Unter der Autobahnbrücke feiern

von Jessica Allemann 22. September 2012

Partyhungrige unter 18 Jahren haben kaum Raum zum Feiern. Ein Jugendkompass soll über das Angebot informieren und Jugendbewilligungen Partys im Freien legalisieren.

Seit langem und eben erst wieder wird in der Stadt Bern moniert, dass es Jugendlichen an Raum und Räumen für Partys fehlt. Und es wird beklagt, dass sich Minderjährige auf dem Bahnhofgelände betrinken und vor der Reithalle herumlungern. Der Unmut der Partyszene floss in nicht bewilligte Strassenpartys und Tanzdemos mit bis zu 10’000 Partyhungrigen zusammen. Gerade Outdoor-Partys sollen nun der Berner Jugend neuen Raum geben, um zu feiern.

Das Konzept der Stadt (PDF) zur Lösung der Berner Nachtlebenproblematik enthält unter anderem zwei Vorschläge von Massnahmen, welche explizit für Jugendliche bessere Bedingungen schaffen sollen. So soll ein Jugendkompass erarbeitet werden, der Jugendliche über die auf sie zugeschnittenen bestehenden Angebote informiert. Die Stadt wolle ausserdem prüfen, ob subventionierte Organisationen und Institutionen dazu verpflichtet werden können, spezielle Veranstaltungen für diese Altersgruppe anzubieten. Jugendpartys seien für Veranstalter aber kein besonders attraktives Geschäft, sagt Alex Haller, Bereichsleiter der Kinder- und Jugendförderung der Stadt Bern. «Jüngeres Publikum tendiert auch zu Schlägereien und Gewalt. Die Veranstalter haben einen hohen Sicherheitsaufwand ‒ gleichzeitig konsumieren Jugendliche nicht viel.»

«Für die Jugendlichen zwischen 16 und 18 Jahren besteht eine Angebotslücke im Nachtleben, insbesondere an Orten ohne Konsumzwang.»

Aus dem Konzept Nachtleben Bern

Zahl illegaler Partys verringern

Die Jugendlichen sollen sich auch selber helfen: Zur Diskussion steht die Einführung einer Jugendbewilligung für Partys im Freien. Diese soll Jugendlichen zwischen 18 und 25 Jahren ermöglichen, eine Party im Freien anzumelden und bewilligen zu lassen. Ziel sei es, «über eine Ansprechperson die Sicherheit und Sauberkeit von Outdoor-Partys ausserhalb der Innenstadt zu verbessern und die Zahl illegaler Partys zu verringern», so steht es im Nachtleben-Konzept der Stadt. Das Vorbild für die Jugendbewilligung stammt aus der Stadt Zürich. Diesen Sommer wurde dort die neue Bewilligungspraxis mittels Pilotversuch getestet.

Man habe grundsätzlich positive Erfahrungen gemacht, sagt Alexandra Heeb vom Polizeidepartement der Stadt Zürich. Die Delegierte für Quartiersicherheit ist als Teil eines dreiköpfigen Teams für die Bearbeitung der Partygesuche zuständig. «Wir sind auf eine grosse Nachfrage gestossen und haben sogar Anfragen aus der ganzen Schweiz erhalten», sagt sie. Behandelt wurden aber nur die Gesuche aus der Stadt Zürich. Innerhalb von fünf Monaten seien so dreissig Bewilligungen erteilt worden. Davon seien zehn Anlässe wegen schlechten Wetters wieder abgesagt worden. Gerade einmal drei Gesuche hätten nicht bewilligt werden können. «Bei einem Gesuch handelte es sich um einen kommerziellen Veranstalter, zwei weitere wollten mitten in der Stadt Party machen, was wir aus Lärmgründen nicht bewilligen konnten.»

Lärm und geeignete Orte sind Knackpunkte

Der Lärm sei denn auch einer der wesentlichen Knackpunkte, sagt Heeb. Zwei Drittel aller bewilligten Partys hätten zwar keine oder nur ein bis zwei Lärmklagen aus der Nachbarschaft zur Folge gehabt, «zwei Partys sind aber lärmtechnisch derart überbordet, dass den Veranstaltern vorläufig keine weitere Bewilligung erteilt wird». Anders sieht es mit der Sauberkeit an den Partyplätzen aus. Fotografisch hält die Polizei den Zustand eines Orts vor und nach der Party fest. «Es wurde immer sehr gut aufgeräumt», bestätigt Heeb. Auch habe man an keiner Party Gewaltprobleme feststellen können.

«Es wurde immer sehr gut aufgeräumt.»

Alexandra Heeb

Eine Schwierigkeit sei das Finden von geeigneten Orten für Jugendpartys im Freien. Drei von den ungefähr sieben Stadtzürcher Standorten befänden sich im Wald, ein Ort liegt unter einer Autobahnbrücke. «Wir versuchen die Partys gleichmässig auf die Standorte zu verteilen, um die Nachbarschaft zu schonen und ein Gleichgewicht bei der Belastung aufrechtzuerhalten», erklärt Heeb.

Im Wald Party feiern

Auch in Bern könnte der Wald ein Standort für bewilligte Jugendpartys unter freiem Himmel sein, wie Alexander Tschäppät anlässlich einer Medienkonferenz zum Nachtleben-Konzept bestätigte. Noch sei aber nicht klar, welche konkreten Orte infrage kämen, sagt Alex Haller, aber man werde sicher keine Jugendpartys auf dem Bundesplatz oder dem Helvetiaplatz veranstalten. Es sei auch noch gar nicht klar, ob Outdoor-Partys die Berner Jugendlichen ansprächen. Eine Verschiebung der Jugendkultur dahin gehend sei denkbar, aber es sei sicher nicht das einzige glücklich machende Prinzip, sagt Haller. Denn «auch die Jüngeren wollen am liebsten in den Clubs sein und dort mitmachen».

Und auch in Zürich bilanziert man zwar positiv, bleibt aber realistisch: «Die Jugendbewilligung kann sicher nicht alle Probleme in Bezug auf den Jugendausgang lösen», sagt Heeb, «aber es verschafft der Stadt eine Entlastung – und der Stress ist auch für die Partyveranstalter raus, weil die legale Party nicht plötzlich aufgelöst wird».