Politik - Meinung

Unser Gesundheitswesen ist nicht zu teuer

von Bernhard Pulver 11. September 2023

Gesundheitspolitik Ein Kommentar von Bernhard Pulver, Präsident der Insel Gruppe, über die Kosten des Gesundheitswesens und steigende Krankenkassenprämien.

In den nächsten Wochen werden Politiker*innen von links bis rechts angesichts steigender Krankenkassenprämien wieder von einer «Kostenexplosion» sprechen und behaupten, unser Gesundheitswesen sei zu teuer und es müsse dringend gespart werden.

Selbstverständlich sind die Krankenkassenprämien für viele Leute ein Problem und hier müssen wir sozialpolitisch handeln. Und selbstverständlich müssen Ärzt*innen und Spitäler haushälterisch mit den Mitteln der Versicherten umgehen. Dass wir das tagtäglich tun und dafür von niemandem Applaus erhalten, davon könnte ich Ihnen als Verantwortlicher für ein grosses Spital ein Lied singen. Ich sehe auch viele Möglichkeiten, wie wir auf vernünftige Art effizienter werden können und diese Möglichkeiten ergreifen wir auch.

Ich halte es aber für falsch, zu behaupten, unser Gesundheitswesen sei zu teuer. Die Leistungen unseres Gesundheitswesens sind hervorragend. Sie sind die 12 % Anteil am Bruttoinlandprodukt wert, die sie kosten. Die Wachstumsraten sind in den letzten Jahren kleiner geworden, die Kurve flacht ab. Es gibt keinen Grund, von einer «Kostenexplosion» zu sprechen.

Unsere Pflegemitarbeitenden, unsere Ärzt*innen und unsere Psychiater*innen haben es nicht verdient, in erster Linie als Kostenfaktor betrachtet zu werden.

Die Schweiz darf stolz sein auf ihr Gesundheitswesen, wie sie auch stolz sein darf auf ihre Hochschulen oder ihre gut funktionierende Verwaltung. Krankheiten, die früher tödlich waren, können heute behandelt werden, Hirnschlagpatient*innen verlassen das Spital heute ohne Lähmungen oder Behinderungen, die Lebenserwartung der Schweizerinnen und Schweizer ist auch dank unserer Pflege und unseren Ärzt*innen sehr hoch. Dank unserer Medizin werden wir eines Tages wohl sogar den Krebs besiegen. Die Liste liesse sich beliebig verlängern.

Seien wir den Mitarbeitenden des Gesundheitswesens dafür dankbar. Zehntausende von Mitarbeitenden in der Pflege, Haus- und Kinderärzt*innen, Spezialisten und Spitäler leisten in unserem Land hervorragendes. Ihre Leistungen sind die rund 12 % des Bruttoinlandproduktes wert. Mit immer mehr Spar- und Kostendruck gefährden wir die Versorgung und verschlechtern die Arbeitsbedingungen dieser Menschen. Wir können und wollen uns diese Ausgaben auch leisten.

Journal B unterstützen

Unabhängiger Journalismus kostet. Deshalb brauchen wir dich. Werde jetzt Mitglied oder spende.

Was nicht funktioniert, ist unser Krankenversicherungssystem. Die Prämien steigen mehr als die Gesundheitskosten. Die Kosten sind in den letzten 25 Jahren um 80% gestiegen – die Prämien aber um 146%. Wir zahlen immer einen grösseren Anteil über die Prämien. Das müssen wir anpacken.

Was wir ändern müssen, sind die unsozialen Kopfprämien. Sprechen wir über Prämienverbilligungen, über einkommensabhängige Prämien oder Lohn-Prozente, sprechen wir über eine öffentliche Krankenversicherung wie unsere bewährte SUVA.

Unsere Pflegemitarbeitenden, unsere Ärzt*innen und unsere Psychiater*innen haben es nicht verdient, in erster Linie als Kostenfaktor betrachtet zu werden. Hören wir deshalb auf, unser Gesundheitswesen wegen der unsozialen Kopfprämien mit Kostendruck kaputt zu machen! Zum Wohle dieser für uns engagierten Menschen, zum Wohle von uns allen.