Wird die Stadt zum Spielverderber?

von Anne-Careen Stoltze 14. Mai 2013

Eigentlich hat die Offene Kinderarbeit (DOK) in diesem Jahr einen Grund zum Feiern: der 20. Geburtstag steht an. Doch der Verein steht bald vor Geldsorgen – denn die Stadt will auch bei den Angeboten für Kinder und Jugendliche sparen.

Der Kinderchübu und der Längmuur-Spielplatz sind bei Kindern sehr beliebte Spielorte. Betrieben werden sie und viele andere Spielplätzen in der ganzen Stadt vom Dachverband offene Kinderarbeit (DOK), der in diesem Jahr gleich mehrere Jubiläen feiern kann. Der Längmuurspielplatz zum Beispiel wird 40 Jahre alt, der Spili Länggasse wird 25 und der DOK selber feiert seinen 20. Geburtstag.

«Wenn wir weiter sparen müssen, können wir nicht die ohnehin kleinen Stellenprozente kürzen»

Karin Mühlebach, Geschäftsleiterin Dachverband offene Kinderarbeit

Doch neben all der Feierlaune machen sich beim DOK auch Sorgen breit. Ob und wie der DOK bei einer allfälligen Kürzung seine Angebote im 2014 weiterführen kann, ist fraglich. Der Grund: Im Juni wird der Leistungsvertrag neu ausgehandelt. Und die DOK-Geschäftsleiterin Karin Mühlebach hat die Befürchtung, «dass die Stadt ihre Unterstützung kürzen wird». Die Einsparungen würden indes nicht im gleichen Ausmass wie bei der Vereinigung für Beratung, Integrationshilfe und Gemeinwesenarbeit (vbg) ausfallen, weil beim DOK die Kosten der Stadt Bern zum Grossteil über den Lastenausgleich vom Kanton finanziert werden. Trotzdem macht sich beim DOK Ratlosigkeit breit. «Wenn wir weiter sparen müssen, können wir nicht die ohnehin kleinen Stellenprozente kürzen – wir haben da kaum Spielraum», betont Mühlebach. Die Folge: entweder müssten Stellen abgebaut oder das Angebot eingeschränkt werden. «Eine andere Möglichkeit bei einer Kürzung haben wir bisher nicht, auch da die effektiven Kürzungen noch nicht ausgesprochen wurden.» 

vbg-Kürzungen haben Folgen für DOK

Zudem betreffen auch die Kürzungen bei der vbg den DOK und andere in der Gemeinwesenarbeit tätigen Organisationen. «Wir sind über die Quartierzentren miteinander vernetzt, dort läuft ein guter Anteil unserer Zusammenarbeit», sagt die Geschäftsleiterin des DOK. Finanziert wird der DOK zum grössten Teil von der Stadt Bern mit 1,7 Millionen Franken im laufenden Jahr. «Damit decken wir vor allem die Miet- und  Personalkosten», sagt Mühlebach. Derzeit gibt es beim DOK rund 15 Vollzeitstellen, die sich auf ca. 30 Angestellte verteilen. «Da ist es klar, dass wir viele niedrigprozentige Stellen haben, damit die Angebote abgedeckt werden können», erläutert Mühlebach und schiebt nach, «und schon jetzt realisieren wir 20 Prozent unserer Angebote über Eigenleistungen der Freiwilligenarbeit».

Bliebe noch die Möglichkeit, sich über einen Sponsor zu finanzieren. So wie es der DOK heute schon im kleinen Rahmen bei Grossanlässen macht. «Über diese Finanzierung müssten wir gut nachdenken, wenn es soweit ist», sagt Mühlebach.

«Wir wissen die Stossrichtung und die Höhe noch nicht, aber wir müssen sicher mit Einsparungen rechnen»

Stephan Wyder, Co-Geschäftsleiter Trägerverein für die offene Jugendarbeit

Auch der Trägerverein für die offene Jugendarbeit (TOJ) wird über einen Leistungsvertrag mit der Stadt Bern finanziert und erhielt im laufenden Jahr 1,7 Millionen Franken. Auch TOJ geht besorgt in die Verhandlungen mit der Stadt. «Wir wissen die Stossrichtung und die Höhe noch nicht, aber wir müssen sicher mit Einsparungen rechnen», sagt Co-Geschäftsleiter Stephan Wyder.

Sparen soll nur die Sozialdirektion 

Zu den Sparmassnahmen in der Gemeinwesenarbeit ist eine dringliche Motion hängig. GFL/EVP, GLP, BDP/CVP fordern vom Gemeinderat, dass die Stadt den Ausfall zur Hälfte oder zu zwei Dritteln zu kompensieren. Insbesondere soll der Gemeinderat zusammen mit den betroffenen Organisationen Alternativen ausarbeiten. Dies soll aber die Stadt unter dem Strich nicht mehr kosten. Deshalb fordern die Motionäre zudem, die Ausgaben «vollständig im Budget der BSS zu kompensieren». Wird der Vorstoss gutgeheissen, muss der Gemeinderat die Auswirkung bei einem Wegfall der Kantonsbeiträge und bei einer teilweisen Kompensation durch die Stadt aufzeigen.

Gemeinderätin Franziska Teuscher, Direktorin der BSS, geht davon aus, dass diese Motion wohl überwiesen wird. Schon jetzt sei man im Gespräch mit den betroffenen Organisationen, um gemeinsam zu prüfen, welche einschneidenden Sparmassnahmen «am wenigsten schlimm» wären. Insbesondere mit der vbg stehe man in Kontakt, so Teuscher. Bruno Müller, Präsident vbg, will sich zu den laufenden Verhandlungen nicht äussern. Vor Juni sei nichts spruchreif.

«Es ist mir ein Anliegen, diese Prozesse mit den Direktbetroffenen zu durchlaufen»

Franziska Teuscher, Direktorin für Bildung Soziales und Sport

«Es ist mir ein Anliegen, diese Prozesse mit den Direktbetroffenen zu durchlaufen», erklärt Teuscher. Sie Sozialdirektorin betont, dass ihr als Sozialdirektorin und Politikerin Basis- und Quartierarbeit Kernanliegen seien, für die sie im Gemeinderat und im Stadtrat kämpfe. Jedoch: Auch mit anderen Leistungsvertragspartnern werden mögliche Einsparungen und Leistungskürzungen zu prüfen sein. «Auch innerhalb der Sozialdirektion werden auf Grund der finanzpolitischen Vorgaben des Stadtrates und kantonaler Sparbeschlüsse erneute Sparmassnahmen unumgänglich sein», so Teuscher. Für die Sozialvorsteherin ist klar, dass man dem Stadtrat transparent eine Vorlage unterbreitet, wo, weshalb und mit welchen Konsequenzen auf Grund der Sparvorgaben Leistungsabbau erfolgen werde. Dies auch unter dem Eindruck weiterer anstehender Sparrunden.

Welche Angebote konkret betroffen sein werden, steht noch nicht fest. Da die Sparmassnahmen bereits ab 2014 umgesetzt werden müssen, drängt die Zeit. Franziska Teuscher ist sich bewusst, dass diese Einsparungen die Bevölkerung direkt treffen. Es sei ein grosse Herausforderung, die Sparmassnahmen «so sozialverträglich wie möglich zu gestalten und Härtefälle zu vermeiden».