Schlaue Knetmasse und Windeln mit Pipi-Sensor

von Peter Steiger 21. Mai 2025

Alt.Mann.Bern. KI kann sehr dumm sein. Produkte, welche die Werbung als intelligent bezeichnet, sind noch weit blöder. Unser Kolumnist unterhielt sich mit seinem Kleiderbügel.

Künstliche Intelligenz, KI, ruft bei uns Seniorinnen und Senioren noch mehr Stirnrunzeln hervor, als bei Jüngeren. Runzeln brauchen wir nicht. KI ist neu. Doch schon seit vielen Jahren verkaufen uns die Herstellerinnen und Werber Intelligenz als Eigenschaft ihrer Produkte. Es gibt intelligente Kleiderbügel, Bewässerungsanlagen, Zahnbürsten, Haarsprays, Blumentöpfe und, besonders interessant, intelligente Knetmasse und Windeln mit Pipi-Sensor.

Die gescheiten Worte des klappbaren Kleiderbügels Flexi.

Intelligent bedeutet, dass der (die, das) kommunizieren kann. Vorgestern habe ich mich mit einem solch gescheiten Mitbewohner meines Schranks unterhalten. Ich sprach mit dem Kleiderbügel Flexiform-Fit. So bezeichnet ihn der Produzent. Er, der Bügel, kann sich immerhin selbständig zusammenlegen. Hier nenne ich den klugen Helfer kollegial Flexi.

Flexi und ich sprachen über IQ-Tests. Dieses Bewertungssystem schaffe Klarheit, lobte Flexi. So wisse man nun, dass das intelligente Bewässerungssystem Gardena Micro Drip einen IQ von 105 habe, die intelligente Zahnbürste von Oral-B auf immerhin 93 komme. Der Haarspray, den die Kosmetikfirma L’Oréal als intelligent bezeichnet, müsse sich halt mit 83 begnügen. Als zurückhaltender Mensch unterliess ich es, zu fragen, welchen IQ-Wert Windeln mit Pipi-Sensor haben. Und ganz diplomatisch verkniff ich mir die Frage, wie es um den IQ von klappbaren Plastikbügeln steht.

Besondere Zuwendung verdient die vom Hersteller als intelligent bewertete Knetmasse, Originaldeutsch als Knete bezeichnet. Knete ist ein Kinderspielzeug. Es gibt die Masse in verschiedenen Ausprägungen. Sie unterscheiden sich durch Farbe, Konsistenz und durch die Beimischungen. Achtung Vegetarier: Die blutrote Variante erinnert durch Farbe und Haptik an ein mageres gut abgehangenes Rindsfilet. Uns Carnivoren drängt es, die Knetmasse zu würzen, andere widert das Ding an.

Die rote Knetmasse lässt sich an die Wand schmeissen und erinnert an ein Rindsfilet.

Wenn uns dereinst Wesen aus dem Weltall besuchen, werden sie bei uns nach Intelligenz Ausschau halten. Und vorerst enttäuscht sein. KI, Künstliche Intelligenz, sieht man ja nicht. Und was sie erblicken, macht keinen gescheiten Eindruck. «Nichts vorhanden», werden sie melden, wenn sie als erstes auf einen Fussballfan-Marsch stossen oder Kehrichtsäcke am Pfingstmontag auf der Strasse entdecken. Weil die kleinen grünen Männchen beharrlich sind, werden sie schliesslich doch noch Erfolg haben. Erstaunt werden sie dem Raumschiff mitteilen, wie hier die Intelligenz zutage tritt: Die Grossverteiler würden intelligente Waschmittel anbieten. In den Läden gäbe es intelligente Kosmetik zu kaufen (mit patentierter Tri-Faktor-Formel). Und der Versandhandel würde intelligente Gabeln vertreiben (Hapifork, wechselt die Farbe, wenn die Benutzenden zu schnell essen).

Die extraterrestrischen Manöggeli werden trotzdem enttäuscht sein. Viele Produkte mit der Bezeichnung intelligent verdienen eher das Etikett blöd. Als intelligent preisen Hersteller Schuhe an (mit Fitness-Sensor und Navi) oder Wäschekörbe (mit Benachrichtigung wenn sie voll sind). Es gibt intelligente Schrankfolien (schlau, weil rutschfest) und intelligente Tüten (aus oxo-bioabbaubarem Plastik).

Klappbügel Flexi und ich beendeten unsere Unterhaltung mit der Frage, wie gescheit Leute sind, die Windeln mit Pipi-Sensor als intelligent bezeichnen. Ich reagierte milde, Flexi kritisierte ungehalten: «Saublöd sind die», sagte er. Wirklich: Flexiform-Fit ist ein intelligentes Kerlchen.