In meiner Kindheit in Kosovo konnten wir uns keine ärztliche Versorgung leisten. Meine Mutter war unsere Krankenschwester und unsere Ärztin. Mit dem wenigen, was ihr zur Verfügung stand – Kräuter aus dem Garten oder Pflanzen aus der Umgebung – präparierte sie Öle oder Umschläge. Ob es genützt hatte, kann ich nicht sagen, aber irgendeinmal wurden wir tatsächlich wieder gesund. Und wenn ein Zahn schmerzte, dann mussten wir zu einem Dorfbewohner gehen. Er nahm eine Zange und die Schmerzen waren weg. Der Zahn allerdings auch.
Wie froh wären wir gewesen um ärztliche Hilfe oder Unterstützung. So etwas gab es damals in Kosovo nicht. Kürzlich habe ich aber durch Zufall eine Organisation kennengelernt, die genau solche Dienste in medizinisch unterversorgten Regionen anbietet. Und die Organisation hat ihren Sitz sogar in Bern, da wo ich seit Jahren lebe und arbeite – im Gesundheitswesen nota bene. Die Organisation nennt sich «Ärzte für Ärzte (AfA)». In diesem Jahr feierte sie ihr fünfjähriges Bestehen mit einem kleinen, familiären Anlass in der Elfenau. Ich war neugierig, ging hin und lernte Menschen kennen, die ich mir für den Kosovo seinerzeit gewünscht hätte.
Wie froh wären wir gewesen um ärztliche Hilfe oder Unterstützung. So etwas gab es damals in Kosovo nicht.
«Ärzte für Ärzte (AfA)» wurde 2019 gegründet. Die Mitglieder arbeiten zusammen mit dem Projekt M3 Nordsyrien des Dachvereins «Delta», welche einige Jahre zuvor gegründet wurde. Die Mitglieder setzen sich dafür ein, dass Menschen in medizinischer Notlage Zugang zu medizinischer Grundversorgung und Betreuung haben. Sie haben engen und regelmässigen Kontakt mit dem Personal vor Ort unter dem Motto «Jeder Mensch hat das Recht auf medizinische Versorgung.»
Durch ihre Homepage erfuhr ich, dass unter den Vereins- und Vorstandsmitgliedern des Projekts sogar ehemalige und heutige Arbeitskollegen von mir aus der Orthopädischen Chirurgie des Inselspitals sind. Neben ihrem anspruchsvollen Job im Spital in Bern setzen sie sich ein und engagieren sich für Menschen, die in medizinisch unterversorgten Regionen leben. Im Verein sind sie ehrenamtlich aktiv. Ich staune und bewundere ihre Kräfte und ihren Helfergeist.
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Das Engagement dieses Vereines berührt mich. Und erinnert mich an die 1990er-Jahre und an Erzählungen meines Bruders, der im Krieg, ebenfalls meist ehrenamtlich, als Arzt tätig war. Nach dem Krieg erzählte er mir von seiner Arbeit. Er hatte sich zu Hause eine sehr einfache Praxis eingerichtet. Von da aus versorgte er die Bewohner*innen in den umliegenden Dörfern mit dem Allernötigsten. Er sagte mir: «Viele Dorfbewohner waren finanziell nicht in der Lage, die Medikamente zu bezahlen, geschweige denn meine Leistungen.» Der Verein «Mutter Theresa» war damals im Land aktiv und versuchte, die grösste Not zu lindern. Aber auch seine Helferinnen konnten nicht überall sein.
«Ärzte für Ärzte (AfA)» ist für mich ein Zeichen der Hoffnung für Menschen in medizinisch unterversorgten Ländern und Regionen. Und es ist ein Beweis dafür, dass ganz in meiner Nähe Gutes getan wird, ohne dass ich bisher davon wusste.