Revolution 4.0

von Aline Trede 6. November 2017

Hundert Jahre nach der russischen Revolution braucht es wieder einen Umsturz, finden Aline Trede und Fabian Molina. Am 07.11. treten die beiden in einem Theaterstück auf, welches sich mit dieser Thematik auseinandersetzt: Braucht die Schweiz eine Revolution?

von Aline Trede und Fabian Molina

Wir brauchen wieder eine Revolution. Sie finden das Wort Revolution abgedroschen? Sie finden, Revolutionen brauchen wir nur gegen Diktaturen und Diktaturen gibt es vielleicht noch an ein paar anderen Orten auf der Welt, aber sicherlich nicht in der Schweiz? Wir sehen das anders.

Am 7. November 2017 jährt sich die Russische Revolution zum hundertsten Mal. Ein Jahrhundert nach dem Sturm auf den Winterpalast und dem zu Recht gescheiterten Versuch eine solch unmenschliche Alternative zum Kapitalismus zu etablieren, ist eine ökonomische und gesellschaftliche Revolution so dringend nötig wie nie. Das Revolutionsjahr sollte uns ermutigen genau darüber nachzudenken.

«Was tun?» Lenins Frage hat auch heute nichts an Aktualität eingebüsst. Im Gegenteil: Die weltweiten Missstände und Widersprüche sind nur schwer zu übersehen. Während 1.3 Milliarden Menschen in extremer Armut Leben, der Welthunger wieder zunimmt und Krieg und bewaffnete Konflikte so viele Menschen zur Flucht zwingen wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr, nehmen Macht und Reichtum einiger weniger zu. 147 Konzerne kontrollieren gemäss einer Studie der ETH die Weltwirtschaft. Und 90 Multis sind für die Hälfte der vom Mensch verursachten Klimaerwärmung verantwortlich.

Wir befinden uns nicht wie vor 100 Jahren in einer klassischen Diktatur. Aber doch in einer vom Geld fremdbestimmten Welt. Überlegen Sie sich mal, was wir wirklich noch selber entscheiden können? Überlegen Sie sich, in wie vielen Lebenslagen wir von Grosskonzernen abhängig sind. Immer mehr Entscheidungen werden von multinationalen Unternehmen getroffen – und immer weniger von nationalen Demokratien. Die Menschheit befindet sich auf dem Weg in eine Konzerndiktatur. In eine Diktatur, in der Menschen und Nationen kaum noch etwas zu sagen haben. In eine Zeit, in der Demokratie kaum mehr ist als eine vergangene Idee. Anders als vor 100 Jahren leben wir aber heute in einer Zeit, in der Distanzen so klein und Ereignisse so eng beieinander sind, wie noch nie zuvor. Und anders als vor 100 Jahren steht uns eine Klimakatastrophe bevor, wie sie die Menschheit noch nie erlebt hat. Angesichts dieser Gefahren ist ein radikaler Wandel unseres Zusammenlebens nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit, sondern eine ganz existentielle.

Wie viel Macht die Grosskonzerne bereits heute auf die Politik aufgebaut haben, zeigt sich bei den aktuellen Verhandlungen über die Freihandelsabkommen TTIP und TISA. Völlig intransparent verhandelt der Bundesrat mit an einem TISA-Vertrag der Grosskonzernen den roten Teppich ausrollt und die Total-Privatisierung des Volksvermögens vorsieht. Völlig unbemerkt von der Öffentlichkeit sieht der Bundesrat einen Anschluss an TTIP vor – und damit an eine Sonderjustiz für Konzerne.

Dass es auch anders ginge, zeigen unzählige Beispiele, die sich weltweit für eine gerechtere und nachhaltigere Ordnung einsetzen. Genossenschaften, sozial-solidarisches Unternehmertum, Service-Public-Firmen, innovative Mitbestimmungsmodelle oder lokale Gemeingüter sind Vorboten einer wirtschaftlichen Alternative. Angesichts der drohenden Katastrophe reicht das aber nicht. Wir brauchen eine neue Revolution. Eine friedliche Revolution, die uns befreit darüber zu diskutieren, wie wir zusammenleben wollen.

Genau am 100. Geburtstag der Russischen Revolution, am 7. November 2017, treffen sich Revolutionärinnen und Revolutionäre der Bewegung SHIFT im Volkshaus in Zürich zur Planung der weiteren Schritte der Schweizer Revolution. Die Realfiktion wird wahr. Wir sind dabei. Und Sie?