Nur noch eine Radiokonzession auf dem Platz Bern

von Willi Egloff 1. Februar 2023

Das Bundesamt für Kommunikation schreibt die Konzessionen für Lokalradios und Regionalfernsehen für die Jahre 2025-2034 aus. Aufgrund der Ausschreibung ist schon heute klar: Konzessionen wird es in der Stadt Bern nur noch für Radio RaBe und für Telebärn geben.

 

Eigentlich hätte das Bundesamt für Kommunikation mit seiner Radio- und Fernsehpolitik die lokale und regionale Berichterstattung stärken wollen. Was die Aufgabe der SRG auf der nationalen und der sprachregionalen Ebene sei, nämlich zur Bildung und kulturellen Entfaltung beizutragen, zur freien Meinungsbildung und zur Unterhaltung, müssten die Lokalradios und Regionalfernsehen auch in ihren Sendegebieten leisten. Da sich Demokratie in der Schweiz auf allen diesen Ebenen abspiele, müsse auch der Informationsaustausch und die Meinungsbildung auf allen Ebenen gesichert werden.

Diese auch in Artikel 93 der Bundesverfassung festgeschriebene Politik passt den grossen schweizerischen Medienunternehmen nicht. Für CH Media AG, Ringier AG und TX Group AG sind Radio und Fernsehen lediglich Mittel zum Geldverdienen. Dabei wollen sie nicht durch lästige Auflagen wie Pflichten zur Leistung eines lokalen oder regionalen Service public gestört werden. Auch die Förderung des lokalen Kulturschaffens halten sie nicht für ihre Aufgabe. Nach ihrer Auffassung ist Kulturförderung Sache der Kantone und Gemeinden.

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Keine Konzessionen für Agglomerationsradios

Wie die soeben publizierte Ausschreibung des BAKOM der Konzessionen für die Jahre 2025 – 2034 zeigt, haben die Medienunternehmen mit ihrem Lobbying einen vollen Erfolg erzielt. Ab 2025 wird es für Lokalradios in grossen Agglomerationen keine Konzessionen und damit auch keine Programmauflagen mehr geben. Radio Energy und Radio Bern 1 können zwar fröhlich weitersenden. Sie sind einfach nicht mehr verpflichtet, irgendwelche lokalen Informationen zu verbreiten oder sich mit dem lokalen Kulturschaffen zu befassen. Das gleiche gilt für alle andern Lokalradios in grösseren Agglomerationen.

Sie verzichten lieber darauf und müssen damit auch keine teuren Journalistinnen und Journalisten mehr beschäftigen, die sich um lokale Nachrichten und Kulturveranstaltungen kümmern.

Konzessionen für kommerzielle Lokalradios wird es ab dann vorwiegend noch in ländlichen Gebieten geben: Eine Konzession für das Oberwallis, eine für das Unterwallis, eine für das Chablais usw. Auch die Region Emmental-Oberaargau  und das Berner Oberland sind weiterhin Konzessionsgebiete. In Biel gibt es sogar zwei Konzessionen: eine für ein französischsprachiges Radio, das Biel und den Südjura bedienen soll, und eine für ein deutschsprachiges Programm, das auf Biel und das Seeland ausgerichtet ist. Dabei dürften die schon bisher sendenden Stationen neo1, Radio BEO und Canal3 auch als neue Konzessionärinnen gesetzt sein.

Dass es in diesen Bereichen weiterhin Konzessionen für Lokalradios gibt, hat einen einfachen Grund: In diesen ländlichen Gegenden ist der Betrieb eines Lokalradios ohne staatliche Finanzhilfe praktisch unmöglich. Die Veranstalterinnen und Veranstalter erhalten mit der Konzession daher nicht nur Auflagen zum Inhalt des Programms, sondern auch erhebliche finanzielle Beiträge aus der Haushaltsabgabe. Für das Sendegebiet Emmental-Oberaargau beträgt diese Subvention jährlich mehr als 1,7 Mio. Franken, für das Berner Oberland und die beiden Bieler Sender liegt sie je bei knapp 2 Mio. Franken. Das ist durchaus gutes Entgelt für die eingegangene Verpflichtung zur Erfüllung eines Leistungsauftrags.

Alternativradios werden je alleine genau das zu leisten haben, was dem Bundesamt als Aufgabe für sämtliche Lokalradios vorschwebte.

Die Veranstalterinnen und Veranstalter in den Agglomerationen sind auf dieses Geld offenbar nicht angewiesen. Sie verzichten lieber darauf und müssen damit auch keine teuren Journalistinnen und Journalisten mehr beschäftigen, die sich um lokale Nachrichten und Kulturveranstaltungen kümmern. Sie werden daher auch keine solchen Informationen mehr senden, soweit sie ihnen nicht kostenlos ins Haus geliefert wird.

Komplementärradios als lokaler Service public

Was in den Agglomerationen weiterhin zu hören sein wird, sind die Alternativradios oder «Komplementärradios», wie sie im Radio- und Fernsehgesetz (RTVG) genannt werden. Diese werden sogar ausgebaut, indem es neben den 9 bestehenden noch ein zusätzliches Regionalradio im Tessin geben soll.

Diese Alternativradios haben laut der Ausschreibung des BAKOM einen weitreichenden Service public zu leisten, insbesondere in Bezug auf lokale und regionale Information, Berücksichtigung des lokales Kulturschaffens, Betreuung von sprachlichen Minderheiten, Ausbildung von Radioschaffenden und anderem mehr. Sie werden also je alleine genau das zu leisten haben, was dem Bundesamt als Aufgabe für sämtliche Lokalradios vorschwebte.

Auch die Komplementärradios werden für ihre Aufgabe entschädigt, allerdings in sehr viel kleinerem Umfange als die verbleibenden ländlichen Kommerzradios. Gerade einmal 6,3 Mio. Franken von den insgesamt 86 Mio., die für private Lokalradios und Regional-TV zur Verfügung stehen, werden ihnen zugewiesen. Davon wird etwa das Stadtberner Radio RaBe in Zukunft jährlich 645’655 Franken erhalten. Angesichts der immer grösseren Zahl von Aufgaben, die diese Komplementärradios in ihren jeweiligen Sendegebieten zu erbringen haben, hätte es sich eigentlich aufgedrängt, ihren Anteil an der Haushaltsabgabe substantiell zu erhöhen.

Der fortschreitende Abbau des Lokal- und Regionaljournalismus kann auf diese Weise mit Sicherheit nicht gestoppt werden.

Konzessionen werden weiterhin auch die Regional-TVs haben. Auch sie sind auf die finanzielle Unterstützung aus der Haushaltsabgabe so stark angewiesen, dass sie darauf nicht verzichten können. So wird Telebärn in Zukunft rund 3,2 Mio. Franken erhalten, das wiederum zweisprachige Bieler Regionalfernsehen sogar mehr als 5 Mio. Franken.

Im Gegenzug sind sie verpflichtet, wöchentlich mindestens 150 Minuten eigenproduzierte Regionalinformation zu senden. Das ist zwar nicht nichts, angesichts der gesellschaftlichen Bedeutung des Informationsaustausches auf lokaler und regionaler Ebene aber doch ein ausgesprochenes Minimum. Der fortschreitende Abbau des Lokal- und Regionaljournalismus kann auf diese Weise mit Sicherheit nicht gestoppt werden.