dann.

Als ich kurz darauf im Marzilbähnli wartete, dass sich die Tür wieder öffnete und dort in roten Buchstaben stand Tickets an der Bergstation vorweisen, war ich ganz sicher: Es kann im neuen Jahre nur aufwärts gehen.

Schliesslich sind die Witze auch nicht mehr so blöd wir früher. Als Kinder mussten wir es immer wieder hören: Dieses Marzilibähnli. Die kürzeste Drahtseilbahn Europas mit dem grössten Verwaltungsgebäude der Welt.

Schöni Wiehnacht u nes guets Nöis!