Wenn der Lehrling dem Meister (ein bisschen) den Meister zeigt

von Manuel C. Widmer 21. September 2013

GFL-Stadtrat Manuel C. Widmer über die Medienkonferenz des Berner Gemeinderates zum überarbeiteten Nachtlebenkonzept.

Die Position eines Polit-Chef-Magiers muss verdient sein, hart verdient. Deshalb reagieren Chef-Magier immer etwas arrogant, zerknirscht oder chefmässig, wenn der Lehrling beginnt, das Gelernte frei anzuwenden. Noch ärgerlicher ist es, wenn der Zauberlehrling dem Merlin den Meister zeigt.

Offensichtlich haben die jugendlichen Zauberlehrlinge den Stab gekonnt geschwungen. Noch vor 2 Jahren knurrten Merlin Tschäppät und Dumbledore Nause unverständliche (Ver-)Flüche in den (nicht vorhandenen) Bart, als ein Haufen Zauberschüler ein Konzept für ein lebendiges Nachtleben forderten. Dies nach dem an der Winkelgasse zu viele Zauber-Clubs und Besen-Bars geschlossen wurden.

20’000 tanzen auf dem Blocksberg

Die Zauberlehrlinge steckten ihre Köpfe tief ins Zauberbuch und versuchten diverse Sprüche und Bewegungen aus. Und siehe da: Es formiert sich eine Gruppe Zauberlehrlinge, gleichzeitig spannen die Betreiber aus der Winkelgasse zusammen und an einem warmen Frühsommerabend treffen sich 20’000 auf dem Blocksberg und tanzen. Tanzen für ein attraktives, selbstbestimmtes, jugendfreundliches, zeitgemässes und hauptstadtwürdiges Nachtleben – nicht nur in Klubs, auch ausserhalb von Hogwarts und Camelot soll getanzt werden dürfen.

Und nicht nur das: Entgegen der althergebrachten Zauberart forderten die Zauberlehrlinge so Ungewöhnliches wie Runde Tische, bevor die Zauberer ihre Sprüche niederschreiben durften (was später von Rittern auf Camelot übernommen wurde). Zudem bedienten sie sich der Herolde, um ihre Nachricht ins Land zu tragen und waren auch sonst hartnäckig. Einen ersten Entwurf hielten sie für faulen Zauber und verbannten ihn mit einem Zauber zurück in die Sicherheits-Büchse der Pandora.

Zauberbuch für mehr Freiräume

Nun liegt das Werk vor – und die Zauberer haben von den Lehrlingen gelernt: Das Werk enthält 18 Zaubersprüche. Zaubersprüche für Dumbledores Magie-Ministerium, Zaubersprüche für die Bewohner der Winkelgasse oder Camelots, Zaubersprüche für Kultur- und Nachtlebenanbietende, magische Sprüche für die Jungzauberer, um sich Freiräume zaubern zu können.

Und siehe da: Nach dem alle Beteiligten mitreden durften, nach dem alle Beteiligten ernst genommen wurden, nach dem ein paar tausend Potters etwas Druck gemacht hatten, wurde aus dem «crambe» (lat. Chabis) ein mehr als ansehnliches Werk mit einer noch ansehnlicheren Präambel. Schön, dass die Meister von den Zauberschülern gelernt haben! Schade, dass Merlin es nicht lassen konnte, die Vernissage des Buches für einen weiteren Seitenhieb gegen die freie Zauberschule «Gaskessel» zu strapazieren.

Jetzt aber soll und kann mit dem neuen Buch gezaubert werden. Jetzt müssen vor allem die Lehrlinge beweisen, dass sie mit dem neuen Zauber umgehen können, dass sie verantwortungsvoll zu zaubern wissen. Und die Meister müssen zeigen, dass der neue Zauber nicht nur aus Tricks besteht.

Und: Nicht immer muss der Meister den Lehrling bzw. den Besen mit den Worten «In die Ecke, Besen! Besen! Seid’s gewesen» in die Schranken weisen. Manchmal kann man ihn nach getaner Arbeit auch einfach in die Ecke (der Nägeligasse 2) stellen.