Tatort Bern: «Bimm, bamm, Bern» (2/5)

von Tatjana Kruse 16. April 2013

Weil die Bären noch Winterschlaf machen, muss die freiberufliche Leichenentsorgerin schnell einen anderen Weg finden, den toten Ukrainer los zu werden.

9.02 Uhr

Sie fuhr mit ihrem glänzend roten Cabrio über den Bundesplatz. Verdammt viel Bullerei war heute unterwegs. Auch wenn der Uniformierte, der Fangen mit den Fontänen spielte, nicht wirklich bedrohlich wirkte. Und war der neben ihm kläffende Kleinformatköter etwa sein Polizeihund? Das war jetzt blöd. Dabei hatte sie es sich so schön und simpel vorgestellt. Ein kleiner Ausflug nach Bern an diesem wunderschönen Vorfrühlingstag, den Job erledigen, anschließend stundenlanges Einkaufen in den herrlichen Laubengängen der Stadt, am Schluss mit Blick auf die Aare einen Kaffee trinken, am besten an der Berner Riviera, drunten im Restaurant «Schwellenmätteli», und fertig. Aber dann stellte sich heraus, dass sich diese blöden Berner Bären noch im Winterschlaf befanden. Obwohl es schon seit fast einer Woche sonnig und mild war. Aber nein, die Petze schnarchten noch. Das brachte sie in die Bredouille. An einen Plan B hatte sie nicht gedacht. Das rächte sich jetzt. Sie war weiblich, ledig – eigentlich geschieden, aber ledig klang abenteuerlustiger –, postklimakteriell und arbeitete in der Müllentsorgung. Ihr Job war nicht nur olfaktorisch bedenklich, aber einer musste ihn ja tun. Und nachdem die Kinder aus dem Haus waren und ihr Mann fand, dass er sie durch eine halb so alte Ausgabe ihrer selbst ersetzen sollte, was sie nach 20 Jahren Haushalt auf den Arbeitsmarkt spuckte, konnte sie beim Wiedereinstieg ins Berufsleben nicht allzu wählerisch sein, also wurde es die Abfallbeseitigung. Immerhin die mobile Abfallbeseitigung. Der besonderen Art. In ihrem Kofferraum lag ein toter Ukrainer, den sie entsorgen musste. Sie hatte ihn nicht umgebracht, sie war nur die freiberufliche Entsorgerin. Wie der Ukrainer hieß, wusste sie nicht. Aber er war so ein Typ, mit dem man gern in den Anden abgestürzt wäre. Wegen der Lendensteaks. Von dem hätte man problemlos einen Monat lang leben können. Sie hatte gedacht, den Bären mit ihm eine Freude machen zu können, aber wenn die noch im Winterschlaf schnarchten, fraßen sie natürlich nicht. Wie gesagt, das war jetzt blöd. Wohin mit der Leiche? Sie musste weg, und zwar schnell. Bevor sie zu stinken anfing. Also am besten noch heute.

9.04 Uhr

Elfis Ehe war am Ende. Ihr Mann schlug sie nicht und war ein anständiger Versorger, aber sie träumte von mehr. Nicht immer nur funktionieren, auch mal Spaß haben. Wie der Polizist da drüben. Gehörte der Vierbeiner, der mit ihm durch die Wasserspiele tollte, zu ihm? So ein süßer Hund. Sie hätte ja auch gern ein Haustier gehabt, aber ihr Mann fand Tiere schmutzig. Elfi seufzte. Jetzt nahm der Polizist sie wahr. Er war ein ziemlicher Schrank von einem Mann. Aber sein Lächeln hatte etwas Unschuldiges, Kindliches. Elfi lächelte zurück.

Hier gehts zum Teil 1 der Geschichte, lesen Sie morgen auf Journal B, wie es weitergeht.