Ein kleiner Wegweiser mit der Beschriftung «Glück» weist auf Seite 3 den Weg ins Buch. Auch auf dem Umschlag begegnet einem das grosse Wörtchen in vielen Varianten. Kein Wunder, nennt sich die 168 Seiten starke Publikation doch selbst «Glücksbuch». Und wo dieses zu finden ist, wollen darin die beiden Autorinnen Blanca Burri und Sabine Reber aufzeigen. Für die zwei liegt dies also nicht fern, denn ihre 80 vorgestellten Glücksorte finden sich allesamt im Berner Oberland – unweit vom Wohnort Burris und Rebers im Saanenland.
Im selben Verlag (Droste) wie das hier vorliegende Buch sind bereits 150 weitere dieser Führer erschienen – sie handeln von der Provence, Rügen oder Nordhessen. Und nun ist also das Berner Oberland an der Reihe. Eingepackt in einen farbenfrohen, unverfänglich anmutenden Umschlag stecken 80 Empfehlungen, lokalisiert zwischen «Grindelwald und Kiental, vom Hasliberg bis ins hinterste Suldtal.»
Nicht überraschend, sind die botanischen Ausflüge, die sich immer wieder auf den Doppelseiten breit machen. Etwa eine Blütenwanderung, die auch nichtalpinen Berggänger*innen den Blick auf ein Edelweiss verspricht. Sabine Reber hat sich seit Jahren als Garten- und Pflanzenexpertin hervorgetan. In dieser Funktion schrieb sie auch für Journal B über das Gärtnern im urbanen Gebiet.
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Wer dem Buch verstaubte Dorfromantik anheften will, muss sich zurückhalten. Obwohl Handwerk und Traditionen des Oberlands ebenfalls ihren Platz erhalten – auch hier bleibt die Welt nicht vor Entwicklungen wie der Klimakatastrophe verschont. Sinnbildlich dafür steht die Hightech-Unterkunft in Guttannen. Ein Dorf, dessen Bewohnende, wie wir im Buch lesen, aufgrund heftiger Murgänge durch den aufgetauten Permafrost beinahe zu den ersten Klimaflüchtlingen der Schweiz geworden wären.
Als Tipp Nummer 19 erwartet einen die Grandezza des Grandhotels Giessbach über dem Brienzersee. «Einen Fernseher oder ein Buch braucht hier niemand – die Giessbachfälle sind Unterhaltung genug!», rühmen die Autorinnen das Hotel aus dem 19. Jahrhundert. Wie zu erwarten belassen es die Autorinnen natürlich nicht bei der Fünfsternhotellerie; Burri und Reber zeichnen sich hauptsächlich durch die unbekannteren Empfehlungen neben den ausgetretenen Wegen als kundige Führerinnen aus. Wer das Buch durchblättert, stösst auf eine besuchbare Ziegenalp oder auf geschichtliche Anekdoten zur spätgotischen Joderkirche in Gsteig bei Gstaad.
Es sind solche Passagen, die einen beim Überfliegen der reich bebilderten Publikation zum Innehalten animieren. Wer vom Berner Oberland hauptsächlich die grossen Viertausender aus der Distanz kennt, dürfte mit dem Buch einen bereichernden Zugang zur Welt hinter Thun erhalten. Auch Ortskundige finden möglicherweise neue Inspiration und ansonsten zumindest eine Lektüre, die zur Unterhaltung und als Nachschlagewerk ohne Anspruch auf Vollständigkeit dient. Wer als Leser*in nun doch nicht an diesen 80 Orten sein Glück suchen will, dem bleibt die Begleitung Burris und Rebers auf ihrem persönlichen und authentischen Streifzug durch eine Gegend, die durch weitaus mehr als nur ihre malerische Kulisse besticht.