Von Hasler über Ascom zur Erosion

von Christof Berger 18. Mai 2021

Der Mattenhof ein Industriestandort? Für Millenials ist das wohl eher schwer vorstellbar. Und doch war der Stadtteil 3 während des gesamten 20. Jahrhunderts geprägt durch einen weltweit tätigen Konzern, die Firma Hasler AG, später Ascom. Eine neue Publikation aus der Reihe «Schweizer Pioniere der Wirtschaft und Technik» widmet sich nun der spannenden Geschichte dieser Schweizer Firma, welche es zum grossen Player gebracht hat… und welche einen ebenso rasanten Abstieg hinlegte.

Start im jungen Bundesstaat

Die Geschichte der Firma Hasler begann in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Die Telegrafie war eben erst erfunden worden und der noch junge Bundesstaat Schweiz plante ein landesweites Telegrafennetz. Und weil Ausschreibungen zur Beschaffung der erforderlichen Telegrafenapparate erfolglos blieben, entschloss sich der Bund 1852 eine eigene «Eidgenössische Telegraphenwerkstätte» (ETG) einzurichten. Die Leitung dieses Bundesbetriebs übernahm der der Württemberger Uhrmacher und Erfinder Matthäus Hipp. Die Werkstätte war erst an der Speichergasse stationiert und musste mehrmals vergrössern und umziehen, über die Metzgergasse an die Vannazhalde. 1855 begann der Aargauer Juristensohn Gustav Adolf Hasler bei der ETG zu arbeiten und wurde schnell Hipps rechte Hand. Die Werkstätte verkaufte bald Telegrafen und meteorologische Messinstrumente in alle Welt und verlagerte zudem 80% der Produktion ins Ausland. Und da es der Bund nicht als seine Aufgabe ansah, eine internationale Firma zu betreiben, verkaufte er die ETG 1865 an Hasler. Hipp seinerseits ging nach Neuenburg und gründete dort die Favag SA.

Die Telefonie bringt den Durchbruch

Haslers Werkstätte entwickelte sich in der Folge prächtig. 1895 wurde der Fabrikbetrieb im Mattenhof (heute Schwarztorstrasse 50) bezogen. Als Gustav Adolf Hasler 1900 starb, übernahm sein erst 22-jähriger Sohn Gustav den Betrieb und begann ab 1924 automatische Telefonzentralen zu bauen, erst mit einer Lizenz des Schweden Lars Magnus Ericsson, bald dann mit eigenen Entwicklungen. Diese verkaufte er ab 1931 an die PTT (schweizerische Post-, Telefon- und Telegrafenbetriebe) und schafft so die Voraussetzung für die Automatisierung des Telefonnetzes. Die Zeiten, in denen Telefonistinnen die Verbindungen noch stöpseln mussten, waren damit vorbei.

Das Telefon-Monopol

Die PTT war bis weit in die Neunzigerjahre ein Monopolbetrieb. Im Bereich der Telefonie ging das so weit, dass nur die PTT Telefonapparate zur Verfügung stellen und montieren durfte. Die Hasler AG baute auch diese Telefonapparate für die PTT. Es gab nur diejenigen Modelle, die der Bundesbetrieb im Sortiment hatte, lange Zeit schwarze und graue Bakelitkästen. Und die konnte man auch nicht kaufen; einmal montiert verblieben sie das Eigentum der PTT. Diesen Monopolmarkt teilten sich neben Hasler noch die Firmen Gfeller, Autophon, Zellweger Uster, STR und Siemens-Albis als Hoflieferanten auf, welche allesamt während Jahrzenten die PTT mit Geräten versorgten. Geräte, die strapazierfähig und langlebig, aber auch etwas langweilig waren.

Digitalisierung und Aufstieg der Smaartphones verpasst

Dieser Zustand dauerte nicht ewig. Digitalisierung und wirtschftsliberale Ideologie führten ab den Achtzigerjahren zur Erosion des Monopols. Als Reaktion schlossen sich Hasler, Autophon und Zellweger 1987 zur Ascom zusammen – zu einem Konzern mit 18000 Mitarbeitenden, davon 10000 im Raum Bern in den Werken Schwarztorstrasse, Liebefeld und Bodenweid. Als Hauptsitz wurde ein palastähnliches Bluffgebäude an die Belpstrasse 37 hingeklotzt. Doch die Hoflieferantenideologie hielt sich hartnäckig. Ascom war nicht in der Lage, ein massentaugliches Mobiltelefon oder gar ein Smartphone zu entwickeln. Der Abstieg war nicht aufzuhalten. Immer mehr Geschäftsbereiche mussten abgestossen, Mitarbeitende entlassen werden. Heute ist die Ascom Holding AG ein KMU mit Sitz in Baar. Sie fokussiert sich auf Kommunikationsgeräte für den Gesundheitsbereich und beschäftigt noch knapp 1300 Mitarbeitende. In Bern war 2012 endgültig Feierabend und so erinnern noch die allesamt umgenutzten Gebäude sowie eine Tramhaltestelle an die einstige Renommierfirma.

 

Aus: Quartiermagazin April / Mai 2021 – Nr. 213