Politik - Kolumne

Zweihundert Jahre Kampf um Rechte

von Svitlana Prokopchuk 20. August 2025

Zwischen zwei Welten Unsere Kolumnistin vergleicht den historischen Weg der Frauen in der Ukraine und in der Schweiz und zeigt spannende Unterschiede und Gemeinsamkeiten auf. Ein Text auf Deutsch und Ukrainisch.

«Unsere Frauen fühlen sich wie Prinzessinnen», versicherte mir eine Museumsführerin nach dem Besuch des Ägyptischen Museums in Kairo. «Sie müssen nicht arbeiten, wenn sie nicht wollen. Und wenn sie arbeiten, können sie ihr Geld nach Belieben ausgeben. Die Aufgabe des Mannes ist es, die Familie zu versorgen.» Ich fragte nicht weiter, warum von den Frauen, die ich in einer Woche in Ägypten gesehen hatte, keine einzige gelächelt hatte. Vielleicht führen nicht alle Prinzessinnen ein märchenhaftes Leben.

Stattdessen erinnerte ich mich daran: Ukrainische Frauen hatten bereits vor zweihundert Jahren Rechte – in der Familie und in der Gesellschaft. Und ich fragte mich: Waren Ukrainerinnen den Schweizerinnen vielleicht voraus?

Über die Rechte der Frauen in der Ukraine habe ich in einer Schweizer Bibliothek (!) gelesen. Ich stiess zufällig auf das Buch «Ukrainische Frauen im Feuer der Modernisierung» in der Schweizerischen Osteuropabibliothek in Bern. Die wissenschaftliche Untersuchung zeigt, dass Frauen schon vor zweihundert Jahren Eigentum besassen, auf das der Mann keinen Anspruch hatte – zum Beispiel eine Truhe mit persönlichen Gegenständen.

Schliesslich kamen viele Forschende zum Schluss, dass die Frau nur dann die Macht in der Familie hatte, wenn der Mann sie… sehr liebte.

Frauen arbeiteten im Garten manchmal nicht weniger als Männer. Die geernteten Früchte und das Gemüse durften sie separat verkaufen und das Geld behalten. In manchen Regionen der Ukraine kontrollierten Frauen eigenständig die gesamte Wirtschaft des Haushalts. In anderen hingegen, so belegen Archivdokumente, durfte die Frau nicht einmal neben dem Mann auf der Strasse gehen – nur hinter ihm.

Was jedoch alle Regionen vereinte, war die Tatsache, dass der Mann als Oberhaupt der Familie galt und die Entscheidungen traf. Laut dem Gewohnheitsrecht war der Mann auch derjenige, der vor der Gemeinschaft für das Verhalten seiner Frau verantwortlich war.

Schliesslich kamen viele Forschende zum Schluss, dass die Frau nur dann die Macht in der Familie hatte, wenn der Mann sie… sehr liebte. Allerdings wurde ein Mann, in dessen Ehe die Frau das Sagen hatte, oft verspottet. Ehebruch wurde bei Frauen deutlich strenger verurteilt als bei Männern. Und das Schlagen der Ehefrau galt als normale Strafe. «Wer schlägt, der liebt», sagt ein altes Sprichwort – und es existiert in der ukrainischen Gesellschaft bis heute.

Interessanterweise sind heute sowohl in der Schweiz als auch in der Ukraine 52 % der Studierenden Frauen!

Natürlich veränderte sich die Situation im Laufe der Zeit. Im Jahr 1917, nach dem Zerfall des Russischen Imperiums, erhielten Frauen in der unabhängigen Ukrainischen Volksrepublik das Wahlrecht. Dieses Recht blieb auch bestehen, als die Ukraine Teil der Sowjetunion wurde.

«Im Jahr 1825 galten in der Schweiz mindestens 26 unterschiedliche Rechtssysteme. Die Schweiz war damals noch kein einheitlicher Staat, sondern jeder Kanton entschied selbst, was Recht war und was nicht. Frauen hatten  kaum Rechte, wie wir sie heute kennen. Sie durften nicht wählen – politische Rechte hatten nur Männer», erzählt Dr. Erika Schläppi, das Schweizer Mitglied im UNO-Ausschuss gegen Frauendiskriminierung.

Wie in ganz Europa dominierte auch in der Ukraine und der Schweiz das patriarchale Modell. Bis ins Jahr 1985 war im Schweizer Gesetz ausdrücklich festgeschrieben: Das Familienoberhaupt ist der Mann. «Ein Mann konnte seiner Frau verbieten, arbeiten zu gehen. Gerade verheiratete Frauen galten damals oft als unliebsame Konkurrentinnen auf dem Arbeitsmarkt. Aber sie leisteten natürlich viel unbezahlte Arbeit zuhause», sagt Schläppi.

Was den Mutterschaftsurlaub betrifft, hinkt die Schweiz allerdings hinterher.

Zur selben Zeit waren Frauen in der Ukraine nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet zu arbeiten. Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahmen Frauen faktisch den Wiederaufbau des Landes. Sie arbeiteten für sogenannte «Arbeitstage», nicht für Geld. Das bedeutete, dass sie am Jahresende für jeden Arbeitstag bis zu 500 Gramm Getreide erhielten. Nach einem 12-Stunden-Tag auf dem Feld mussten sie auch zu Hause weiterarbeiten – Kinderbetreuung, Küche, Hausarbeit – alles blieb an den Frauen hängen.
Im 19. Jahrhundert durften Frauen an Schweizer Universitäten studieren – aber meist waren es Ausländerinnen. Clara Winnicki war 1900 die erste Schweizer Pharmaziestudentin in Bern, erlebte jedoch Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt. Zu dieser Zeit konnten ukrainische Frauen ebenfalls eine Ausbildung erhalten, allerdings gab es kein Pendant zum männlichen Diplom. Interessanterweise sind heute sowohl in der Schweiz als auch in der Ukraine 52 % der Studierenden Frauen!

Die heutigen Gesetze in der Ukraine sehen das gemeinsame Sorgerecht vor, gleichberechtigte Rechte in der Ehe sowie Ausgleichszahlungen im Falle einer Scheidung. Doch die Praxis zeigt weiterhin grosse Ungleichheiten. Ich kenne viele ukrainische Männer, die ihre Kinder und deren Mütter völlig im Stich gelassen haben – selbst angesichts von Krieg und Lebensgefahr haben sie sich nie nach ihrem Schicksal erkundigt. Wissen Sie, wie sie das erklären? «Die Ex-Frau ist schuld!» Das Gesetz bleibt oft nur auf dem Papier.

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«In der Schweiz ist es längst nicht mehr selbstverständlich, dass Kinder bei einer Scheidung automatisch bei der Mutter bleiben. Beide Elternteile sind verpflichtet, sich am Unterhalt der Kinder zu beteiligen – das ist gesetzlich verankert. Wenn ein Elternteil nicht zahlen kann oder will, zahlt der Staat dem erziehenden Elternteil die  elterliche Unterstützung und fordert das Geld anschliessend vom Schuldner zurück. Dieses System funktioniert tatsächlich», ergänzt Schläppi.

Was den Mutterschaftsurlaub betrifft, hinkt die Schweiz allerdings hinterher. Das Gesetz garantiert lediglich 14 Wochen bezahlten Mutterschaftsurlaub. Schläppi: «Diese 14 Wochen waren bereits ein grosser politischer Erfolg. Allerdings nehmen viele Frauen zusätzlich unbezahlten Urlaub, da sie nicht schon nach drei Monaten an den Arbeitsplatz zurückkehren möchten.»

In beiden Ländern haben Frauen heute formell gleiche Rechte – doch in der Wirklichkeit bleiben viele reale Ungleichheiten.

In der Ukraine sind derzeit 18 Wochen bezahlter Mutterschaftsurlaub gesetzlich garantiert, dazu gibt es die Möglichkeit einer Elternzeit bis zu drei Jahren. Das klingt sozialfreundlicher, doch die staatliche Unterstützung beträgt nur 860 Hrywnja im Monat (etwa 17 Franken) (!), was Frauen weiterhin abhängig vom Ehemann macht oder zwingt, einen Zusatzverdienst zu finden.

In beiden Ländern haben Frauen heute formell gleiche Rechte – doch in der Wirklichkeit bleiben viele reale Ungleichheiten. In der Schweiz verdienen Frauen in vergleichbaren Positionen rund 12 % weniger als Männer. In der Ukraine beträgt der Unterschied sogar 30 %! Das bedeutet, dass der Kampf um tatsächliche Gleichstellung noch längst nicht vorbei ist.
Und wie steht es um den Wunsch, Prinzessin zu sein? Gilt das nur fürs Wochenende?


Світлана Прокопчук

Двісті років боротьби за права: історичний шлях жінок в Україні і Швейцарії

“Наші жінки почуваються принцесами”, – переконувала мене екскурсоводка після відвідування єгипетського музею у Каїрі. – Вони не працюють, якщо не хочуть. А якщо працюють, то зароблені гроші можуть витрачати на власний розсуд. Завдання чоловіка – забезпечити родину”. Я не стала запитувати, чому серед тих жінок, що я побачила в Єгипті за тиждень, жодна не усміхалась. Можливо, не всі принцеси мають казкове життя. Натомість я згадала: українські жінки мали права у сімʼї та соціумі ще двісті років тому.  І задумалась: а чи не випереджали ми швейцарок?

Про жіночі права в Україні я читала у швейцарській бібліотеці(!). На книгу “Українські жінки у горнилі модернізації” я натрапила випадково у  Schweizerische Osteuropabibliothek. У науковому дослідженні йдеться про те, що вже двісті років тому жінки мали власність, на яку не міг посягати чоловік – це скриня з особистими речами. Жінка працювала у господарстві інколи не менше, ніж чоловік. Втім, вирощені овочі чи фрукти могла продавати окремо і гроші залишати собі. А в деяких регіонах України жінки самостійно контролювали усю господарську сферу. Щоправда, в інших, як свідчать архіви, жінці навіть не дозволялось ти дорогою поруч з чоловіком. Вона могла лише позаду. Втім, обʼєднувало усі регіони те, що саме чоловік був головою родини та приймав визначальні рішення. І навіть перед громадою, згідно, звичаєвого права, чоловік був відповідальним за поведінку дружини.

Зрештою, більшість дослідників дійшли висновку, що влада у родині належала дружині лише тоді, якщо чоловік її… дуже кохав. Щоправда, у подружжі, де головною була дружина, чоловіка висміювали.
За подружню зраду жінок засуджували більше, ніж чоловіків. А побиття дружини вважалось цілком нормальним покаранням. “Бʼє – значить любить” – ця приказка в українському суспільстві існує і досі.

Звісно, ситуація змінювалась. У 1917 році після розпаду Російської імперії в незалежній Українській Народній Республіці жінки отримали право голосу на виборах. Потім, коли Україна стала складовою Радянського Союзу, це право збереглось.

“В 1825 році у Швейцарії діяли щонайменше 26 різних правових систем. Тоді Швейцарія ще не була єдиною державою, а кожен кантон сам вирішував, що є законним, а що ні. Жінки не мали прав, про які ми знаємо сьогодні. Вони не могли голосувати – політичні права були лише у чоловіків”, – розповідала мені Erika Schläppi
Dr. iur., Rechtsanwältin.

Як і у всій Європі, в Україні та Швейцарії, панувала патріархальна модель. У швейцарському законодавстві до 1985 року так і було написано: голова родини – чоловік. “Чоловік міг заборонити жінці працювати. Жінок, – каже  Еріка, – сприймали як конкуренток на ринку праці”.
На той час в Україні жінки не тільки мали право, вони були зобов’язані працювати. Після Другої Світової війни фактично жінки взяли на себе відновлення країни. Працювали за “трудодні”, а не за гроші. Це означало, що в кінці року вони могли отримати за кожен робочий день до 500 грамів зерна. Після 12-годинного робочого дня на полі, жінки змушені були працювати ще й удома. Догляд за дітьми, кухня та прибирання у домі теж залишалось за жінками.

У 19 столітті жінки могли навчатись у швейцарських університетах, але лише іноземки. Clara Winnicki — перша швейцарська студентка фармації в Берні у 1900 р., але вона відчула дискримінацію на ринку праці. У цей час українські жінки вже могли здобувати освіту, втім, еквіваленту чоловічого диплома в Україні не було. Цікаво, що зараз і в Швейцарії, і в Україні 52% студентів університетів – це жінки!

Сучасні закони в Україні передбачають спільну опіку над дитиною, рівні права у шлюбі, компенсаційні виплати під час розірвання шлюбу, але практика досі має нерівності. Я знаю багатьох українських чоловіків, які напризволяще залишили дітей з їхніми матерями і навіть попри війну і небезпеку для життя ні разу не поцікавились їхньою долею. Знаєте, як вони це пояснюють? “Винна колишня дружина!” Закон лише на папері.
“А в Швейцарії вже давно не очевидно, що діти автоматично залишаються з матір’ю. Обидва батьки зобов’язані брати участь у вихованні – і це юридично прописано. Якщо один з батьків не може або не хоче платити – держава виплачує допомогу тому, хто виховує дитину, а потім стягує кошти з боржника. Тобто система реально працює” – додає Еріка.
А от щодо гарантованої декретної відпустки, то Швейцарія “пасе задніх”. Закон гарантує лише 14 тижнів оплачуваної декретної відпустки.   “Ці 14 тижнів – це вже був великий політичний успіх. Щоправда, більшість жінок беруть ще додаткову неоплачувану відпустку, бо не хочуть повертатися на роботу вже через три місяці”.

В Україні наразі оплачуваних декретних 18 тижнів плюс можливість продовження догляду за дитиною до 3 років. Звісно, це більш соціально сприятливо, але допомога від держави – 860 гривень на місяць (приблизно 17 франків)(!) – всеодно робить жінок залежними від чоловіків або змушують шукати додатковий заробіток.
В обидвох країнах жінки зараз мають формальні рівні права, але й рівні реальні нерівності. До прикладу, у Швейцарії жінки на аналогічних посадах заробляють на 12% менше чоловіків. В Україні – на 30%! Це означає, що за реальну рівність ще доведеться поборотись.
А як же бути із бажанням бути принцесою? Чи це лише на вихідних?