Von Nagellack und WC-Putzen

von Mo 27. November 2023

Mental Load Unsere Kolumnistin Mo macht sich Gedanken zu Sorge-Arbeit und Männlichkeit. Das perfekte Beispiel dafür: Roland und die Hausarbeit.

Am Dienstag hatte ich ein Treffen in der Uni mit einem coolen Menschen, der für das nächste nationale Treffen des Klimastreik einen Input zu Männlichkeit, Sorge-Arbeit und Mental Load macht. Leider sind nämlich auch sympa Räume wie der Klimastreik nicht gegen patriarchale Strukturen und mühsame Dudes gefeit. Deshalb versuchen wir an nationalen Treffen jeweils mit Inputs, kritischen Männlichkeitsrunden und Strukturarbeit etwas daran zu verändern. Da werden also hübsch Fragen vorbereitet, Lösungsvorschläge angedacht, Workshops organisiert.

Nur organisieren sich halt auch kritische Männlichkeitsrunden und Mental-Load-Workshops nicht von selbst. Und so bleibt denn die ganze Kritik und Mental Load der Vorbereitung einmal mehr an weiblich sozialisierten Menschen hängen. Die Ironie dieser Situation entgeht mir durchaus nicht. Es ist immer das Gleiche.

Sie möchten gerne etwas an einem mühsamen Ungleichgewicht oder einer Ungerechtigkeit verändern. Sagen wir, Sie möchten gerne, dass ihr lieber Mitbewohner Roland auch mal das Bad putzt. Roland findet das an sich keine schlechte Idee, weil er ist ja auch ganz fortschrittlich und so, nur hat Roland halt immer ganz furchtbar viel zu tun. Und Roland findet auch, dass Sie das Bad immer viel zu früh putzen, wenn es eigentlich noch gar nicht dreckig ist. Aber Ihnen zuliebe (und das ist ganz wichtig, es ist Goodwill seinerseits) würde Roland ja ganz bestimmt jetzt auch öfter das Bad putzen, Sie sollen ihn doch bitte das nächste Mal ermahnen.

Roland hat noch was anderes als seinen Bart rasiert und jetzt läuft die Dusche schlecht ab.

Also weisen Sie Roland das nächste Mal frühzeitig darauf hin, dass jetzt mal Badputzen «nache wäre». Dazu müssen Sie selber daran denken, dass das Bad jetzt dann bald dreckig ist und auch daran denken, das Roland mitzuteilen. Roland nickt und sagt, selbstverständlich werde er das Bad putzen, nur heute habe er grad nicht so Zeit.

Drei Tage später ist das Bad immer noch dreckig. Also eigentlich noch dreckiger als vorher, denn inzwischen ist ja Zeit vergangen und Roland hat nach dem Rasieren wieder mal das Brünndli nicht gut geputzt. Jetzt sind Sie langsam bitzli gestresst, weil Sie sich im dreckigen Bad nicht mehr wohl fühlen und weil Sie ja nicht mühsam sein wollen. Aber Sie nehmen sich zusammen, weil der Roland sich ja so Mühe gibt, und weisen ihn ganz lieb nochmal darauf hin, dass er doch bitte das Bad putzen soll.

Roland reagiert unwirsch, natürlich werde er es machen, Sie sollen Ihn doch nicht so stressen gopf, er habe halt viel los grad. Jetzt haben Sie also schon drei Tage immer wieder daran gedacht und sich zusätzlich noch anschnauzen lassen.

Wieder drei Tage später ist das Bad langsam wirklich gruusig. Roland hat noch was anderes als seinen Bart rasiert und jetzt läuft die Dusche schlecht ab. Der Spiegel hat Zahnpastaflecke, das Tüechli müffelt immer mehr und es hat Bisuspuren hinten am WC (Roland will eben nicht absitzen, weil er ist halt ein echter Mann).

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Ihnen reicht’s jetzt, weil heute Abend kommt Besuch und so geht das nicht weiter. Roland ist nicht da, also putzen Sie das WC halt hurti selber.

Am Schluss haben Sie die ganze Arbeit also selbst gemacht, hatten aber eine Woche lang immer im Hinterkopf, dass ja das WC dreckig ist und dass sie Roland erinnern sollten, dass er das WC putzt. Gleichzeitig wollten Sie aber nicht unwirsch sein oder Roland stressen, weil sonst macht er es beim nächsten Mal erst recht nicht mehr.

Kurzum, Sie hatten viel mehr Aufwand, als wenn Sie es einfach von Anfang an selbst gemacht hätten. Nur wissen Sie genau, dass sich nie was daran ändern wird, dass Sie den ganzen Haushalt schmeissen, wenn Sie diese mühsame Situation nicht aushalten und Roland immer wieder an seine Pflichten erinnern, bis er irgendwann selbst daran denkt.

Mensch kann übrigens auch mit lackierten Nägeln Kloputzen, just saying

So geht’s mir mit diesen blöden kritischen Männlichkeitsrunden. Ohne Reflexion von den männlichkeitsbetroffenen Menschen wird sich nie was daran ändern, dass auch im Klimastreik immer noch munter gemansplained, zu viel Platz eingenommen und mühsam rumgemackert wird. Nur sind sich die guten achso Kri-Mä-Menschen der Schöpfung zu gut, ihre Bildung selbst in die Hand zu nehmen. Lieber lackieren Sie ihre Fingernägel und meinen, sie hätten damit das Patriarchat ausgehebelt (mensch kann übrigens auch mit lackierten Nägeln Kloputzen, just saying).

So sitze ich denn an einem Dienstagnami (während meiner Lernphase wohlgemerkt, Hirni eigentlich randvoll) in der Uni und bespreche den besten Aufbau für einen Workshop, damit das mit den strukturellen Ungleichheiten und der Mental Load vielleicht dann mal dort ankommt, wo es hingehört.

Und während ich da sitze und brainstorme, frage ich mich, ob mein Mitbewohni wohl schon das Bad geputzt hat.