Schmidt sieht alte Feuerwehr im «permanenten Hoch»

von Urs Frieden 2. November 2016

Im Interview mit Journal B schwärmt FDP-Gemeinderat Alexandre Schmidt über die Zwischennutzung Alte Feuerwehr Viktoria. Sie sei eine «klare Ansage für das Definitivum».

Alexandre Schmidt, im Rückblick auf Ihre Legislatur fällt uns insbesondere Ihr Engagement bei der Zwischennutzung der alten Feuerwehr Viktoria auf. Wie ist da Ihre Bilanz?

Schmidt: Sehr positiv. Was für ein Feuerwerk geht da ab in der Viktoria! Ich bin von der Zwischennutzung uneingeschränkt begeistert. Der Verein Alte Feuerwehr Viktoria hat exzellente Arbeit geleistet und einen spannenden Mix bei der Mieterschaft hingebracht. Und auch Immobilien Stadt Bern erfüllt meine Erwartungen prima.

Wann sehen Sie das Ende dieser erfolgreichen Zwischennutzung?

Bislang läuft die Zwischennutzung im Januar 2019 aus. Jedoch hat die jetzige Nutzung zu durchaus neuen Erkenntnissen geführt. Wir hatten nicht nur einen Anfangsschub zu verzeichnen, wenn auch mit einem kleinen Tief in Sachen Baubewilligung, sondern befinden uns in einem permanenten Hoch. Für mich spricht nichts gegen und viel dafür, eine massvolle Verlängerung der Zwischennutzung in Betracht zu ziehen. Fest steht aber: Die Feuerwehrkaserne braucht beizeiten ihre Sanierung, und im bestehenden Zonenplan ist für diesen Fall die Nutzung festgelegt; darunter ein Wohnanteil von mindestens 45%. Dafür soll ein Wettbewerb für Planer und gemeinnützige Investoren lanciert werden.

Geht das alles mit dem aktuellen Zonenplan?

Wie es sich gehört, müssen wir Nutzung und Zonenplan im Einklang halten. Der jetzige Zonenplan beruht aber noch auf Annahmen, bevor wir die Erfahrungen mit der Zwischennutzung gemacht hatten. Wenn wir nun den Wettbewerb mit den geltenden Einschränkungen des Zonenplans durchführen, stülpen wir allen bei der Entwicklung des Viktoria-Geländes Denkverbote über. Das missfällt mir sehr. Ich plane darum, einen Wettbewerb ohne so einengende Nutzungsvorgaben vorzuschlagen. Vielleicht überlebt dann auch der heute vom Abbruch bedrohte – weil weniger denkmalgeschützte – hintere Teil des Areals mit dem Saalbau und der gewerblichen Nutzung.

Ist Ihrer Ansicht nach eine Abstimmung über den Zonenplan nötig?

Die spannendste Idee soll gewinnen und nicht die bürokratisch verlangte. Wenn die beste Idee zur Folge hat, dass der Zonenplan nochmals dem Volk vorgelegt werden muss, dann ist es mir das wert. Der Zonenplan ist zwar noch jung, stammt aber aus einer Zeit, als die Feuerwehr noch drin war und das Quartier den Ort noch nicht entdeckt hatte.

Wie nahe darf die Zwischennutzung inhaltlich beim Definitivum sein?

Genau deswegen der Wettbewerb! Die Zwischennutzung ist doch eine klare Ansage für ein Definitivum. Es bräuchte für mich wirklich gute Gründe, um überhaupt vieles auf den Kopf zu stellen. Der Ablauf lautet, dass mit dem Wettbewerb ein Siegerprojekt mit einem Investor gekürt wird. Eine Jury, in der das Quartier vertreten sein soll, trifft dabei die Wahl, die durch politische Behörden bekräftigt wird. So wird entschieden, wie die alte Feuerwehrkaserne definitiv genutzt wird.

Macht es nicht Sinn, den gesamten Perimeter inklusive Postgebäude anzuschauen. Was passiert eigentlich mit der Post? Steht eine Schliessung der Poststelle bevor?

Dieses Gebäude gehört nicht der Stadt und ist vom Zonenplan nicht erfasst. Das sind zwei gewichtige Nachteile für eine Gesamtbetrachtung, denn wir können der Eigentümerin nichts aufbürden. Die Post informiert immer den Gemeinderat, bevor sie eine Poststelle schliesst. Zu dieser Poststelle wurden wir bislang nicht – und werden hoffentlich nie – kontaktiert.

Was gefällt Ihnen an der Zwischennutzung am meisten?

An der Zwischennutzung gefällt mir ausserordentlich, dass so unterschiedliche Nutzungen wie Asyl, Gastronomie, Handel und Produktion ineinander verschachtelt sind. Das steht im Kontrast zum klassischen Städtebau, wo oft für jede Nutzung ein eigenes Gebäude nebeneinander gebaut wird. Für den kommenden Wettbewerb steht unverrückbar fest, dass wir Schulraum fürs Quartier benötigen. Wenn Schulnutzung, Wohnen und ein Gewerbe-Mix unter dem gleichen Dach vereint sind und sie sich auch den Innenhof teilen, entspricht das einer neuen, bewusst gewollten Art der Urbanität. Dies könnte unserer Stadt viel bringen. Und ich wage die Prognose, dass in jeder Wettbewerbseingabe für das Restaurant Löscher, dem ich ein langes Leben wünsche, Platz belassen wird!

Zum Schluss noch ein Wort zu den Wahlen: Wie beurteilen Sie Ihre eigenen Chancen, eingeklemmt zwischen RGM, Reto Nause und Erich Hess?

Politik lebt nicht von Eintönigkeit, sondern von der Ideenvielfalt. Bern ist darum gut beraten, auch einen Vertreter des Bürgertums zu wählen, ansonsten sich ein grosser Teil der Bevölkerung ausgeschlossen fühlte. Eine gespaltene Stadt ist aber das letzte, was wir zulassen sollten. Es wird darauf hinauslaufen, dass Erich Hess oder ich gewählt wird. Die ganze Bevölkerung entscheidet diese Frage. Wer keinen der beiden Namen auf seine Liste nimmt, bekundet, dass es ihm gleich ist, wer von uns beiden obsiegt. Darum haben mir schon einige Linke gesagt, dass sie erstmals in ihrem Leben einem Freisinnigen ihre Stimme geben werden.