Zum Tod von Alex Tschäppät

von Christoph Reichenau 5. Mai 2018

Trotz der schweren Krankheit hat er miterleben dürfen, dass YB Schweizermeister geworden ist. Wenigen mag ich dies so gönnen wie ihm, der dies viele Jahre wünschte und wollte – für Bern.

Nie war es peinlich, wenn er von Bern als der «schönsten Stadt der Welt» schwärmte und die Vorzüge der Bundesstadt ins Licht rückte, denn er liebte sie wirklich, «seine» Stadt. Überhaupt war es selten peinlich, wenn er öffentlich redete, launig, humorvoll, angriffig, (selbst-)ironisch – Alex Tschäppät war ein rhetorisches Talent. Er fand den Draht zum Publikum. Und wenn es wirklich um etwas ging, wurde er unversehens ernst, persönlich, tiefgründig. Da merkten alle, dass er anders als man oft hörte, kein «Cüpli-Sozi» war, sondern ein liberaler Sozialdemokrat aus Überzeugung. Aus der Überzeugung, die Leitsterne der öffentlichen Ordnung müssten Gerechtigkeit, Chancengleichheit, Fairness und Solidarität sein. In der Meinung, Freiheit sei gut und recht, wenn sie gekoppelt sei mit jenem Minimum an Mitteln (Bildung, Sicherheit, Teilhabe, ein Lohn zum Leben), das jede und jeder benötige, um sich in die Gesellschaft, die Kultur, die Wirtschaft einbringen zu können. In dieser sozialdemokratischen Orientierung hatte er einen ähnlich sicheren Kompass wie Klaus Baumgartner, sein Vorgänger im Stadtpräsidium.

Den Spötter und Skeptiker Alex Tschäppät, der anscheinend zu allem einen Spruch reissen konnte, vervollständigte der innere Zweifler, der ernsthaft suchende Mensch. Unvergesslich sein Votum als Mitglied des Stadtrats in den 1990er Jahren gegen die reine Repression in der Drogenpolitik: Niemand sei «einfach so» vor Drogen sicher, jeden könne es treffen und sei es durch die eigenen Kinder, eine Drogenpolitik auf mehreren Säulen, darunter Beratung und Hilfe diene allen.

Alex Tschäppät war von 2005 bis 2008 als Stadtpräsident der Chef des Kultursekretärs, der ich damals war. Ein fordernder, kritischer, stets neu mit Ideen aufwartender Vorgesetzter. Kein Kontrollfreak. Als ich 2006 öffentlich deutlich mehr Geld für die Kultur forderte und Gemeinderäten dies missfiel, verteidigte Tschäppät das Vorgehen: Es sei Aufgabe des Kultursekretärs zur Kultur zu schauen – und es sei Aufgabe des Gemeinderats, dies finanziell einzumitten. So kam es dann.

Ein Stratege war er nicht, der Stadtpräsident von 2005-2016. Lange vorauszudenken und Schritt um Schritt einen Plan umzusetzen, das langweilte ihn. Er war spontan, ein Macher, einer, der sich begeistern liess und andere begeistern konnte. Natürlich konnte er methodisch vorgehen, aber nur wenn es unbedingt sein musste.

Es ist ungerecht, dass jemand so kurz nach der Pensionierung gehen muss. Von einer Krankheit innert kurzer Zeit hinweggerafft wird. Alex Tschäppät hätte auch ausserhalb des Amtes, das ihm so viel bedeutete, das eine lange Zeit sein Leben war, noch viel tun können für Bern. Und wollen. Dafür gebührt ihm grosser Dank.