Zwischen zwei Welten

von Svitlana Prokopchuk 8. April 2024

Unsere Kolumnistin Svitlana Prokopchuk musste aufgrund der russischen Invasion im Februar 2022 die Ukraine und ihren Beruf als Print- und Fernsehjournalistin hinter sich lassen. In ihrer Kolumne «Zwischen zwei Welten» erzählt sie aus ihrem neuen und alten Leben. Die Beiträge werden sowohl auf Deutsch als auch auf Ukrainisch veröffentlicht.

Seit zwei Jahren ist mein Leben in «vorher» und «nachher» unterteilt. Wenn mich jemand nach Ereignissen fragt, die «vorher» passiert sind, antworte ich: «In meinem früheren Leben». Ich habe immer noch das Gefühl, dass mir jemand zwei Jahre meines Lebens «gestohlen» hat! In der Tat gibt es keinen Zweifel, wer der Täter ist: Der von Russland begonnene Krieg hat nicht nur «meine Welt» völlig verändert.

Seit ich 17 Jahre alt bin, arbeite ich als Journalistin. Ich habe Artikel für Zeitungen geschrieben, Radiosendungen moderiert und in den letzten 13 Jahren war das Fernsehen mein Leben. Ganz nach dem Motto: Journalisten arbeiten nicht, sie leben Journalismus! Ich habe mit Kollegen aus der ganzen Ukraine zusammengearbeitet, um jeden Tag fünf Nachrichtensendungen zu produzieren. Ich habe die Theorie des Journalismus an der Universität studiert, meinen Schreib- und Redestil im Laufe meiner Arbeit verfeinert und mir die nötigen psychologischen Werkzeuge selbst angeeignet. Dazu habe ich Jahre und Hunderte von Büchern, Vorträgen und Schulungsvideos gebraucht.

Mit dieser Erfahrung, meiner 6-jährigen Tochter und einem Koffer kam ich in der Schweiz an. Als ich für unsere Flucht packte, war mir klar geworden, dass ich mit meiner Entscheidung entweder meine Karriere oder die Sicherheit meines Kindes aufs Spiel setzen würde. Ich wollte meine Karriere nicht verlieren, aber die Sicherheit meiner Tochter und ihre friedliche Kindheit standen natürlich an erster Stelle. In dem Chaos, das in den ersten Tagen des Krieges um mich herum herrschte, war mir jedoch nicht klar, dass es auch nicht einfach sein würde, ein neues Leben in einem neuen Land zu beginnen. Schliesslich hatte ich die Hoffnung, dass das Blutvergiessen in ein paar Monaten, vielleicht sogar Wochen, zu Ende sein würde.

Ja, ich mag diese Sprache wirklich!

Ich habe mir in vier Monaten Deutsch auf A2-Niveau beigebracht. Meine allererste Lehrerin war meine Gastfamilie. Ausserdem lernte ich fast jeden Tag 3 bis 4 Stunden, um mir diese schwierige Fremdsprache selbst beizubringen. Meine Liebe zur Kommunikation, die Analyse der Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den beiden Sprachen und … meine Sympathie für Deutsch haben mir dabei geholfen. Ja, ich mag diese Sprache wirklich!

Später besuchte ich etwa ein Jahr lang eine Berufsschule und parallel dazu Deutschkurse bei zwei Kirchen. Dank meiner Lehrer und meines Fleisses beim Lernen der Themen zu Hause habe ich das Niveau B1 erreicht. Ich weiss allerdings noch nicht, ob ich B2-Kurse besuchen darf. Nach den neuen Vorschriften muss ich auf ein Integrationsgespräch warten, bei dem ein Spezialist des Sozialdienstes feststellen wird, ob das B1-Niveau für meine berufliche Eingliederung ausreicht und was meine ersten Schritte auf diesem Weg sein sollen. Glücklicherweise muss mein Diplom nicht anerkannt werden.

Und habe ich eine Perspektive in der Schweiz?

In meinem ersten Jahr in der Schweiz habe ich angefangen, Bewerbungen zu verschicken. In vielen Fällen erhielt ich nicht einmal eine Antwort. Dutzende weiterer Briefe kamen mit Absagen zurück. Das Informationsbüro des Berufsberatungs- und Integrationszentrums (BIZ) erklärte mir, dass ich diese Absagen erhalten würde, weil ich überqualifiziert sei. «In diesem Fall würde ich gerne einen neuen Beruf erlernen», sagte ich. Nach einer Analyse vieler möglicher Möglichkeiten kam das BIZ zu dem Schluss, dass meine Aussichten in dieser Hinsicht äusserst schlecht sind: Die Ausbildung ist teuer und langwierig, und wer soll sie bezahlen, wenn die Gefahr besteht, dass mein S-Status aufgehoben wird und ich sie nicht abschliessen kann? Übrigens haben mir mehrere Personen, die ich kenne, erzählt, dass ihnen gerade wegen ihres S-Status eine Beschäftigung verweigert wurde. Inoffiziell, natürlich.  Weil es eine Verschwendung von Zeit und Mühe wäre, einen Arbeitnehmer einzustellen, der keine Zukunft in der Schweiz hat.

In meinem zweiten Jahr in der Schweiz half ich bei der Öffentlichkeitsarbeit des ukrainischen Vereins «Ukraine Schweiz Bern» und unterrichtete dann ukrainische Sprache und Literatur für Schulkinder aus der Ukraine, die immer noch in zwei Bildungssystemen zuhause sind. Später startete ich ein eigenes Integrationsprojekt für Frauen, das der Verein unterstützte. Parallel zu diesen Projekten, in denen ich ehrenamtlich tätig bin, trat das Schloss Burgdorf mit dem Projekt «Zum Wesen der Dinge» in mein Leben. Ich gehöre zu einem internationalen Team, das sich mit der Erstellung einer Videotour, der Organisation des Museumstages und ähnlichen Projekten beschäftigt. Eine der Aufgaben, die uns gestellt wurde, bestand darin, mehrere Interviews aufzunehmen, in denen ein Teammitglied über seine Eindrücke, Erfahrungen und Informationen zu den von ihm gesammelten Objekten spricht. Zum ersten Mal seit zwei Jahren fühlte ich mich vor der Kamera mit diesen Menschen wie «in meinem früheren Leben».

Das ist die Kindheit, die ich mir für meine Tochter vor dem Krieg erträumt habe!

Später startete ich in Burgdorf ein weiteres Integrationsprojekt für Kinder. Bald findet auch in Burgdorf ein Muttertagskonzert statt. Die Idee dazu hatte ich, weil ich unbedingt nicht nur die ukrainische Gemeinschaft, sondern auch die Schweizer und die Migranten aus anderen Ländern zusammenbringen möchte. Nicht umsonst klingt das Wort «Mama» in verschiedenen Sprachen fast gleich. Für mich ist es ein Symbol für die Selbstaufopferung einer Person, die ein neues Leben in einem anderen Land beginnt, um ein Kind zu retten. Und an alle Mütter in der Ukraine, die in ihrem Heimatland bleiben und betend auf ihre Kinder warten.

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Meine Tochter besucht die zweite Klasse der Schule in Burgdorf. Kürzlich, bei einem persönlichen Gespräch mit ihrer Lehrerin, war ich sehr gerührt. Sie erzählte mir nicht nur von Polinas guten schulischen Fortschritten, sondern auch von ihrer Freundlichkeit, Energie, Bereitschaft, Freunden zu helfen, und hervorragenden Deutschkenntnissen. Sie geht ausserdem gerne ins Schwimmbad, ins Ballett, in die Jugi und in die Tagesschule – das ist die Kindheit, die ich mir für meine Tochter vor dem Krieg erträumt habe!

Und habe ich eine Perspektive in der Schweiz? Diese Frage stelle ich mir jeden Tag. Ich bin motiviert, lerne schnell, bin kontaktfreudig und ein positiver Mensch. Warum also nicht? Schliesslich müsste ich nach meiner Rückkehr in die Ukraine auch mein Leben neu beginnen: eine Arbeit suchen, soziale Kontakte knüpfen und ein neues Leben aufbauen. Der einzige Unterschied ist, dass man nicht Ukrainisch lernen muss, im Gegensatz zu Deutsch. Aber ich habe ja schon gesagt: Ich mag diese Sprache sehr…

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Вже два роки мене не полишає думка, що моє життя розділилось на “до” і “після”. Якщо хтось запитує у мене про події, які відбувались раніше, я так і відповідаю: “у минулому житті”. Не зникає і відчуття, що хтось вкрав у мене два моїх роки! Насправді сумнівів, хто цей злочинець, не виникає: війна, яку розпочала Росія, повністю змінила не лише моє життя.

Я працювала журналісткою з 17 років. Писала статті у газети, мала авторські програми на радіо, а останні 13 років моїм життям було телебачення. Журналісти не працюють – вони живуть журналістикою! Над випуском новин, який виходив п’ять разів на день, ми працювали з колегами з усієї України. Теорію журналістики я вчила в університеті, стилістику письма та мовлення відшліфовувала в процесі роботи, а психологію – опановувала сама. Для цього знадобились роки і десятки книг та навчальних відео.

З цим досвідом, 6-річною донькою та однією валізою я приїхала до Швейцарії. Коли збиралась у дорогу, чітко розуміла, що ставлю на ваги кар’єру і безпеку дитини. Кар’єру втрачати не хотілось, але безпека та спокійне дитинство доньки, безумовно, на першому місці. Втім, у суцільному хаосі, який у перші дні війни відбувався навколо, не було розуміння, що розпочинати нове життя у новій країні теж буде нелегко. Зрештою, у серці залишалась надія, що кровопролиття закінчиться за кілька місцяів, а може й тижнів.

Німецьку мову до рівня А2 я опанувала сама за чотири місяці. Моїм найпершим вчителем була гостьова родина. Також я майже щодня займалась по 3 – 4 години, самостійно вивчаючи непросту іноземну мову. Допомагала любов до комунікації та спілкування, аналіз схожості та відмінності між двома мовами і ..симпатія до німецької мови. Так, ця мова мені подобається!

Згодом майже рік я займалась у професійній школі, паралельно відвідуючи курси у двох церквах. Рівень В1 я опанувала завдяки своїм викладачам та старанності під час самостійного опрацювання тем вдома. Чи зможу я відвідувати курси рівня В2, поки невідомо. За новими правилами, я повинна чекати на інтеграційне інтерв’ю, де спеціаліст соціальної служби визначить: достатньо для моєї робочої інтеграції рівня В1 чи ні, так якими будуть мої перші кроки. На щастя, мій диплом у Швейцарії визнання не потребує.

Вже у перший рік перебування у Швейцарії я почала надсилати резюме. В багатьох випадках мені навіть не відповідали. Ще кілька листів надійшло з відмовами. В інформаційному бюро BIZ ці відмови мені пояснили понадкваліфікованістю. “Я б з задоволенням опанувала нову професію”, – говорила я. Проаналізувавши багато потенційних можливостей, ми дійшли до висновку, що перспективи у цьоум вкрай мізерні: навчання дороге та тривале, а хто його оплатить, якщо існує ризик, що статус S скасують, а воно не буде завершеним. До речі, кілька знайомих мені розповідали, що їм відмовляли в працевлаштуванні саме через статус S. Звісно, неофіційно. Мовляв, приймати в команду працівника, який фактично не має майбутнього у Швейцарії – марна витрата часу і зусиль.

На другому році життя я розпочала власний проект, який підтримала українська Асоціація UkraineSchweizBern – Клуб для жінок “Інтеграція мудрих”. Паралельно із цим проектом, де я працюю як волонтер, у моєму житті з’явився замок міста Бургдорф, команда якого організувала проект “По суті речей”. Я – один з членів інтернаціональної групи, яка займається створенням відеотуру, організацією Дня Музею тощо. Одним із завданнь, які ми отримали, є відеозапис кількох інтерв’ю, де учасник команди розповідає про свої враження, досвід та інформацію, яку вдалось знайти про об’єкти. Перед камерою серед цих людей вперше за два роки я відчула себе “як у минулому житті”.

Згодом У Бургдорфі я розпочала ще один проект “Інтеграція дітей”. Невдовзі тут також відбудеться концерт до Дня матері. Ідея його організувати з’явилась в мене через неймовірне бажання об’єднати не лише українську громаду, а й мігрантів з інших країн та швейцарців. Недарма ж слово “мама” звучить різними мовами майже однаково. Для мене воно – символ самопожертви людини, яка розпочала своє життя в новій країні задля порятунку дитини. Та усіх матерів, які залишаються на Батьківщині і з молитвами чекають на своїх дітей у батьківській оселі.

Моя донька навчається у 2- му класі. Нещодавно під час розмови з її вчителькою я була дуже розчулена. Вона розповідала мені не лише про успіхи Поліни у навчанні, але й про її комунікабельність, дружелюбність, бажання допомагати однокласникам та дуже хороший рівень німецької мови. Окрім цього, Поліна залюбки відвідує басейн, басейн, югі та денну школу – це те дитинство, про яке я мріяла для неї перед війною!

Чи є у мене перспективи у Швейцарії? Я запитую себе про це щодня. Я вмотивована і швидко вчуся, комунікабельна і позитивно налаштована. То чому б і ні? Зрештою, в Україні після повернення знову доведеться починати життя спочатку: шукати роботу, будувати соціальні звязки, налагоджувати побут. Єдина відмінність: українську мову, навідміну від німецької, вчити не доведеться. Але ж я вже казала: ця мова мені дуже подобається…