Rosetta soll Licht ins Dunkel bringen

von Yannic Schmezer 20. November 2014

Die Weltraumsonde «Rosetta» leistet Pionierarbeit auf dem Gebiet der Kometenforschung. Journal B hat die Astrophysikerin und Projektleiterin der Universität Bern, Kathrin Altwegg, zum Gespräch getroffen.

Wenn man mit Kathrin Altwegg über ihre Arbeit redet, dann stösst man schnell an die Grenze des Fassbaren. Die Astrophysikerin der Universität Bern erklärt, dass die Sonde, deren tellergrosses Modell vor ihr auf dem Bürotisch steht, in Wirklichkeit eine Spannweite von 32 Meter hat und gerade «3 AU» von der Sonne entfernt um den Kometen «Tschurj» (Tschurjumow-Gerassimenko) kreist. Sie wirft die Einheit «AU» in den Raum, als handle es sich um eine Mengenangabe in einem Kochrezept. Dabei sind «3 AU» drei astronomische Einheiten (astronomical unit), also dreimal die Distanz zwischen Erde und Sonne oder knapp 450 Millionen Kilometer.

Die Sonde, von der hier die Rede ist, trägt den Namen «Rosetta», nach dem «Stein von Rosetta», der bei der Dechiffrierung der ägyptischen Hieroglyphen eine entscheidende Rolle spielte. Die Namensgebung illustriert die Hoffnungen, die im Projekt stecken. Es handelt sich um Pionierarbeit. Noch nie hatte man in der Geschichte der Raumfahrt die Möglichkeit, einen Kometen über längere Zeit aus der Nähe zu betrachten, geschweige denn auf einem zu landen.

Crème Brulée des Universums

Bis anhin zog man einen Grossteil des Wissens über Kometen aus Messungen, die aus der Ferne durchgeführt wurden. Folglich liegen grundlegende Eigenschaften der Himmelskörper teilweise noch im Dunkeln. So ist man sich beispielsweise uneinig über deren Oberflächenbeschaffenheit. Altwegg glaubt, ihre Konsistenz gleiche der eines französischen Desserts: «Wie bei einer Crème Brulée liegt beim Kometen wohl eine dünne, harte Schicht oben auf, und darunter ist es weich.»

Die Erwartungen für die Mission sind hoch gesteckt. Rosetta soll Antworten auf grundlegende Fragen über die Entstehung des Sonnensystems liefern. Kometen stehen seit langer Zeit in Verdacht, vor 4 Milliarden Jahren unsere Ozeane mit Wasser gefüllt zu haben.

Zudem hegt man die Vermutung, dass die gigantischen Schneebälle auch andere chemische Grundbausteine des Lebens enthalten könnten. Rosetta und das dazugehörige Landemodul Philae sollen diese These in den kommenden Monaten erhärten und Kometen möglicherweise als Lebensstifter entlarven.

Berner Instrumente schnüffeln am Kometen

An Bord der Sonde befinden sich auch drei Berner Messinstrumente. Zwei Massenspektrometer und ein Druckmessgerät, die unter der Bezeichnung Rosina zusammengefasst werden. Sie alle sind die Arbeit von Kathrin Altewgg und ihrem Team.

Rosina liefert alle erdenklichen Messwerte zu den Gasen, die der Komet absondert. Auch bei der Landung von Philae spielen die Daten von Rosina eine Rolle, sagt Altwegg. Über den Kometen peitschen, bedingt durch dessen Ausgasung, starke Winde, die Philae aus der Bahn werfen könnten. Damit der Roboter trotzdem landen konnte, war es wichtig, die Messwerte von Rosina miteinzubeziehen.

Ein wichtiges Zeichen

Dass ausgerechnet die Universität Bern mit der Mitarbeit an Rosetta beauftragt wurde, kommt nicht von ungefähr. Man habe in der Vergangenheit immer wieder von sich überzeugen können, erklärt Altewgg. Berner Konstruktionen hätten auf Raumfahrtmissionen bis jetzt immer tadellos funktioniert. Zudem zeige die Mitarbeit der Uni Bern an Rosetta, dass sich nicht nur die ETH an internationaler Beliebtheit erfreuen, wenn es um technische Projekte geht. Auch eine Volluniversität wie Bern sei qualifiziert dafür.

Und tatsächlich: Die Universität Bern scheint bei der ESA ein angesehener Partner zu sein. Auch bei der Arbeit am Weltraumteleskop «Cheops», das 2017 in die Umlaufbahn der Erde katapultiert werden soll, ist wieder ein Team der Uni Bern beteiligt.