Warmbächli: Gutes Zusammenleben so wichtig wie Architektur

von Christof Berger 5. Dezember 2017

Lange hat man wenig gehört über den Stand der geplanten Siedlung im Warmbächli. Nun nimmt die Sache Fahrt auf. Die Überbauungsordnung ist beim Kanton in der Vorprüfung. Für Januar 2018 ist die Präsentation des überarbeiteten Projekts und die öffentliche Planauflage vorgesehen.

Das Büro der Ateliergenossenschaft «Werkgruppe agw» befindet sich seit 25 Jahren an der Weyermannstrasse 28 im Industriegebiet zwischen Bremgartenfriedhof, dem Gleisfeld des Güterbahnhofs und der Güterstrasse. Die 1983 gegründete Werkgruppe ist eine Ateliergenossenschaft von selbstständig arbeitenden Baufachleuten. Seit rund 20 Jahren beschäftigt sich die Ateliergenossenschaft schwerpunktmässig mit innovativen Wohnbauprojekten.

Koordination der Planung

Hier, in den sonnendurchfluteten Arbeitsräumen der Werkgruppe treffe ich den Architekten Martin Zulauf. Zulauf ist Präsident der im Februar dieses Jahres gegründeten Infrastrukturgenossenschaft Oberholligen (ISGO) und koordiniert in dieser Funktion die Planung eines der wichtigsten Bauprojekte im Stadtteil 3, nämlich der Wohnüberbauung auf dem Areal der ehemaligen Kehrichtverbrennungsanlage (KVA) Bern am Warmbächliweg, nur einen Katzensprung von Zulaufs Arbeitsort entfernt. Die ISGO, in der sämtliche sechs Wohnbauträger dieses Projekts vertreten sind, betreibt auch verschiedene Arbeitsgruppen, die sich z.B. um Energiefragen, den Aussenraum, Gemeinschaftsräume oder die Aussenkommunikation kümmern. Zulauf koordiniert die Unterlagen der beteiligten Parteien und verhandelt mit der Stadt. Oder er fädelt die Zusammenarbeit mit einer anderen Grossbaustelle ein. Denn bevor gebaut werden kann, muss das Gelände in den tiefen Lagen entlang des Warmbächliwegs aufgeschüttet werden. Die ISGO wird dazu Aushubmaterial benützen, das derzeit beim Bau des Inselspitals ausgebaggert wird.

Mitbestimmung und Siedlungsleben

In den letzten 20 Jahren hat Martin Zulauf immer wieder Projekte von Wohnbaugenossenschaften begleitet, sei es als Architekt oder als Bauherrenvertreter. «Ich bin meist beim Kontakt mit den Erstmietern dabei», betont er. Denn ihn interessiere die Organisation der Wohngemeinschaften ebenso sehr wie die Architektur: Wenn die Mieterinnen und Mieter beim Betrieb und Unterhalt einer Siedlung mitarbeiten, kann ein erklecklicher Teil der Nebenkosten eingespart werden. Und die Zusammenarbeit, beispielsweise bei der Pflege der Umgebungsbepflanzung, regt das Siedlungsleben an und führt zu konstruktiven Nachbarschaften. Besondere Freude mache ihm das sogenannte «Betreiber-Modell», wie es beispielsweise in der Siedlung Burgunder in Bümpliz gelebt werde, die er ebenfalls betreut hat. Die zukünftigen Mieter der Warmbächli-Überbauung werden mitbestimmen können, insbesondere über den Aussenraum. Das sei auch in der Überbauungsordnung so festgelegt.

Vielfalt der Wohnbauträger

Es sei nie ein Ziel gewesen, auf dem Warmbächliareal eine völlig einheitlich aussehende Siedlung zu bauen. Vielmehr sei die Differenzierung und Vielfalt gewollt. Jeder der sechs Wohnbauträger habe seine spezielle Philosophie und diese Denkarten sollen die einzelnen Bauten prägen, im Ensemble sich aber auch gegenseitig befruchten können. Der Anteil an Familienwohnungen werde allgemein eher hoch sein. Geheizt werde die gesamte Siedlung mit Fernwärme aus der nahegelegenen ewb-Energiezentrale. Als besonderen Vorteil des Warmbächli-Geländes empfindet Zulauf die Hanglage. Sie bewirkt, dass die Bewohnerinnen und Bewohner dereinst von vielen Wohnungen aus grossartige Ausblicke auf den grünen Steigerhubel und weit über den Bremgartenwald erhalten.

Eigentlich könnte sich Martin Zulauf mit seinen 66 Jahren zur Ruhe setzen. Aber er denkt nicht dran. «Vielleicht nehme ich heute alles etwas gelassener,» sagt er, «doch gegenwärtig arbeite ich eher mehr als 100 %. Die Arbeit befriedigt mich ja schliesslich auch.»

Quelle: Quartiermagazin Stadtteil 3/Dezember 2017