«Wir müssen unsere Grossprojekte konsequent vorantreiben!»

von Willi Egloff & Noah Pilloud 26. März 2025

Stadtpolitik Seit knapp drei Monaten ist Marieke Kruit die erste bernische Stadtpräsidentin. Journal B hat mit ihr über ihre bisherigen Erfahrungen und über Prioritäten für die kommenden Jahre gesprochen.

Journal B: Seit bald drei Monaten ist der Gemeinderat personell neu aufgestellt. Drei Personen sind ausgeschieden, drei Neue dazugekommen. Hat sich ausser dem Personellen auch die Arbeitsweise verändert?

Marieke Kruit: Es war eine spezielle Situation, weil alle fünf Direktionen einen neuen Direktor oder eine neue Direktorin erhalten haben. Ich glaube, das hat es in der Geschichte noch nie gegeben. Das bringt viele Herausforderungen mit sich, aber auch viel Chancen. Ich bin sehr zufrieden damit, wie es läuft. Wir hatten eine Retraite, in der wir darüber gesprochen haben, wie wir künftig zusammenarbeiten wollen. Es gibt neue Dynamiken, die ich als gut empfinde. So haben wir beispielsweise eine gute Debattenkultur, wie ich finde. Von den drei neuen Mitgliedern gibt es neue Impulse, auch das begrüsse ich.

Es war zu lesen, dass die Verteilung der Direktionen nicht ganz einvernehmlich verlief. Hat das Nachwirkungen auf die Zusammenarbeit? Oder haben sich inzwischen alle Gemeinderatsmitglieder damit abgefunden, welche Direktion sie erhalten haben?

Das war natürlich eine intensive Zeit, in der wir sehr viel miteinander diskutiert und gewisse Kriterien ins Spiel gebracht haben – aber das muss ich ja nicht wiederholen. Das war alles zu lesen. Jetzt habe ich das Gefühl, dass alle am richtigen Ort sind. Wir arbeiten konstruktiv zusammen.

Sie haben diesen Prozess angeleitet. Worauf haben Sie bei der Direktionsverteilung besonderen Wert gelegt?

Wir haben auf verschiedene Kriterien Wert gelegt. Ich muss dazu noch sagen: Ich habe zwar die Sitzung angeleitet, das stimmt, aber entschieden hat das Gremium, nicht ich als Stadtpräsidentin. Was die Kriterien anbelangt: Da haben wir zum Beispiel über Erfahrung gesprochen. Was bringt jeder und jede in den verschiedenen Bereichen an Erfahrung mit? Ein weiterer Aspekt waren die jeweiligen Vorlieben. Was wir ebenfalls in die Waagschale werfen mussten, war die Frage nach dem Umgang mit unserer politischen Minderheit. Wir haben ja vier rot-grüne Sitze und einen bürgerlichen.

Foto: Livia Walker

Versuchen wir, die neue Zusammensetzung durch eine inhaltliche Frage fassbar zu machen: Der frühere Gemeinderat hat sich für den Ausbau des Autobahnanschlusses Wankdorf ausgesprochen, im heutigen Gemeinderat ist eine Mehrheit gegen den Ausbau. Ausserdem haben sich durch die Volksabstimmung über den Ausbau der Autobahn die Rahmenbedingungen verändert. Wie geht ein Kollektivgremium mit einer solchen Situation um? Hält der neue Gemeinderat an der früher gefassten Position fest, versucht er umzusteuern oder startet die Planung wieder von vorn?

Das Wankdorf-Projekt liegt derzeit beim zuständigen Departement des Bundes. Zudem hat der alte Gemeinderat eine Einsprache gemacht, um im Prozess dabei zu bleiben. Bei der Abstimmung im November hat sich die städtische Bevölkerung sehr deutlich gegen den Ausbau von Autobahnen ausgesprochen. Die Projekte Anschluss Wankdorf und der Bypass Bern-Ost standen dabei allerdings nicht zur Debatte. Aber das sind Aspekte, die wir nun in den Diskussionen mitberücksichtigen müssen.

Heisst das, Sie beginnen eine neue Diskussion?

Wenn man drei neue Mitglieder hat, muss man viele Dinge wieder neu diskutieren und erneut eine Meinungsbildung durchführen.

Mit Blick auf die Finanzen ist es wichtig, dass wir Prioritäten setzen.

Ein zweites inhaltliches Beispiel, an dem sich die Unterschiede vom alten zum neuen Gemeinderat zeigen, ist die Auseinandersetzung um die Reitschule. Machen sich die neue Zusammensetzung des Gemeinderats und die neue Direktionsverteilung im Umgang mit der Reitschule bemerkbar?

Gleich nach meinem Start als Präsidentin ist dieses Thema aktuell geworden. Die Reitschule schloss von sich aus für zwei Wochen ihre Türen. Weil die Heftigkeit der Gewalt vor der Reitschule stark zugenommen hatte und es letzten Endes um den Schutz der jungen Leute, der Personen, die dort arbeiten, aber auch der Polizei geht, war es wichtig, dass wir die Gespräche führen konnten. Ich bin sehr froh, haben wir diesen runden Tisch geschaffen, bei dem von der Politik über Polizei bis zur Reitschule alle dabei waren. Das hatte es davor schon längere Zeit nicht gegeben. Mir ist wichtig, dass wir nicht übereinander, sondern miteinander sprechen. Wir sind aber noch nicht am Ziel, es laufen derzeit weitere Gespräche in ganz unterschiedlichen Konstellationen. Der Dialog läuft momentan aber gut, und ich bin zuversichtlich, dass es so weitergehen wird.

Haben denn diese Gespräche aufgrund der personellen Veränderungen eine neue Dynamik erhalten?

Als Direktorin für Tiefbau, Verkehr und Stadtgrün war ich vorher nicht an diesen Gesprächen beteiligt gewesen, deshalb habe ich auch keinen Vergleich. Mir war es nun als Stadtpräsidentin aber wichtig, dass ich persönlich an den Gesprächen beteiligt bin, damit ich spüre, wo die Probleme und Anliegen sind.

Im Wahlkampf haben Sie sich für eine bessere Zusammenarbeit zwischen den Direktionen stark gemacht. Im Fragebogen-Interview mit dieser Redaktion haben Sie gesagt, es brauche «mehr und verbindliche direktionsübergreifende Zusammenarbeit». Konnten Sie bisher schon Schritte in diese Richtung unternehmen?

Das habe ich bereits in meiner alten Direktion in die Wege geleitet. Wir nennen das «Stadtportfolio». Das bedeutet, dass alle, die in der Stadt mit Planung und Bau zu tun haben, miteinander Prioritäten definieren – sei es die Verkehrsplanung, das Tiefbauamt oder das Stadtplanungsamt. Das hat sich sehr gut etabliert, und die Verantwortung dafür habe ich nun mitgenommen und ich werde das sicher weiterführen. Das auch mit Blick auf die Finanzen, und da ist es wichtig, Prioritäten zu setzen.

Foto: Livia Walker

Kommen wir auf den Verkehr zu sprechen. Da sind Sie zwar nicht mehr direkt zuständig, können aber bestimmt auf viel Erfahrung zurückgreifen. Erklärtes politisches Ziel der Stadt ist die Reduktion von Parkplätzen. In Wirklichkeit haben wir heute aber mehr innerstädtische Parkplätze als 2019 – zwar weniger öffentliche, dafür mehr private. Die Folge sind unendliche Staus am Morgen und am Abend auf den Ausfallstrassen. Was kann die Stadt dagegen tun?

Mir ist es wichtig, dass wir nicht nur von Verkehr, sondern von der Mobilität sprechen und diese als Ganzes anschauen-  nicht nur die Parkplätze. Und da muss man sich bewusst sein: Wir sind eine Pendlerinnen- und Pendlerstadt. Plus-minus wohnen 146′ 000 Menschen in Bern und 200′ 000 Menschen arbeiten hier. Das heisst, wir haben grosse Pendlerströme. Da müssen wir hinschauen, und das gelingt nur, indem wir die nachhaltige Mobilität in der Stadt fördern. Dabei müssen wir über die Stadtgrenzen hinaus denken und die Probleme mit der Agglomeration und der Region gemeinsam anschauen. Bei all dem gilt aber, dass wir den öffentlichen Verkehr, den Fussverkehr und den Veloverkehr priorisieren.

Was den Parkplatzabbau angeht: Der geht voran. Wir haben allerdings auch immer viele Einsprachen, was dazu führt, dass es Jahre dauert. Als Verkehrsdirektorin war es mir immer wichtig, den Leuten zu erklären, warum wir die Parkplätze abbauen. Die meisten wollen Parkpätze abbauen, aber lieber nicht vor ihrer Haustür. Und ich finde, wir müssen auch zwischen Individualverkehr und Wirtschaftsverkehr unterscheiden. Ich kann das nicht oft genug wiederholen: Wenn ich eine*n Sanitärinstallateur*in brauche, bin ich froh, wenn sie nicht zwei Stunden zu spät kommt wegen des Staus.

Die städtische Verkehrspolitik wird auch vom Bund behindert. Beim By-Pass Ost bockt das ASTRA, bei der Planung der zweiten Tramachse bockt die Bundesverwaltung. Gibt es angesichts der klaren Mehrheiten in der Bevölkerung keine Möglichkeiten, die Anliegen der Stadt offensiver zu vertreten?

Wie gesagt, Mobilität hört nicht einfach an der Stadtgrenze auf. Wir sind aufeinander angewiesen, wir auf die Region und die Region auf uns. Klar müssen wir dabei unsere Position deutlich machen. Ich habe allerdings das Gefühl, dass wir bei ganz vielen Dingen nicht so weit voneinander entfernt sind. Wir müssen auch respektieren, dass es für die Menschen in ländlichen Gemeinden andere Rezepte benötigt als in der Stadt Bern.

Hauptsorge der städtischen Bevölkerung ist wohl das Wohnen. Die Bevölkerung nimmt zwar in den letzten Jahren wieder zu, aber die Mietpreise steigen weit schneller als die Teuerung. Was kann die Stadt dagegen tun? Sie besitzt nur eine relativ kleine Anzahl von Wohnungen und kann daher nur indirekt auf den Wohnungsmarkt einwirken.

Wir müssen unsere Grossprojekte konsequent vorantreiben. Ich spreche da von Viererfeld/Mittelfeld, Gaswerkareal und dem Entwicklungsschwerpunkt Ausserholligen. Es läuft aber jetzt schon einiges – ich denke da auch an Wankdorf City III und das Meinen-Areal, wo zurzeit Wohnungen entstehen. Es läuft also einiges. Zudem gibt es noch die Rahmenkredite, für die sich der frühere Gemeinderat Aebersold eingesetzt hat. Diese erlauben es uns, Liegenschaften zu kaufen, um kostengünstigen Wohnraum zu schaffen. Ich bin aber mit Ihnen einig: Es gibt zu wenig bezahlbaren Wohnraum.

Im Positionspapier der SP vom September 2019 wird verlangt, dass die Stadt bis ins Jahr 2030 3’500 Wohnungen in ihrem Bestand habe und auch die Burgergemeinde bei der Schaffung von günstigem Wohnraum in die Pflicht nehme. Das müsste also im Wesentlichen in der jetzigen Legislaturperiode geschehen. Ist die Stadt heute im Plan?

Die genauen Zahlen kann ich nicht auswendig. Es ist aber einiges gegangen. Man kann aber nie genug Wohnungen bauen. Oft ist es ja so: Lange Zeit stagniert es, dann kommen die grossen Areale und dann springt die Zahl auf einmal stark. Und momentan sind wir bei den grossen Arealen dran.

Sie haben die Projekte Viererfeld/Mittelfeld und Gaswerkareal angesprochen. Bei erstem gab es ja einige Verzögerungen. Beim Gaswerkareal läuft noch alles nach Plan, es zeichnen sich allerdings auch da Schwierigkeiten ab. So kritisieren etwa die Anstadt oder der Gaskessel die Planung. Wie stellen Sie sicher, dass es hier keinen Rückschlag gibt wie beim Viererfeld?

Es wäre blauäugig zu glauben, solche Grossprojekte gingen einfach schnell, schnell. Für die Menschen in der Umgebung bedeutet das immer auch eine Veränderung. Deshalb ist es wichtig, die Leute möglichst früh einzubeziehen. Im Gespräch mit ihnen müssen wir deutlich machen, wo wir Spielraum haben und wo nicht. Beim Gaswerkareal ist das am Laufen, mit dem Gaskessel sind wir seit Langem im intensiven Austausch. Dieses Dossier ist allerdings nicht nur bei mir, sondern auch bei Melanie Mettler. Auch nach dem bevorstehenden Abschluss des Planungsverfahrens werden wir die Gespräche mit den Anrainern weiterführen. Es ist dem ganzen Gemeinderat ein Anliegen, dass wir hier Lösungen finden. Auch mit der Anstadt werden wir Gespräche führen.

Wir wollen vom Kunstmuseum über den aufgewerteten Waisenhausplatz bis zum Museumsquartier eine Kunst- beziehungsweise Museumsmeile realisieren.

Das gleiche Positionspapier fordert auch eine stärkere soziale Durchmischung in den Quartieren. Das soll unter anderem durch städtische Zukäufe und eigenes Bauen erfolgen. Momentan entsteht eher der Eindruck, dass es in die andere Richtung läuft, z.B. in der Lorraine. Täuscht das?

An gewissen Orten gibt es Gentrifizierungstendenzen. Die angesprochenen Rahmenkredite sind auch dafür gedacht, hier lenkend einzugreifen. Es braucht aber nicht nur die Stadt, sondern auch die Privaten. Im Übrigen finde ich es auch wichtig, dass wir bei der Durchmischung auch an die Altersstruktur denken und ältere Generationen nicht vergessen. Da gibt es zahlreiche Stadtratsvorstösse – ich habe selbst mal einen eingereicht – zum Generationenwohnen.

Und warum macht die Stadt nicht eine rigorose Mietpreiskontrolle, wie sie beispielsweise in der Stadt Basel existiert?

Bei unseren subventionierten Wohnungen machen wir das ja bereits. Weit zurück wurde das vernachlässigt, aber da sind wir nun dran zu schauen, dass diejenigen Leute, die das auch wirklich benötigen, in diesen Wohnungen wohnen. Allerdings ist es so, dass die Leute in der Wohnung bleiben können, wenn sie die Kriterien nicht mehr erfüllen, sie müssen einfach mehr bezahlen. Damit kann dann aber anderer Wohnraum subventioniert werden.

Im November war sie die strahlende Siegerin: Marieke Kruit nach ihrer Wahl zur Stadtpräsidentin. (Foto: David Fürst)

Haben Sie denn im privaten Bereich heute ein Mittel, um Totalsanierungen mit anschliessend viel höheren Mieten zu verhindern?

Eher nicht, nein. Aber wir müssen bei uns selbst beginnen und schauen, dass wir nicht zu teuer sanieren.

Was kann die Stadt tun, um die kulturell unterschiedlichen Bevölkerungsteile noch besser in das städtische Leben einzubinden und die Bildung von in sich abgeschlossenen Parallelgesellschaften zu verhindern? Ein positives Beispiel ist sicher das Haus der Religionen. Gibt es noch weitere solche Beispiele?

Die Lateinamerikaner*innen veranstalten immer wieder Feste, bei denen die Stadt Bern involviert ist und häufig jemand aus dem Gemeinderat anwesend ist. Da kommen die Veranstaltenden jeweils auf uns zu und suchen den Kontakt. Und wir schauen jeweils, ob man sie mit einer Gebührenbefreiung unterstützen kann. Aber wir sind darauf angewiesen, dass die Leute auf uns zukommen. Ich finde es schön, wenn dieser Kontakt zwischen den Kulturen stattfindet und habe auch den Eindruck, dass die Bernerinnen und Berner sehr interessiert und offen sind.

Journal B unterstützen

Unabhängiger Journalismus kostet. Deshalb brauchen wir dich. Werde jetzt Mitglied oder spende.

Die Stadt Bern hat sich eine neue Kulturstrategie gegeben, die insbesondere die Förderstrukturen verändert hat. So wurden insbesondere die Spartenkredite zu einem Projekt- und Programmförderungskredit zusammengefasst, über welche nun eine spartenübergreifende Fachkommission entscheidet. Zeitungsberichten war zu entnehmen, dass die bisherigen Spartenkommissionen eher dagegen sind. Halten Sie trotzdem daran fest oder sind Korrekturen erforderlich?

Für mich ist es immer wichtig, dass man etwas Neues auch mal anlaufen lässt nachdem man es eingeführt hat und nicht gleich wieder aufhört. Solche Veränderungen benötigen immer Zeit. Ich verstehe das auch als einen lernenden Prozess. Wir müssen jetzt Erfahrungen sammeln und danach schauen, wo Verbesserungen angebracht sind. Jetzt alles über den Haufen zu werfen, wäre verfrüht.

Eines der grösseren Projekte ist der Plan eines Museumsquartiers. Von aussen gesehen ist nicht so klar, ob die Stadt das für eine gute Idee oder für zu gross hält. Wäre es nicht wichtig, dass die Stadt hier offensiver auftritt?

Das Projekt Museumsquartier ist im Gemeinderat breit abgestützt. Im Hintergrund läuft da sehr viel. Sowohl der Neubau beim Kunstmuseum als auch das Museumsquartier können für die Stadt eine riesige Aufwertung bedeuten. Beim Museumsquartier ist es zudem wichtig, darauf zu schauen, dass wir mit dem Innenhof einen Mehrwert fürs Quartier schaffen können. Grundsätzlich schwebt uns vor, dass wir vom Kunstmuseum über den aufgewerteten Bärenplatz/Waisenhausplatz bis zum Museumsquartier eine Kunst- beziehungsweise Museumsmeile realisieren können.

Gibt es dafür eine zeitliche Perspektive?

Beim Kunstmuseum ist gerade erst der Wettbewerb durch, nun stellt sich die Frage nach der Gestaltung des Aussenraums. Beim Bärenplatz/Waisenhausplatz hoffe ich sehr auf ein Ja bei der Abstimmung im Mai.

Foto: Livia Walker

Im Positionspapier der SP vom Januar 2024 wird vorgeschlagen, dass die Stadt Bern sich als Kulturhauptstadt Europas bewerben solle. Ist dieses Gesuch schon abgeschickt?

Nein, das ist noch nicht geschrieben. Erst einmal ist es wichtig, dass wir mit den laufenden Projekten unsere Hausaufgaben machen. Grundsätzlich dürfen wir als Stadt in dieser Hinsicht aber sicher selbstbewusster nach aussen auftreten. Mit der Euro steht ein Grossanlass an, der zwar vorrangig mit Sport, aber auch mit Kultur zu tun hat. Das wird eine Ausstrahlung weit über unsere Stadtgrenzen hinaus haben.

Die Kultur in der Stadt Bern leidet auch darunter, dass es immer weniger Kulturjournalismus gibt. Bund und BZ berichten allenfalls noch über Veranstaltungen von Bühnen Bern, aber nur noch ausnahmsweise über die ganze freie Szene. Sie besprechen Filme von Netflix oder den «Tatort», aber kaum mehr das lokale Kinoprogramm. Die BKA kämpft trotz Unterstützung durch die Stadt um ihr Überleben. Welche Möglichkeiten hat die Stadt, um über die Förderung des Kulturjournalismus die Sichtbarkeit der städtischen Kultur zu erhöhen?

Die Stadt kann sicher die Medienschaffenden auf spannende Veranstaltungen hinweisen und den Kontakt pflegen. Es ist aber nicht nur die lokale Kultur, die in den Medien nicht mehr so stark stattfindet. Die kommunalen Themen und Anliegen sind allgemein nicht mehr so präsent wie früher. Das kann man bedauern, aber ich glaube, es ist umso wichtiger, in den sozialen Medien präsent zu sein. Da müssen die Kulturschaffenden selbst ebenfalls dazu beitragen. Die Art und Weise, wie die Leute Kultur konsumieren, hat sich nun mal verändert. Diesen Gegebenheiten muss man sich anpassen.

Das Projekt Museumsquartier ist im Gemeinderat breit abgestützt.

Ist es denn Ihrer Meinung nach eher ein Interessenmangel als ein Ressourcenproblem?

Nein, ich denke nicht, dass es ein Interessenproblem ist. Ich habe nicht das Gefühl, dass die Medien sich nicht für die Kultur interessieren. Natürlich ist das auch ein Ressourcenproblem.

Was wünschen Sie sich von den Berner Medien für die kommende Legislatur?

Es ist nicht an mir, den Medien vorzuschreiben, was sie zu tun haben. Ich freue mich aber natürlich über ein Interesse an den kommunalen Themen. Und darüber, dass die Medienschaffenden auch vor Ort sind, wenn wir zu Medienanlässen einladen, und wir diesen Austausch pflegen können.