Schnippeln für die Bouillon – SIBA XIV

von Luca Hubschmied 7. August 2017

Die Marke Foodoo vertreibt eine aus Food Waste hergestellte Gemüsebouillon. Längerfristig wollen sie ein Geschäftsmodell auf die Beine stellen, das selbsttragend ist.

«Da muss stärker betont werden, dass die Qualität einwandfrei ist», sagt Mirko Burri. Es ist früher Donnerstagmorgen, draussen regnets Bindfäden. Buri sitzt mit Marc Ghisi über einen Laptop gebeugt am Tisch, die beiden besprechen einen Text für einen Flyer, den sie auflegen lassen. Wir befinden uns im Lokal «Mein Küchenchef» in Köniz, gegründet von Pierre-Yves Bernasconi und Mirko Buri. «Mein Küchenchef» ist einerseits ein Restaurant, andererseits auch eine Unternehmung, die hier vor Ort und auch online vorgekochte Menüs ohne Konservierungsstoffe verkauft. Als «Food Waste Restaurant» bezeichnet, wird die Bekämpfung der Lebensmittelverschwendung hier gross geschrieben. Verwendet werden also oftmals Lebensmittelüberschüsse oder etwa Gemüse, das gängigen Verkaufsnormen nicht entspricht. Von der Qualität her sei das überhaupt nichts minderwertiges, man müsse aber aufpassen, dass das die Leute nicht fälschlicherweise so interpretieren, so Buri. Deshalb auch die Diskussion über den Text auf dem Flyer.

Ein Drittel wird weggeworfen

Wie ein Bericht des Vereins foodwaste.ch zeigt, werden in der Schweiz jährlich rund 2 Millionen Lebensmittel weggeworfen. Das entspricht einem Drittel aller hier produzierten Lebensmittel oder pro Person und pro Tag fast einer ganzen Mahlzeit, die weggeworfen wird.

Unter der Marke «Foodoo» vertreiben Ghisi, Buri und Bernasconi mit Fabia Dellsberger und Jürg Buri nun Produkte, die aus Foodwaste hergestellt werden. «Wir haben alle verschiedene Hintergründe», erklärt Mirko Buri, «und wollen unsere Erfahrungen einbringen, um diese Marke aufzubauen.» Entstanden ist die Idee gleich hier. Marc Ghisi wohnt in direkter Nachbarschaft des Lokals Mein Küchenchef und sprach sie eines Tages darauf an, ob sie nicht gemeinsam ein neues Projekt starten wollten. So kam es dass die drei gemeinsame Sache machten und seit dem 8. Juli eine Gemüsebouillon von Foodoo in den Läden erhältlich ist, ganz ohne Konservierungsstoffe und Geschmacksverstärker, wie Buri betont.

Seit drei Jahren schon veranstaltet Mirko Buri sogenannte «Schnippeldiscos». Das sind Anlässe, bei denen Freiwillige zusammenkommen, um aus Lebensmitteln, die ansonsten dem Abfall geweiht wären, etwas zu kochen. Buri stellte aber fest, dass die Arbeitskraft der freiwilligen Helfer jeweils grösser war als ihr Hunger und nicht alles verspiesen wurde: «Wir wollten deshalb aus diesen Anlässen ein Produkt schaffen, das auch anderen Menschen zugänglich ist, ein Produkt dass die Konsumenten auch im Laden kaufen können.» Dieses Produkt ist die Foodoo-Bouillon, die an einem solchen Event, der Foodoo Factory, hergestellt wurde.

Ein neues Modell gemeinnütziger Tätigkeit

Marc Ghisi hat im Gegensatz zum langjährigen Koch Mirko Buri keinen gastronomischen Hintergrund, machte sich in der Vergangenheit aber als Organisator im Kulturbereich einen Namen. «Wir haben es bei Food Waste mit einem gesellschaftlichen Problem zu tun», erklärt er, «nun wollen wir dieses gemeinnützig angehen, dabei aber von Anfang an die wirtschaftliche Seite einbinden. So erschliessen wir ein neues Modell gemeinnütziger Tätigkeit, das nicht mehr nur auf Fundraising angewiesen ist. Wir wollen unsere Projekte selbst finanzieren können»

Zu dieser Überlegung gehört auch der Wille, den Bauern, denen das Gemüse abgekauft wird, einen fairen Preis zu bezahlen. Mirko Buri betont: «Das krumme Rüebli ist gleich viel wert wie das gerade. Auch wenn es nicht der Norm entspricht, wurde viel Arbeit darin investiert.» Ghisi schliesst sich dem gleich an: «Der Begriff ‚Wert’ ist für uns zentral, wir wollen dem, was als Abfall bezeichnet wird, einen Wert geben, einen ethischen und einen finanziellen.»

Dem Konsumenten eine Wahl bieten

Buri und Ghisi sind überzeugt, dass die Zeit der Sensibilisierung für das Thema Food Waste langsam vorbei sei. Man kenne den Begriff und die Thematik mittlerweile in der Öffentlichkeit. Nun gehe es darum, den Konsumenten eine Möglichkeit zu bieten, mit dem eigenen Kaufverhalten etwas zu bewirken. «Wir wollen mit unseren Produkten aber auch Leute ansprechen, die sich bisher nicht gross mit dem Thema auseinandergesetzt haben», erklärt Buri, «es geht darum, die breite Masse zu erreichen.»

Man merkt schnell, dass die beiden ihr Steckenpferd bestens kennen, wenn sie engagiert über die Pläne von Foodoo sprechen. «Eine Ideologie ist gut und schön, aber nun geht es darum, das Produkt in den Verkauf zu bringen.», sagt Buri. Das gestalte sich aber teilweise noch schwierig: «Alle predigen natürliches Essen, aber wenn du ihnen von unserer Bouillon gibst, werden sie wie wilde Junkies, weil ihnen das Glutamat fehlt.» Während draussen das Regenwetter langsam vorbeizieht, trinken wir im Innern des Lokals eine heisse Bouillon. Sie schmeckt intensiv nach Gemüse. Das Ziel von Foodoo ist es, in den nächsten zwei Monaten eine Tonne davon zu verkaufen. Dann kann die nächste Schnippeldisco geplant werden.