Studis mögen keine Wohnheime

von Yannic Schmezer 12. April 2018

Studierendenwohnheime sind unter Studentinnen und Studenten der Uni Bern nicht beliebt. Das zeigt eine Umfrage der StudentInnenschaft der Uni Bern (SUB). Auch dass jede/r zehnte StudentIn an der Uni schon einmal sexuell belästigt wurde, lässt aufhorchen.

Nur gerade 15% der Studierenden an der Uni Bern möchten in einem Studierendenwohnheim leben. Das ergab die kürzlich veröffentliche Auswertung einer Umfrage der StudentInnenschaft der Uni Bern (SUB) unter rund 4’000 Studentinnen und Studenten. Die Umfrage behandelt verschiedene Themen, die im Zusammenhang mit dem Leben an der Uni Bern stehen. Behandelt wurden die Themen Familie, Wohnen, Arbeiten, Diskriminierung und sexuelle Belästigung, Studienalltag und Studienmobilität.

Vier Minuten bis zum Bahnhof

Generell seien die Studierenden zwar mit ihrer Wohnsituation zufrieden, schreibt die SUB in ihrem Bericht zur Umfrage. Trotzdem ergab sich bei der Gruppe der der in Wohnheimen lebenden Studierenden eine deutliche Diskrepanz zwischen der aktuellen und der gewünschten Wohnform. Gerade einmal jeder/r fünfte WohnheimbewohnerIn möchte auch weiterhin in einem Studierendenwohnheim leben. Das schlägt sich schlussendlich auch auf die Zufriedenheit der Studierenden nieder: Umfrageteilnehmende, die in einem Wohnheim leben, sind mit ihrer Wohnsituation weit weniger zufrieden, als KomilitonInnen, die in einer Wohngemeinschaft (WG) leben.

Verantwortlich für die Unbeliebtheit der Studierendenwohnheime könnten die Mitpreise sein. Zumindest wird dieses Kriterium von Studierenden am häufigsten zur Bewertung von Wohnheimen herangezogen. «Ich bin der Überzeugung, dass wir günstigen Wohnraum für Studentinnen und Studenten anbieten», sagt Renate Ledermann, Geschäftsleiterin des Vereins Berner Studentenlogierhaus (VBSL). Der VBSL betreibt je ein Studierendenwohnheim im Tscharner- und im Fellergut, sowie eines beim Bahnhof Bolligen. Für ein Einzelzimmer ohne Bad und Küche bezahlen Studierende dort zwischen 560 und 660 Franken im Monat. «Bei uns ist vieles im Mietpreis enthalten, zum Beispiel sind die Zimmer bereits möbliert», erklärt Ledermann. Sie sei sich nicht sicher, ob Studierende bei der Bewertung des Mietpreises dies auch miteinbezögen. Schlussendlich sei der VBSL bei der Festsetzung des Mietpreises aber auch an die Kosten für die Häuser gebunden. «Von unseren drei Häusern gehört nur eines dem VBSL. Für die anderen bezahlen wir Miete und die müssen wir bei den Studierenden wieder reinholen.»

Keine wesentlichen Anpassungen

Den Vorwurf, dass die drei Wohnheime nicht zentral genug seien, weist Ledermann zurück. «Das Fellergut ist direkt beim Bahnhof Bümpliz Nord, von dort aus hat man 4-6 Minuten bis zum Hauptbahnhof.» Das Gleiche gelte für die anderen beiden Wohnheime, von denen aus die Uni ebenfalls innerhalb kurzer Zeit erreichbar sei.

Ohnehin sein die Rückmeldungen der Studierenden in der Regel positiv, sagt Ledermann. «Wir haben auch die, die einfach nicht zufrieden sind, sei es zum Beispiel, weil sie keine Party veranstalten durften oder weil sie mit den anderen Studierenden auf dem Stock nicht auskommen.» Von der Umfrage der SUB habe man Kenntnis genommen, bestätigt Ledermann. Die Angebotspalette werde zurzeit geprüft und wo machbar und sinnvoll den Bedürfnissen der Studierenden angepasst. Tiefgreifende Anpassungen sieht der VBSL deswegen jedoch offenbar nicht vor. Auf die Frage, welche Massnahmen man konkret plane, nennt Ledermann kleine Anpassungen in der Kommunikation. Man wolle die verschiedenen Dokumente vereinheitlichen und eine angemessene englische Übersetzung bereitstellen.

Sexuelle Belästigung wird nicht immer als Problem wahrgenommen

Auch zu den Themen Diskriminierung und sexuelle Belästigung wurden die Studentinnen und Studenten befragt. Insgesamt gaben 5% der Befragten an, schon einmal wegen eines bestimmten Merkmals diskriminiert worden zu sein. Am häufigsten findet Diskriminierung aufgrund des Geschlechts statt, gefolgt von der Herkunft. Interessanterweise fühlen sich Studenten ähnlich oft aufgrund ihres Geschlechts diskriminiert wie Studentinnen.

Rund 10% der Studierenden sind ausserdem schon einmal Opfer sexueller Belästigung geworden – davon belästigt gefühlt hat sich indessen nur etwa die Hälfte der Betroffenen. Diese Zahl steht im Kontrast zu einer 2013 durchgeführten Studie des Nationalen Forschungsprogramms «Gleichstellung der Geschlechter», welche unter anderem die Häufigkeit von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz untersucht hatte. 31% der Frauen und 11% der Männer hatten dort angegeben, sich am Arbeitsplatz schon einmal belästigt gefühlt zu haben. Der Umstand, dass die von der SUB erhobenen Zahlen an der Uni Bern deutlich tiefer liegen, könnte auch erklären, weshalb die Befragten der Aussage «Die Universität muss mehr gegen sexuelle Belästigung tun» im Durchschnitt nicht zustimmten. Die Abteilung für die Gleichstellung von Frauen und Männern der Universität Bern, die seit 2016 mit einer Kampagne auf das Thema der sexuellen Belästigung aufmerksam macht, war gestern ferienhalber nicht für eine Stellungnahme erreichbar.