Was für die Asylgesetzrevision spricht – zwei Meinungen

von Anne-Careen Stoltze 23. Mai 2013

Für Marianne Streiff (EVP) und Werner Luginbühl (BDP) ist die Lage klar: das verschärfte Asylgesetz vereinfacht und verkürzt die Verfahren. Aber sie fordern auch, dass «renitente» Asylbewerber härter angepackt werden sollten. 

Warum Marianne Streiff die Vorlage unterstützt:

«Die dringlichen Änderungen im Asylverfahren, über welche wir am 9. Juni abstimmen, sind bereits seit September 2012 in Kraft. Sie sollen ermöglichen, die heute viel zu lange dauernden Asylverfahren zu verkürzen. Zu diesem Zweck wurde der Bundesrat ermächtigt, in einer zweijährigen Testphase neue Abläufe zu testen, die es ermöglichen sollen, einfache Verfahren und Dublinverfahren in viel kürzerer Zeit zu erledigen. Neu sollen dazu alle Abklärungen vor Ort und nur durch eine zuständige Stelle in einem Bundeszentrum gemacht werden.

«Mit humanitären Visa kann weiterhin, Menschen in Gefahr unbürokratisch in die Schweiz holen.»

Marianne Streiff, EVP-Nationalrätin

Die kürzeren Beschwerdefristen werden durch eine unentgeltliche Rechtsberatung und –vertretung ausgeglichen. Ausserdem können Bauten des Bundes neu bewilligungsfrei für höchstens drei Jahre zur Unterbringung von Asylsuchenden genutzt werden. Asylsuchende, welche die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährden oder den Betrieb eines Asylzentrums erheblich stören, können künftig in gesonderten Zentren für «renitente» Asylsuchende untergebracht werden. Dies ist auch zum Schutz aller anderen Asylbewerbenden.

Im Weiteren wurden die Botschaftsverfahren abgeschafft. Die Schweiz war mittlerweile das einzige europäische Land, das solche Auslandsgesuche entgegennahm. Damit wurde die Sogwirkung auf die Schweizer Botschaften schlicht zu gross. Mit den humanitären Visa und den Kontingentsflüchtlingen hat die Schweiz weiterhin Möglichkeiten, um Menschen in Gefahr unbürokratisch in die Schweiz zu holen und ihnen Schutz zu gewähren. Hier müssen sie dann innerhalb drei Monaten ein Asylgesuch stellen.

«Wehrdienst-verweigerer werden auch in Zukunft Asyl erhalten, wenn sie unverhältnis-mässigen Strafen ausgesetzt sind.»

Marianne Streiff, EVP-Nationalrätin

In einem weiteren Artikel wird festgehalten, dass Dienstverweigerung und Fahnenflucht allein kein Asylgrund sind. Es ist aber explizit gesagt, dass die Flüchtlingskonvention eingehalten werden muss. Das heisst, dass Deserteure oder Wehrdienstverweigerer, die an Leib und Leben bedroht sind, weiterhin Asyl in der Schweiz erhalten. Das ist garantiert, aber eben nicht, weil sie Dienstverweigerer sind, sondern weil sie dadurch bedroht sind. Mit der Gesetzesänderung wird ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahre 2006 präzisiert. In der Praxis wird sich laut Bundesamt für Migration nicht viel ändern. Wehrdienstverweigerer werden also auch in Zukunft Asyl erhalten, wenn sie unverhältnismässigen Strafen ausgesetzt sind. Es wird aber eine Sogwirkung gebremst.

Die vorgeschlagenen Massnahmen sind verhältnismässig, dienen der dringend notwendigen Beschleunigung der Verfahren und entsprechen der humanitären Tradition der Schweiz, weil Menschen, die in Gefahr sind, auch so noch immer Schutz bekommen, sei es durch das humanitäre Visum oder weil Gefährdung an Leib und Leben als Asylgrund vorliegt. Deshalb sage ich überzeugt Ja zu dieser Gesetzesvorlage.»

Das sagt Werner Luginbühl:

Es ist problematisch, dass Asylbewerber manchmal mehrere Jahre in der Schweiz verbringen, bevor sie einen negativen oder positiven Asylentscheid erhalten. Mit der dringlichen Asylgesetzrevision wird einmal mehr versucht dies zu ändern. Die vorgesehenen Massnahmen sind massvoll und höhlen das Recht auf Asyl für Flüchtlinge die an Leib und Leben bedroht sind in keiner Weise aus.

«Asylbewerber, welche die öffentliche Ordnung stören und gefährden, müssen härter angepackt werden.»

Werner Luginbühl, BDP-Ständerat

Mit der Revision soll es künftig nicht mehr möglich sein, Asylgesuche in Schweizer Botschaften im Ausland zu deponieren. Diese Massnahme ist wichtig, ist die Schweiz doch das einzige Land welches diese Möglichkeit heute noch zulässt. Weiterhin möglich bleibt, dass Personen bei einer unmittelbaren, ernsthaften Gefährdung im Herkunftsland, die Einreise in die Schweiz in einem einfachen Verfahren bewilligt werden kann.

Renitente Asylbewerber sollen in gesonderten Zentren untergebracht werden können. Auch dies erachte ich als notwendig. Asylbewerber welche die öffentliche Ordnung stören und gefährden müssen härter angepackt werden. Sie schaden den Flüchtlingen die sich an die Regeln halten und beeinträchtigen die Akzeptanz einer humanen Flüchtlingspolitik in der Schweizer Bevölkerung. 

Weiter sollen Militärdienstverweigerung oder Desertion keine alleinigen Gründe mehr für eine Asylgewährung sein. Die Definition des Flüchtlings in der internationalen Flüchtlingskonvention wird dabei aber nicht tangiert.

«Die Massnahmen erschweren die Tätigkeit von kriminellen Asylbewerbern und von Gesuchstellern, die ihr Glück vor allem aus wirtschaftlichen Gründen in der Schweiz suchen.»

Werner Luginbühl, BDP-Ständerat

Die Akzeptanz von Asylunterkünften ist vielerorts ein Problem. Die Einrichtung solcher Unterkünfte wird häufig mit allen rechtlichen Möglichkeiten verzögert. Aus diesem Grund soll der der Bund künftig eigene Anlagen während dreier Jahre bewilligungsfrei als Asylunterkünfte nutzen und betreiben können. Als weitere Massnahme schafft die Revision die Möglichkeit neue Verfahren in Pilotprojekten zu testen, d. h. neue Möglichkeiten zu erproben, Erfahrungen sammeln und Abläufe zu optimieren.

Die Revision wird nicht alle Probleme im Flüchtlingswesen lösen. Sie schafft aber immerhin Voraussetzungen, dass die Verfahren mittel- und langfristig beschleunigt werden können. Die verschiedenen Massnahmen erschweren die Tätigkeit von kriminellen Asylbewerbern und von Gesuchstellern, die ihr Glück vor allem aus wirtschaftlichen Gründen in der Schweiz suchen. Sie ist ein richtiger und wichtiger Schritt in die richtige Richtung und verdient deshalb Unterstützung.