Kapriole? Ein altmodisches Wort aus dem Lateinischen mit breiter Palette von Bedeutungen: Bocksprung, Luftsprung, Streich, Laune. Die Kapriole ist, körperlich, ein ständiger Versuch, der Schwerkraft zu trotzen, das Unmögliche noch ein bisschen auszudehnen, oben zu bleiben gegen alle Wahrscheinlichkeit und um den Preis, sich zu verdrehen, zu verrenken, sich lächerlich zu machen als Leugner der physikalischen Gesetze.
Es ist wie beim Velofahrer vor dem Rotlicht, der solange wie es geht, die Schuhe nicht aus den Pedalen klicken und die Füsse auf den Boden stellen mag. Ein Spiel und eine Wette gegen sich selbst, die letztlich nicht zu gewinnen ist.
An der Gerechtigkeitsgasse 72, unmittelbar neben dem Restaurant Commerce, hat das Psychiatriezentrum Münsingen seit kurzem ein Schaufenster in Bern. Es weist in andere Welten. Steht man davor, sieht man das Video, das Alexander Jaquement und Adrian Scheidegger aufgenommen haben. Beide sind Fotografen mit tiefer Einfühlung in die Natur, beide malen.
Kapriole läuft in einem Loop rund um die Uhr. Zu entdecken gerade im Lockdown wegen Corona.
Auf der Karte zur Ausstellung ist ein unscheinbarer Ort abgebildet: Aufgerissener Boden, auf dem die Vegetation wieder zu spriessen beginnt, dahinter Landwirtschaftsland, Landschaft, Jura. Mittendrin der Stecken, auf dem zu balancieren wäre. Ganz normal – und völlig anders.