Politische Sauerei und was wir dagegen tun können

von Mo 28. Februar 2023

Schon die Grossmutter unserer Kolumnistin beobachtete die Veränderung des Klimas mit Besorgnis. Ihre Enkelin geht an den Klimastreik in Bern am 3. März.

Mein Insta-Feed wurde mit einem kurzen Video (wir Zoomer nennen das «Reel») gesegnet. Meine Freund*innen hüpfen, trottinettlen und orangenbalancieren durch den Screen. «Chunsch o?», fragen sie.

Yes, ich komme! Ich komme an den internationalen Klimastreik am 3. März, der sich dem neuen Trend zum Ausbau fossiler Infrastruktur entgegenstellt. Ich bin nämlich verdammt hässig. In Birr im Kanton Aargau zum Beispiel will der Bund nur ein halbes Jahr, nachdem Europa eine nie dagewesene Dürre erlebte und halb Pakistan unter Wasser stand, Millionen Franken in neue Ölkraftwerke investieren.

Meine Grossmutter hat das schon verstanden: Klimaschutz ist kein Spass, es geht ums Überleben.

Ganz in der Nähe von Birr liegt der Hof, den meine Grosseltern bis zu ihrem Tod bewirtschafteten. Meine Grossmutter, die nur acht Jahre zur Schule ging, kein Hochdeutsch sprach und kaum einmal das Land verliess, sogar sie verstand, dass sich das Klima veränderte, und das nicht zum Guten. Meine Grossmutter, die jahrzehntelang ein Wettertagebuch führte, sich aufschrieb, wie viele Fuhren Heu eingefahren wurden und immer ein Auge auf die Schwalben hatte, verstand, was all die gebildeten Herren (und wenigen Damen und noch weniger Enbies, also nicht-binäre Menschen) in der Politik, den Chef*innenetagen und der Lobbyismusbranche nicht zu verstehen scheinen: Klimaschutz ist kein Spass, es geht ums Überleben.

Auch der Ukraine-Krieg wird von der fossilen Industrie und gewissen politischen Lagern instrumentalisiert, um die Angst vor einer Energiemangellage zu schüren. Dabei war diese schon lange zuvor ein Thema, weil sich dieselben Gruppen seit Jahrzehnten partout gegen erneuerbare Energien stellen und immer noch das ewige Wirtschafts- (und damit auch Energieverbrauchs-)Wachstum anpreisen. Und nun will die Schweiz ihre riesigen Emissionen, die schon heute tagtäglich Leben kosten, unnötig vergrössern?

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Währenddessen mahnt mich der Bund in einer Werbeanzeige auf Insta, dass ich doch bitte unbedingt meine Stromsparlampe ausschalten soll, als ob die Energiemangellage unseren offenen Backöfen und warmen Duschen geschuldet wäre! Und gleichzeitig produziert die Industrie munter weiter drauflos und verbraucht innert Sekunden mehr Energie, als jeder einzelne Mensch in seinem ganzen Leben einsparen könnte. Das ist doch einfach ungerecht!

Deshalb treffen wir uns am 3. März um 17.00 auf dem Berner Waisenhausplatz, um gegen diese politische Sauerei zu protestieren. Wir fordern den sofortigen Stopp des Ausbaus fossiler Infrastruktur und ein Ende des Abschiebens struktureller Probleme auf das Individuum.

Und? Chömeter o?

Auso ig chume!