Stürmische Zeiten mit Ausblick

von Tabea Andres 10. Januar 2025

Klangwelten Playtime 2025 – das Musikfestival der HKB – bietet Platz für Neuerkundungen und macht die Bühne frei für Studierende. Darunter Oliwia Wilczewska, die mit ihrem Sound die eigene Jugend in den Ruhestand schickt.

Brummende Drones vermischen sich mit Ambient, Field Recordings und drängenden Beats. Kurze Rhythmen suchen sich ihren Weg, verpuffen oder treffen auf einzelne Piano-Akkorde, die sich wiederum wie Inseln aus dem Klangteppich hervorheben. Die Lautsprecher sind überall im Konzertsaal verteilt, so dass die Zuhörer*innen von Sound umgeben sind. «I Retired My Youth» ist der eingängige Titel der Performance von Oliwia Wilczewska, während der die Musikerin in der Mitte des Raumes konzentriert am Piano sitzt – und jede Menge Live-Electronic bedient.

Klassik zum Experiment

Wilczewska studiert im Bachelor Sound Arts an der Hochschule der Künste Bern (HKB). Am hausinternen Musikfestival Playtime lässt sie erklingen, was sie im letzten Semester umgetrieben hat. Musikalisch – und persönlich. Vor ihrem Studium hatte die 24-Jährige in ihrem Heimatland Polen einen Abschluss in Tanz gemacht: «Mich fasziniert, wie sich alles um mich herum durch Bewegung interpretieren lässt.» Gleichzeitig durchlief Wilczewska auch eine klassische Musikausbildung und erlernte das Pianospiel. Irgendwann habe sie das Bedürfnis gehabt, Musik für sich neu zu definieren, sagt sie. Und machte einen Schritt in elektronische Gefilde – und in ein neues Land.

Die Energie für glitzernde Partys und das Raven habe ich zurzeit nicht mehr

Mit dem Umzug in die Schweiz habe sich einerseits ihre Unabhängigkeit erweitert, erzählt Wilczewska – so sei sie etwa durch ihren Moneyjob in einem Café finanziell unabhängig – anderseits haben sie die neuen Umstände auch dazu gebracht, ihre Jugend in den Ruhestand zu schicken: «Die Energie für glitzernde Partys und das Raven habe ich zurzeit nicht mehr.» Sie lacht. Das Erinnern an unbeschwerte, flirrende Momente mische sich bei ihr aber auch mit einer diffusen Aufregung, was die Zukunft bringt. Mit «I Retired My Youth» will sie diese komplexe und ambivalente Reise erfahrbar machen.

Der Konzertsaal ist aber nicht der einzige Ort, an dem die Soundinstallationen der Studierenden während des Formats «à suivre» zu entdecken sind. Auch die Korridore und Werkstätten des stattlichen Gebäudes an der Papiermühlestrasse, wo der Studiengang «Sound Arts» seinen Hauptsitz hat, werden üppig bespielt. Ganz so, wie der Name des Festivals, Playtime, verspricht.

Playtime HKB-Musikfestival

Das mehrwöchige Playtime mixt Projekte von HKB-Studierenden, Dozierenden und Externen und bietet einen wilden Ritt durch viele Musikgenres. Das Programm reicht von improvisierten elektronischen Klängen, über das Kindertheater «TsssHui – Hat sich etwas bewegt?» oder den «Brass and Sax Day», bis hin zu einem Konzert des HKB-Orchesters, das zugleich ein träumerisches Repertoire und Abschied feiert. Zu hören ist hier eine Sinfonie von Mendelssohn, aber auch ein Werk für Cello und Orchester aus der Feder des langjährigen Leiters der Kompositionsklasse, Xavier Dayer, den es nun beruflich weiterzieht.

Am Playtime Festival stellen Studierende ihre Arbeit der letzten Monate vor: Hier eine Performance, die im Master Creative Practice entwickelt wurde. © Hochschule der Künste Bern

 

Playtime HKB-Musikfestival

Diverse Orte, Bern und Biel

Das Playtime dauert noch bis am 25. Januar 

  • «à suivre» – Sound-Arts-Studierende präsentieren ihre Projekte: HKB Sound Arts, Bern. Fr., 17.1., 17 Uhr und Sa., 18.1., 14 Uhr
  • «Brass and Sax Day»: HKB Jazz, Bern. So., 12.1., 14 Uhr
  • 
«TsssHui » : La Grenouille, Biel. 22., bis 25.1., diverse Uhrzeiten
  • HKB Orchesterkonzert «Linien » : Yehudi Menuhin Forum, Bern. So., 12.1., 19.30 Uhr