«Zuerst passierte gar nichts»

von Eva Pauline Bossow 16. März 2013

Mit der Galerie da Mihi erfüllt sich Barbara Marbot einen Kindheitstraum. Und das, obwohl sie weiss, dass sich gerade mal eine von hundert Personen für den Kauf von Kunstobjekten interessiert.

«Das gefällt mir!» – Barbara Marbot möchte in ihrer Galerie da Mihi Kunst zeigen, die diese Reaktion auslöst, ohne gefällig zu sein. Online und offline. Aktuell stehen die güldenen Formen von Stefano Tondo in den Räumen zum Verkauf.

Haushaltslehrerin, Controllerin, Studentin – das war die Unternehmerin Barbara Marbot, bevor sie ihren Traum in einem hart umkämpften Markt verwirklichte. Als reines Web-Business begonnen, können die Objekte ihrer Galerie da Mihi jetzt auch «in echt» über den Ladentisch gehen. Seit der Zwischennutzung im ehemaligen Möbelhaus Anliker ist da Mihi Teil des LOEB-Stores Maggs am Bubenbergplatz. Das Angebot: zeitgenössische, visuelle Kunst in allen Techniken.

Wann erwachte der Wunsch in Ihnen, eine eigene Galerie zu eröffnen?

Barbara Marbot: 

Schon als Kind.

Ehrlich?

Ja, ich bin mit Künstlern aufgewachsen. Der frühe Traum ist mit der Zeit etwas in den Hintergrund gerückt, aber vor drei Jahren hat er sich heftig in Erinnerung gebracht. Ich habe angefangen, mich intensiv der Konsumentenseite der Kunst – wenn man das so sagen darf – zuzuwenden. Das heisst noch bewusster als zuvor Ausstellungen und Museen zu besuchen, mit Kunstschaffenden zu sprechen, hinzusehen und hinzuhören. Gleichzeitig begannen die Überlegungen, wie meine Vision einer Galerie ökonomisch in die Tat umgesetzt werden könnte.

Wie positionieren Sie sich gegenüber anderen Galerien?

Mein Fokus war immer auf dem breiten Publikum, weil ich selbst bei meinen Wanderungen durch die Kunstszene gemerkt habe, welche Hemmungen die Leute haben, da einzutreten. Unheimlich schade! Ich wollte immer, dass mehr Menschen von den Kreationen der Künstler profitieren können. Ein wichtiges Stichwort dabei: Inspiration. Viele meiner Ideen habe ich quasi durch ihre Arbeiten geschenkt bekommen. Das sollten wir viel mehr tun.

Die Berührungsangst rund um zeitgenössische Kunst und ihrer Sammler beruht oft auf dem Bild eines elitären, eingeschworenen Kreises. Wollen Sie das aufbrechen?

Ja, zum Beispiel durch einen Crashkurs, den ich anbiete. Dabei geht es nicht darum, in drei Stunden Experten auszubilden – wie auch! Sondern darum einen Überblick zu geben, und die Teilnehmenden dazu anzuregen, ihren eigenen Zugang zur Kunst zu entdecken.

Zum Unternehmen da Mihi – wie gross ist Ihr potentieller Kundenkreis?

Diese Zahl klingt wahrscheinlich erschreckend – ein Prozent der Bevölkerung. So gross – oder klein – ist der Anteil der Menschen, die sich für den effektiven Kauf von Kunstobjekten interessieren. Dazu gehören private, aber auch institutionelle Kunstsammler.

«Ein Prozent der Bevölkerung interessiert sich für den Kauf von Kunstobjekten»

Barbara Marbot, Galeristin

Eine Nadel im Heuhaufen – wo findet man diese Gruppe?

Man muss neue Kunden einsammeln, sie abholen und Chancen erkennen.

Was heisst das konkret?

Ein Moment, in dem sich Menschen überlegen, ob sie Kunstwerke kaufen sollen oder nicht, ist zum Beispiel, wenn sie ein Haus bauen. Gestaltung und Einrichtung werden zum Thema. Ich versuche sie dann dazu zu animieren, auch ein Budget für Kunst einzuplanen. Da muss man kreativ werden.

Eine Geschichte in diesem Zusammenhang sind Ihre Streifzüge durch Einfamilienhaus-Siedlungen.

Ja, manchmal ertappe ich mich dabei, wie ich vor einem Haus stehe, durch die Fenster schaue, weil Gardinen fehlen, und denke «Hey, da wäre Potential!» Das ist meine déformation professionelle.

Wenn ich zu den Kaufwilligen gehören würde – wie viel Geld müsste ich in die Hand nehmen, um ein Werk bei da Mihi zu kaufen? Und wie legen Sie die Preise Ihrer Objekte fest?

Die Preise unserer Kunstwerke berechnen wir nach zeitlichem Aufwand – den des Künstlers und den meinen. Ob der Künstler bekannter ist oder nicht, spielt dabei weniger eine Rolle.

Wie muss man sich das vorstellen?

Wenn ein Künstler beispielsweise drei Monate an einem Werk malt, dann würde ich davon ausgehen, dass drei Mal 4000 Franken als kostendeckend angemessen sind. Hinzu kommt mein Arbeitsaufwand. Gleichzeitig beziehen wir natürlich auch die Erfahrungen der Künstler selbst mit ein. Sie wissen ja, wie viel sie für welche Werke in der Vergangenheit erhalten haben. So kommen letztlich Preise zwischen 300 und 17’000 Franken zu Stande.

Welcher Moment war schwierig in Ihrer Entrepreneur-Geschichte und wohin soll es gehen?

Wirklich hart war der erste Tag. Der Startschuss.

Warum?

Es passierte nichts. Gar nichts. Nach wochenlangen Vorbereitungen und Ankündigungen besuchte am Tag 1 niemand die Website.

«Wirklich hart war der erste Tag. Es passierte nichts. Gar nichts.»

Barbara Marbot, Galeristin

Da habe ich erstmal geschluckt. Zum Glück stand zu diesem Zeitpunkt schon eine Ausstellung im Forum des Zentrum Paul Klee drei Monate später fest, die ich nicht absagen konnte, und die dann eine entscheidende Wende gebracht hat. Jetzt läuft es gut, und ich stecke voller Ideen für die Zukunft. Meine grosse Vision ist eine Verknüpfung von Museen und Galerien, so dass ein Museumsbesucher nach seinem Rundgang Kunst mit nach Hause nehmen kann. Noch ist es für die Umsetzung dieser Idee zu früh, weil die Museen Angst vor einem Imageverlust haben – aber die Zeit kommt.