Ich bin eben aus dem Spital zurück. Es war ein gutes Berner Spital. Ich war dort nicht bloss die Hüfte, sondern der Herr Steiger.
Wenn man lange Zeit flach liegt, denkt man nach. Zum Beispiel, wie das ist mit dem Pflegepersonal. In letzter Zeit hat man viel gelesen, dass sich dieses sexuell belästigt fühle, durch Worte, Blicke, Andeutungen.
Das gibt zu denken. Etwa über die Kompliment- und die F-Frage. F wie Frisur geht, F wie Figur geht nicht. Etwas deutlicher: Wenn ich der Pflegefachfrau sage, dass sie eine hübsche Frisur hat, wird sie sagen: «Ach wirklich, merci.» Und denken: «Was für ein netter alter Mann.»
Wieso machen Libidobefreite alte Säcke ungefragt sexuell befrachtete Qualitätsurteile?
Wenn ich zur gleichen Pflegefachfrau sage, dass sie eine tolle Figur hat, wird sie sagen: «Ach so, ja, ja.» Und denken: «Was für ein geiler alter Bock.»
Frisur ist gut. Figur ist schlecht. Aber nicht für alle. Viele meiner Altersgenossen glauben, dass sie Frauen gegenüber ungefragt sexuell befrachtete Qualitätsurteile abgeben müssen. Wieso machen libidobefreite alte Säcke das? Sie machen‘s erstens wegen der Aussenwirkung. Sie wollen all denen da draussen beweisen, dass sie noch wirkmächtige Reproduzenten sind. Sie machen‘s zweitens wegen der Innenwirkung. Sie bestätigen sich selbst, dass sie in der Hose immer noch ihren Mann stehen.
Ich frage mich oft, weshalb alte Chnuschtis überzeugt sind, dass Frauen bei ihnen weiche Knie bekommen. Der Bauch ist dick, die Beine sind dürr, das Haupthaar oben ist schütter, das Nebenhaar unten grau.
Halt, nur alte Chnuschtis? Da meldet sich doch der Gemischte Chor. Das geht doch alle an, auch die mit Waschbrettbauch und Athletenbeinen.
Das Pflegepersonal ist oft sexueller Belästigung durch Worte, Blicke und Andeutungen ausgesetzt. (Foto: David Fürst)
