Nichts Neues im Berner Rathaus

von Willi Egloff 28. März 2022

Im Kanton Bern ist gewählt worden. Das Ergebnis überrascht niemanden: Die bisherigen Mehrheiten wurden bestätigt.

Die Wahlbeteiligung war so tief wie in den letzten Jahren immer: Weniger als ein Drittel der Stimmberechtigten machten sich die Mühe, ein Stimmcouvert einzusenden oder einzuwerfen. Damit war auch schon vor der Auszählung der Stimmen klar: Es wird alles beim Alten bleiben.

Alles beim Alten heisst für die Kantonsregierung: Alle sechs bisherigen Regierungsrätinnen und Regierungsräte wurden wiedergewählt. Die nicht mehr kandidierende BDP-Frau wird durch eine BDP-Frau ersetzt. Das einzig Neue besteht darin, dass diese Partei jetzt auch in Bern «die Mitte» heisst. Das vielleicht Überraschendste dabei: Die wenig bekannte Astrid Bärtschi-Mosimann liess sogar den wieder kandidierenden Christoph Neuhaus von der SVP hinter sich. Dieses Ergebnis deutet auf listeninterne Querelen hin.

Der von SP und Grünen lancierte Versuch, die Mehrheitsverhältnisse im Regierungsrat zu ihren Gunsten zu ändern, scheiterte klar. Die Wahlergebnisse der beiden Listen lassen sogar vermuten, dass sich auf bürgerlicher Seite die Bereitschaft, die rechte Liste unverändert einzuwerfen, durch diesen Angriff erhöht hatte. Demgegenüber wurde der neu für das Amt kandidierende Bieler Stadtpräsident auf seiner eigenen Liste so oft gestrichen, dass er das mit Abstand schlechteste Resultat erzielte und als überzählig aus der Wahl fiel. Offenbar glaubten auch die eigenen Leute nicht, dass es die «kompetenten Vier» in den Regierungsrat schaffen könnten.

Kaum Verschiebungen im Grossen Rat

Auch im Grossen Rat wird es nicht zu relevanten Verschiebungen kommen. Zwar setzt sich auch in Bern der aus andern Kantonen bekannte Trend fort, dass die Grünen auf Kosten der SP und die GLP auf Kosten der bürgerlichen Parteien Sitze gutmachen. So gewinnen die Grünen insgesamt 5 Sitze, die SP verliert 6. Die GLP gewinnt ebenfalls 5 Sitze, die SVP und die Mitte/BDP verlieren je einen Sitz, die FDP 2. Die EVP verliert einen Sitz an die ebenso evangelische, aber deutlich rechtere EDU. Ausserdem verliert die SVP einen Sitz an ihr dissidentes Mitglied Madeleine Amstutz, welche im Wahlkreis Thun erfolgreich auf einer eigenen Liste kandidierte.

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Die Hoffnung, dass mit diesen nunmehr 35 Stimmen von GLP und Grünen die Berner Politik vor einer grünen Wende stehe, wird sich kaum bewahrheiten. Zum einen stehen sie einem nach wie vor übermächtigen Block von 44 SVP-Stimmen gegenüber, der in ökologischen Fragen fast immer auch von den Fraktionen der FDP und der Mitte unterstützt wird. Zum andern hat die letzte Abstimmung über eine umweltfreundlichere Ausgestaltung der Motorfahrzeugsteuern gezeigt, wie schwierig es ist, für solche Anliegen im Kanton Bern Mehrheiten zu finden.

Mehr Mobilisierung gefragt

Trotzdem gibt es für fortschrittlichen Kräfte im Kanton Bern keinen Grund zur Resignation. Einige kantonale Abstimmungen der letzten Jahre, z.B. über den Klimaschutzartikel in der Kantonsverfassung oder über die Verhinderung von Kürzungen in der öffentlichen Sozialhilfe, haben gezeigt, dass fortschrittliche Mehrheiten möglich sind, wenn die Stimmbeteiligung in den Städten Bern, Biel und Thun hoch ist. Das ist aber nur der Fall, wenn bei den dortigen Stimmberechtigten die Überzeugung herrscht, dass es bei einer Abstimmung wirklich um etwas Wichtiges geht. Das war bei den gestrigen Wahlen klarerweise nicht der Fall. Offenbar fehlte die Überzeugung, dass eine Veränderung der Mehrheitsverhältnisse im Regierungsrat zu einer besseren Politik führen würde.